Das Webportal manuscripta.at erfasst zwar insbesondere Handschriften in österreichischen Bibliotheken, die Ausdehnung auf Südtiroler Bestände ist jedoch naheliegend. Schließlich stellte die Grafschaft Tirol seit dem Übergang an die Habsburger im Jahre 1363 ein geschlossenes Territorium dar und bildet eine einheitliche Kultur- und Kunstlandschaft. Nach dem Ersten Weltkrieg wurde im Friedensvertrag von Saint-Germain eine Teilung des Landes Tirol sowie eine Angliederung des südlichen Teils an Italien festgesetzt. Die Handschriftenbestände Nord-, Ost- und Südtirols sind bis zum heutigen Tag über die Staatsgrenzen hinweg sehr eng miteinander verknüpft: Zwischen 1773 und 1814 wurden im Tiroler Raum zahlreiche Klöster und Stifte aufgehoben. Die Bestände der jeweiligen Bibliotheken, u. a. jene der Kartause Allerengelberg in Schnals, des Kollegiatstifts Innichen oder des Augustiner-Chorherrenstiftes Neustift, wurden zumeist der damaligen Universitätsbibliothek Innsbruck einverleibt, wo sie zum Großteil bis heute verblieben.

Die in Innsbruck befindlichen Südtiroler Handschriften finden im Rahmen eines vom FWF finanzierten Langzeitprojektes zur Erschließung der Handschriften an der Universitäts- und Landesbibliothek Tirol Berücksichtigung und sind über manuscripta.at abrufbar.

Um die heute in Südtiroler Bibliotheken befindlichen und bisher noch kaum berücksichtigten wertvollen Handschriftenbestände sukzessive bekannt zu machen, werden in einem von der Autonomen Provinz Bozen-Südtirol geförderten Projekt (1. Wettbewerbsausschreibung für Projekte im Bereich der wissenschaftlichen Forschung) derzeit die mittelalterlichen Handschriften der geographisch sowie historisch nahestehenden Bibliotheken des Priesterseminars in Brixen sowie des Augustiner-Chorherrenstiftes Neustift bei Brixen wissenschaftlich erschlossen. Das Augustiner-Chorherrenstift Neustift bei Brixen wurde im Jahre 1807 aufgehoben, der Abtransport der Bücher erfolgte 1809. Der Großteil der Bücher, darunter ca. 800 Inkunabeln, wurde nach Innsbruck gebracht. Nach der Wiedereinrichtung des Stifts im Jahre 1816 wurde die Rückstellung der Bücher zwar bereits ein Jahr später versprochen, jedoch nicht durchgeführt. Propst Leopold Erlacher verzichtete schließlich auf die Inkunabelsammlung, die Handschriften und bereits katalogisierte Bücher. Die Rückgabe der restlichen Bücher erfolgte 1833. Aufgrund des Vertrages von Saint-Germain 1919 musste die Universitätsbibliothek Innsbruck 99 der ehemals Neustifter Handschriften an den italienischen Staat abtreten. Sie tragen noch heute die ihnen an der damaligen Universitätsbibliothek in Innsbruck vergebenen Signaturen.

Um die heute auf die Bibliothek des Augustiner-Chorherrenstifts Neustift und die Universitäts- und Landesbibliothek Tirol in Innsbruck aufgeteilten Neustifter Bestände zumindest virtuell zusammenzuführen und auch die Nahebeziehungen zu den Beständen der Bibliothek des Priesterseminars in Brixen offenzulegen, werden die Forschungsergebnisse zu den jeweiligen Fonds im zentralen Webportal manuscripta.at gemeinsam präsentiert.

manuscripta.at - "Mittelalterliche Handschriften in österreichischen Bibliotheken"

Informationen zum Projekt zur Erschließung der mittelalterlichen Handschriften in der Stiftsbibliothek Neustift und der Priesterseminarbibliothek in Brixen

Informationen zum Projekt zur Erschließung der Handschriften der ULB Tirol