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Hochmittelalterliche
Buchmalerei aus Gleink und Waldhausen*
Friedrich
Simader
Als K. Holter 1956 einen ersten
grundlegenden Überblick über die romanische Buchmalerei in Oberösterreich bot,
konnte er für die im 12. Jahrhundert gegründeten Klöster Gleink und Waldhausen
nur wenige Handschriften und Fragmente benennen, die seiner Meinung nach für
eine lokale Entstehung in Frage kamen: für Gleink nannte er das sogenannte
"Gleinker Evangeliar", Cod. 415 der OÖ. Landesbibliothek in Linz, und
Fragmente auf den Einbänden von Cod. 486 und 487 derselben Bibliothek, für
Waldhausen den gleichfalls in Linz aufbewahrten Cod. 236 sowie Cod. XI/247 der Stiftsbibliothek St. Florian[1]. Seither wurden diese Handschriften
immer wieder mit Fragezeichen als Gleinker bzw. Waldhausener Erzeugnisse
genannt, ohne daß sie untereinander oder mit weiteren Codices derselben
Provenienz verglichen worden wären. Diese Lücke soll im folgenden geschlossen
werden.
Das ältere der
beiden Klöster ist das Benediktinerstift Gleink bei Steyr, das 1120 gegründet
worden ist und bis 1784 bestanden hat[2]. Um 1600 besaß die Bibliothek ca.
150 Handschriften, wovon ein beträchtlicher Teil offenbar verschleppt wurde,
denn nach der Aufhebung kamen nur 20 Bände in die damalige Studienbibliothek in
Linz[3]. Dementsprechend gering ist die Zahl
der romanischen Handschriften aus Gleink: Neben den oben genannten Codices
befinden sich in Linz ein in Lambach (?) hergestelltes, für Kremsmünster
bestimmtes Brevier (Cod. 290)[4] sowie Cod. 33, der mangels Schmuck
ebenso auszuklammern ist wie romanische Fragmente in Cod. 224, 503 und in den
Inkunabeln 458 und 627. Ansonsten ist derzeit jeweils nur ein illuminierter
Codex in der Grazer Universitätsbibliothek (Cod. 933) und in der Wiener
Nationalbibliothek (Cod. 876) bekannt - letzterer wird nicht weiter behandelt,
da der Beschreibung und Einordnung im aktuellen Katalog ("Oberösterreich
[?], Mitte 13. Jh.") nichts hinzugefügt werden kann[5].
Am Beginn
steht chronologisch Cod. 415, das sogenannte 'Gleinker Evangeliar' in Linz[6]. Die Herkunft aus Gleink wurde von K. Schiffmann anhand des älteren,
allerdings neuzeitlichen Einbands ermittelt, den 1908 ein späthistoristischer
Prachteinband verdrängte[7];
ein Besitzvermerk oder ein sonstiger Hinweis auf die mittelalterliche
Provenienz fehlt. Die schon von Holter näher
beschriebene Ausstattung der Handschrift[8] besteht aus Initialen in
Federzeichnung und Deckfarben, Kanontafeln, ganzseitigen Zierseiten zum Beginn
der Evangelien und drei von ursprünglich vier ganzseitigen Evangelistenbildern.
Bei Deckfarbeninitialen, Zierseiten und Evangelistenbildern ist auch Gold und
Silber verwendet, und schon dieser Umstand weckt Zweifel an einer Entstehung in
Gleink, zumal die Handschrift allgemein in das 2. Viertel des 12. Jahrhunderts
datiert wird - daß ein eben erst gegründetes Kloster so früh ein Skriptorium
besaß, das den anspruchsvollen Umgang mit Deck- und Metallfarben beherrschte,
ist sehr unwahrscheinlich.
In
Zusammenhang mit der ungewissen mittelalterlichen Provenienz ist auch eine
ganzseitige, kolorierte Federzeichnung mit der Geburt Christi und der
Verkündigung an die Hirten von Bedeutung, die auf fol. 17r nachgetragen wurde
(Abb. 1). Sie stammt von einer ungeübten Hand, die keinerlei stilistische
Bezüge zum Rest der Ausstattung aufweist. Dagegen gibt es, worauf Holter verwiesen hat[9],
eine Verbindung zu Cod. 289 der Stiftsbibliothek Admont, der seit P. Buberl einem Salzburger Skriptorium
zugeordnet wird und im 3. Viertel des 12. Jahrhunderts für ein unbestimmtes
Nonnenkloster entstanden ist[10].
Die Handschrift mit Texten Anselms von Canterbury besitzt unter anderem elf
flüchtig gezeichnete kolorierte Federzeichnungen von einer Hand[11],
unter denen jene mit der Verherrlichung Mariae auf fol. 21v
Vergleichsmöglichkeiten bietet: Einander ähnlich sind vor allem die Kopftypen
von Josef im Gleinker Evangeliar und den Propheten in der Admonter Handschrift,
doch auch die Gesichter der Madonna und der Engel in Cod. 415 wirken wie
schlechte Nachahmungen der Typen in der Salzburger Handschrift; dazu kommt ganz
allgemein der lineare Faltenstil, der im Linzer Codex allerdings so deutlich
abfällt, daß darüber hinaus keine engere Beziehung feststellbar ist.
Ikonographisch
weist die Miniatur stärker auf den Salzburger Kunstkreis. Das Zentrum der
Darstellung mit der vor der Krippe liegenden Maria stimmt, was die Anordnung
von Krippe, Ochs und Esel oder die Plazierung und Haltung Mariae betrifft[12],
in allen Einzelheiten mit der Geburt Christi aus dem um 1160 entstandenen
Freskenzyklus der Johanneskapelle im steirischen Pürgg[13] überein. Das Vorbild für die
Federzeichnung muß mit dem Pürgger Schema ganz eng verwandt gewesen sein; so
könnte der ins Leere weisende Gestus Mariae ein Indiz dafür sein, daß die
Verkündigung an die Hirten wie in Pürgg seitlich der Felsenhöhle dargestellt
war[14],
auf die die Gottesmutter im Fresko mit ihrer verlorenen Hand vermutlich
hingewiesen hat[15]. Da der
Rahmen der Federzeichnung in der Größe genau jenem des umseitigen,
hochformatigen Evangelistenbildes folgt, ist das Schema offenbar vertikal
abgewandelt, weshalb Josef, der zwar exakt den im Fresko erhaltenen Resten
derselben Figur[16] entspricht,
unterhalb Mariae mit den Hirten aus der Verkündigungsszene dargestellt ist. Die
Verkündigung an die Hirten ist in Pürgg zu schlecht erhalten, um
Detailvergleiche anzustellen; bemerkenswert ist immerhin, daß der
Verkündigungsengel in beiden Darstellungen ungefähr auf gleicher Höhe von der
Felsenhöhle überschnitten wird.
Insgesamt legt
dieser enge Zusammenhang die Vermutung nahe, daß sich Cod. 415 der OÖLB im 12.
Jahrhundert noch nicht in Gleink, sondern im Salzburger Bereich befunden hat.
Mit Sicherheit
der hochmittelalterlichen Gleinker Bibliothek zuordnen läßt sich dagegen Cod.
933 der Universitätsbibliothek Graz, der dorthin aus dem steirischen
Benediktinerkloster St. Lambrecht kam, wo er durch seinen Einband seit 1680
nachweisbar ist[17]. Die
Handschrift enthält die vier Bücher der Dialoge Gregors des Großen; der Text
endet auf fol. 122r mit dem Explicit, an das unmittelbar ein teilweise
rasierter Besitzvermerk anschließt, der vom Schreiber der Seite stammt: Explicit liber quattuor. Hic liber sancti And... Glunich. / Quis hunc abstulerit anathema sit. Amen.
Aufgrund dieses Eintrags hat schon A.
Kern vermutet, daß die Handschrift in Gleink entstanden sei. Die Ausstattung
weist jedoch in eine andere Richtung. Am Beginn der vier Bücher und der
Praefatio des 3. Buches befinden sich ca. vier- bis neunzeilige rote, einmal
(fol. 1r) auf gelbem Grund ausgeführte Rankeninitialen (fol. 1r, 23r, 45v, 46r
und 81v), die zum Teil zoomorphe und figürliche Elemente besitzen: auf fol. 1r
ersetzt ein Drache die Cauda der Initiale Q (Abb. 2), das F auf fol. 23r wird
von einem Rankenkletterer bewohnt (Abb. 3), und der Schaft des unzialen D auf
fol. 46r ist durch einen Vierfüßler ersetzt, der von einem hunde- oder
bärenartigen Vierfüßler im Binnenfeld gejagt wird (Abb. 4). Die eingerollten
oder nur auf der umgeschlagenen Seite gebogt konturierten, meist von einem
Kreis ausgehenden Blätter oder die dreiteiligen Rankenabschlüsse mit zwei seitlich
eingerollten Knollen bzw. Blättchen sind typische Motive des
Regensburg-Prüfeninger Initialstils der 2. Hälfte des 12. Jahrhunderts -
vergleichbar ist z.B. Clm 23270 der Bayerischen Staatsbibliothek in München
(fol. 80r)[18], entstanden um 1170/80. Diese
Handschrift besitzt auf fol. 103v eine Darstellung des hl. Georg[19],
dessen Kopf in Typus und Stil mit jenem des Rankenkletterers auf fol. 23r im
Grazer Codex übereinstimmt. Cod. 933 ist damit dem Buchschmuck nach ebenso um
1170/80 oder vielleicht etwas später entstanden. Für die Lokalisierung kommen
zwei Möglichkeiten in Betracht: Die Handschrift wurde entweder in Prüfening für
Gleink oder in Zusammenarbeit von lokalen Schreibern und einem Prüfeninger
Buchmaler im oö. Kloster selbst hergestellt. Da z.B. die Majuskeln der
Überschrift auf fol. 1r mit ihrem Kräuselblattdekor (Abb. 2) sehr
fortgeschrittene Formen zeigen, die in oö. Handschriften der gleichen Zeit
nicht zu finden sind, erscheint letzteres jedoch weniger wahrscheinlich.
Mit Prüfening
hängen auch die Fragmente auf Cod. 486 und 487 in der OÖLB in Linz zusammen,
deren Herkunft aus Gleink durch Besitzvermerke gesichert ist[20].
Als Dekoration ihrer im 15. Jahrhundert hergestellten Einbände wurde auf jedem
Vorderdeckel in eine Vertiefung eine dafür zugeschnittene Rankeninitiale
aufgeklebt, die sich laut Schiffmann ursprünglich unter Marienglas befunden
hat; die rot gezeichneten, mit Gold bemalten Initialen auf dunkelblauem und
hellgrünem Grund entstammen offenbar einer ehemals aufwendig geschmückten Prüfeninger
Handschrift des letzten Drittels des 12. Jahrhunderts (Abb. 5 und 6, vgl. Abb.
3 und 4)[21]. Unter den in Linz verwahrten
Fragmenten befindet sich zwar mit Cod. 838 das Fragment eines Lektionars[22]
mit einer beschädigten, rot gezeichneten Rankeninitiale auf blauem und grünem
Grund, die ebenfalls im Prüfeninger Stil verziert ist (Abb. 7, vgl. Abb. 2-6),
doch ist die Provenienz des als Einband verwendeten Blattes unbekannt; ob hier
Überreste derselben Handschrift vorliegen, kann deshalb nicht geklärt werden.
Waldhausen war
im Jahr 1147 ursprünglich als Kanonie der Augustiner-Chorherren in Säbnich
gegründet worden, wurde aber aus verschiedenen Gründen um 1162 Hauptsitz des
Konvents und trat in weiterer Folge an die Stelle des Gründungsklosters[23]. Nach der Auflassung im Jahr 1792
wurden nur Teile der Bibliothek in die Linzer Studienbibliothek verbracht,
während die Wiener Hofbibliothek bemerkenswerterweise darauf verzichtete, eine
Auswahl aus dem Bestand zu treffen[24].
Neben einer Handvoll unverzierter romanischer Handschriften bzw. -einheiten[25]
sind nur drei mit Buchschmuck bekannt: Cod. 236 der OÖLB, Cod. XI/247 der Stiftsbibliothek St. Florian und Cod. 1 der
Bancroft Library an der University of California in Berkeley. In
Linz hat K. Schiffmann mit Cod. 211
zwar eine illuminierte Handschrift aus dem 1. Drittel des 13. Jahrhunderts
unter die Handschriften aus Waldhausen eingereiht, doch fehlen entsprechende
Provenienzhinweise, und eine neuzeitliche wappenförmige Punze am Oberschnitt
der Handschrift läßt darauf schließen, daß sich der Codex in Privatbesitz
befunden hat[26].
Von den
genannten Handschriften ist nur Cod. XI/247 in St. Florian mit Bedas Historia ecclesiastica gentis Anglorum
und der Vita des hl. Augustinus von Possidius als Haupttexten[27]
stilistisch näher eingeordnet. Er besitzt auf fol. 193v Waldhausener
Besitzvermerke des 13. und 15. Jahrhunderts und ist von dem St. Florianer
Chorherrn Franz Kurz 1806 aus der verwüsteten Waldhausener Bibliothek nach St.
Florian gebracht worden[28].
Holter hat auf die überaus enge
Verwandtschaft der Rankeninitialen mit jenen im Missale von St. Florian, Cod.
III/208, und in den Klosterneuburger Handschriften Cod. 20-22 verwiesen[29]
und zuletzt eine Art zentraler Werkstätte vermutet, '... welche über mehrere
Stifte hin tätig oder maßgeblich war ...'; damit blieb die Möglichkeit, Cod.
XI/247 nach Waldhausen und Cod. III/208 nach St. Florian zu lokalisieren[30]. Beide Handschriften sind allerdings
dem Buchschmuck nach im letzten Viertel des 12. Jahrhunderts in Klosterneuburg
entstanden. Hier ist dieser Initialstil in einer ganzen Reihe von Codices, die A. Haidinger zusammengestellt hat[31], belegbar, während in St. Florian
entgegen Holter Vorstufen fehlen. Die
Miniaturen des sicher für St. Florian bestimmten Missale wurden zwar von einem
Buchmaler aus dem Salzburger Raum angefertigt[32],
der in Klosterneuburg nicht weiter nachweisbar ist; die Initialen samt ihren
figürlichen[33] und
zoomorphen[34] Motiven und
die Ziermajuskeln, die auch von Schreibern oder Rubrikatoren stammen könnten[35],
zeigen so große Übereinstimmungen mit Arbeiten im nö. Chorherrenstift, daß
keine andere Lokalisierung in Frage kommt.
Für die
Entstehung von Cod. XI/247 in Klosterneuburg gibt es mehrere Argumente: Die rot
gezeichneten, auf gelbem und grünem Grund ausgeführten Rankeninitialen auf fol.
1r, 3r (Abb. 8), 59r, 33r, 58r und 96r[36]
stimmen in Duktus und Farbgebung so eng mit Initialen (fol. 14r-15r) im
Klosterneuburger Cod. 40 überein (Abb. 9, fol. 14v), daß dieselbe Hand vermutet
werden kann. Derselbe Schreiber findet sich auch in den Klosterneuburger Cod.
235, 714 (fol. 104r-177v) und 909, und dazu kommt noch der Umstand, daß im 1330
von einem Magister Martin angelegten Bibliothekskatalog des nö. Stiftes eine
Handschrift mit demselben Inhalt verzeichnet ist[37]
- Cod. XI/247 wurde demnach in Klosterneuburg nach einer vorhandenen
Handschrift für Waldhausen kopiert.
Ebenso
eindeutig läßt sich Cod. 236 der OÖLB in Linz einem Skriptorium zuordnen. Er
war im 15. Jahrhundert laut einem Besitzvermerk auf fol. 1r Eigentum der
Waldhausener Bibliothek[38],
kam später in Privatbesitz und wurde in der Amtszeit Konrad Schiffmanns
(1908-1934) aus der Prager Sammlung Lanna für die Linzer Bibliothek erworben[39].
Der romanische Teil der Handschrift, ein Epistolar (f. 5r-135v), besitzt unter
anderem vier von einer Hand stammende, ca. neun- bis vierzehnzeilige
Rankeninitialen (fol. 5v, 73r, 73v und 83v)[40].
Charakteristisch sind bewegte Blätter mit umgeschlagenen, gebogten Enden, die
durch Schraffen am Blattrücken und an der Innenseite modelliert sind, sowie das
Gliedern des Initialgrundes in grüne und blaue Streifen, die voneinander durch
ausgesparte Linien getrennt sind (Abb. 10 und 11). Holter hat auf nicht näher genannte Parallelen in der Buchmalerei
der oö. Zisterze Baumgartenberg verwiesen[41],
doch der Maler dieser Initialen ist in mehreren Handschriften aus dem
steirischen Benediktinerkloster St. Lambrecht nachweisbar, die heute alle in
der Universitätsbibliothek Graz verwahrt werden: Von seiner Hand stammt die
Ausstattung des Cod. 297 (fol. 9v und 11v - Abb. 12)[42], bei dessen Initialen auch der
auffällige parzellierte Hintergrund verwendet ist; weiters hat er am
Buchschmuck von Cod. 148/I auf fol. 42r, Cod. 406/II (fol. 43r, 66r und 78v -
Abb. 13) und Cod. 848 (fol. 120v) mitgearbeitet. Sein Initialstil läßt sich
durch weitere ganz eng verwandte Handschriften aus St. Lambrecht - Cod. 212
(fol. 1r, 9v, 41v, 89v und 102v) und Cod. 326 (fol. 20r, 22v, 31v, 34r, 35v,
36v und 42r) - fest in dem bisher kaum beachteten Skriptorium verankern[43].
Im Katalog der Grazer Handschriften werden einzelne Codices dieser Gruppe ohne
ersichtlichen Grund in die 2. Hälfte des 11. (Cod. 297) oder die 1. Hälfte des
12. Jahrhunderts (Cod. 406/II) datiert[44],
aufgrund ihres Buchschmucks sind jedoch alle im Zeitraum um 1190/1210 anzusetzen.
Als letzte
Handschrift verbleibt Cod. 1 (UBC 001) der Bancroft Library an der University
of California in Berkeley. Alle wesentlichen Daten und hochauflösende
Farbabbildungen zur Handschrift sind im Rahmen der Internet-Datenbank Digital Scriptorium verfügbar[45].
Der Codex enthält Aurora von Petrus
de Riga (fol. 1r-197r) samt Ergänzungen von Aegidius Parisiensis (fol. 197r/v)
und trägt auf fol. 197v einen Waldhausener Besitzvermerk des 15. Jahrhunderts -
im Katalog der Bibliothek ist die Handschrift allerdings nicht verzeichnet. Die
Ausstattung besteht aus rot/blau gespaltenen Silhouetteninitialen mit
Kräuselblättern, gestielten Perlen und silhouettierten Blättern (fol. 125v,
139r) sowie rot/blau gespaltenen, meist zweizeiligen Majuskeln mit einfachem Dekor.
Diese frühen Fleuronnée-Motive sind im 2. Viertel des 13. Jahrhunderts bei
schlichten Gebrauchshandschriften so verbreitet, daß keine nähere Zuordnung
möglich ist; immerhin besteht die Möglichkeit, daß diese Handschrift in
Waldhausen hergestellt wurde.
Es zeigt sich,
daß von den hier vorgestellten illuminierten Codices nur jeweils einer - Cod.
933 in Graz für Gleink und die Handschrift in Berkeley für Waldhausen - als
mögliches Zeugnis lokaler romanischer Buchmalerei in Betracht kommt.
Dementsprechend gering sind die Anhaltspunkte, um zumindest einen Bruchteil des
Buchwesens beider Klöster in dieser Zeit zu erschließen. Im Fall von Gleink
sind dies in erster Linie die Verbindungen zu dem bayerischen Kloster
Prüfening, die vor allem durch den Grazer Cod. 933 belegt sind. Historisch
bietet sich als Erklärung dafür der Umstand an, daß sowohl Gleink[46]
als auch Prüfening dem Bamberger Bischof unterstanden, und daß zumindest unter
den bayerischen Eigenklöstern Bambergs - Biburg, Prüfening und Windberg - über
die jeweilige Ordenszugehörigkeit hinaus Beziehungen feststellbar sind[47].
Andererseits unterhielten auch Klöster im regionalen Umfeld Gleinks Kontakte zu
Prüfening, ohne in diesen Zusammenhang zu gehören: In der Stiftsbibliothek
Kremsmünster befindet sich ein fragmentiertes Sequentiar (Fragm. V/182, 183 und
184)[48],
dessen Rankeninitialen von einem in Prüfening geschulten Zeichner stammen und
um 1170/80 entstanden sind[49].
Da die Sequenz zum hl. Agapitus, dem Patron Kremsmünsters, durch eine Initiale
mit der Darstellung des Heiligen betont ist (Fragm. V/182, fol. 9r), war die
Handschrift für das oö. Benediktinerkloster bestimmt[50].
Es ist zwar nicht auszuschließen, daß ein Prüfeninger Maler im Skriptorium von
Kremsmünster gearbeitet hat[51],
doch gibt es keine Anzeichen von Einfluß auf die Buchmalerei, was eher auf eine
Importhandschrift hindeutet. Aus Kremsmünster könnten auch Überreste eines im
Prüfeninger Stil ausgestatteten Matutinale vom Beginn des 13. Jahrhunderts im
Stadtarchiv Wels[52] stammen,
für das gleiches gilt.
Bemerkenswert
ist ebenso eine Handschrift in der Bibliothek der Augustiner-Chorherren in St.
Florian. Im 2. Viertel des 12. Jahrhunderts wurde hier eine sechsbändige
Abschrift der Moralia Gregors des Großen erstellt oder zumindest begonnen, von
der die ersten vier Bände erhalten sind (Cod. XI/14/1-4). In Schrift und
Ausstattung abweichend von diesen mit schwäbischen Arbeiten vergleichbaren
Bänden enthält der inhaltlich zugehörige sechste Band, Cod. XI/14/6, auf fol.
1r eine Initiale P mit dem stehenden Autor, die von einem Prüfeninger Zeichner
des 3. Jahrhundertviertels stammt[53]. Durch Initialen mit
Kräuselblattdekor, die in der 1. Hälfte des 13. Jahrhunderts sowohl in Band 4
(fol. 16v und 73r) als auch in Band 6 (fol. 65r) von einer Hand nachgetragen
wurden, läßt sich die Handschrift spätestens in diesem Zeitraum in
Oberösterreich nachweisen. Die Prüfeninger Bibliothek selbst besaß laut den
mittelalterlichen Bibliothekskatalogen im Jahr 1165 eine siebenbändige
Abschrift der Moralia, die 1347 noch vollständig erhalten war[54],
womit die zufällige Abwanderung eines Bandes auszuschließen ist. Es scheint
sich um eine Auftragsarbeit zu handeln, die einen fehlenden oder verlorenen
Codex der St. Florianer Bibliothek ersetzte. Das zeigt, daß nicht nur
monastische Beziehungen für derartige Kontakte ausschlaggebend waren. So ist
nicht auszuschließen, daß der Zufall der Überlieferung eine engere Beziehung
zwischen Gleink und Prüfening suggeriert als dies tatsächlich der Fall war, und
daß Gleink nur eines unter mehreren oö. Klöstern war, die die Dienste des
angesehen Skriptoriums in Anspruch nahmen[55].
Das zweite
Kloster, das für das Gleinker Buchwesen eine Rolle gespielt hat, war St.
Florian. Der dort aufbewahrte Cod. XI/467 enthält auf dem Spiegelblatt des
Hinterdeckels ein kurzes Ausleihverzeichnis vom Anfang des 13. Jahrhunderts, in
dem unter anderem vermerkt ist, daß Paterius
an die Benediktiner verliehen ist[56]
- das wird wohl zum Zweck des Kopierens geschehen sein, womit für diese Zeit
zumindest die Existenz eines Skriptoriums gesichert ist.
Ebenso vage
ist das Bild, das sich für Waldhausen ergibt. Das Kloster ist ebenfalls im eben
erwähnten Verzeichnis vermerkt, laut dem zwei Texte, Lucanus[57]
et Ovidius magnus, aus St. Florian
ausgeborgt worden waren. Durch CSF XI/247 sind Beziehungen zu den Chorherren in
Klosterneuburg verbürgt, wo ein Codex für das oö. Kloster angefertigt wurde. Ob
der in St. Lambrecht entstandene Cod. 236 in Linz Zeuge einer Verbindung mit
den steirischen Benediktinern ist, muß dagegen offen bleiben; vermutlich gehört
die Handschrift zu bislang unbekannten St. Lambrechter Arbeiten, die wie
Codices in Bamberg, Graz[58]
und Oxford[59] wohl erst
im Lauf der Zeit ihre Bibliotheksheimat verlassen haben.
Da Waldhausen
dem Salzburger Domstift unterstand[60]
und Klöster des Salzburger Reformverbandes wie Reichersberg oder Klosterneuburg
zumindest im Buchschmuck ihrer Frühzeit aufgrund der engen personellen
Verflechtungen[61] viele Gemeinsamkeiten mit dem
Skriptorium der Zentrale aufweisen[62],
kann man mit aller gebotenen Vorsicht eine ähnliche Situation in Waldhausen
vermuten - vorausgesetzt, daß es überhaupt eine lokale Buchmalerei im 12.
Jahrhundert gab. Der einzige Codex, der dann später als Produkt dieser
Tätigkeit in Frage kommt, kann jedenfalls über Eigenheiten der Waldhausener
Buchmalerei keine Auskunft geben. Wie bei Gleink ist daher nur zu hoffen, daß
diese kleine Übersicht bald durch aussagekräftigere Funde bereichert werden
kann.
* Dieser Aufsatz ist im Zuge der Arbeiten zu dem FWF-Projekt "Romanische Buchmalerei in Oberösterreich", geleitet von Univ.-Prof. Dr. Martina Pippal (Institut für Kunstgeschichte, Wien), entstanden. - Zur früh- und hochmittelalterlichen Buchmalerei Österreichs ist im Internet eine Datenbank des Verfassers verfügbar: http://mailbox.univie.ac.at/Friedrich.Simader/hssdata.htm.
[1] K. Holter, Die romanische Buchmalerei in Oberösterreich, in: Jahrbuch des Oberösterreichischen Musealvereines 101 (1956), 234f. und 239. Cod. 236 der OÖLB Linz ist hier irrtümlich als Cod. 286 bezeichnet.
[2] F. X. Pritz, Geschichte der Benediktiner-Klöster Garsten und Gleink im Lande ob der Enns und der dazu gehörigen Pfarren, Linz 1841.
[3] K. Schiffmann, Die Handschriften der öffentlichen Studienbibliothek Linz (maschinschriftlich), Linz 1935, 15f.
[4] Dazu zuletzt A. Haidinger, Beobachtungen zum Festkalender des Stiftes Kremsmünster, in: Studien und Mitteilungen zur Geschichte des Benediktinerordens und seiner Zweige 109 (1998), 27-29 und 34.
[5] A. Fingernagel / M. Roland, Mitteleuropäische Schulen I (ca. 1250-1350) [Veröffentlichungen der Kommission für Schrift- und Buchwesen des Mittelalters, Reihe I, Die illuminierten Handschriften und Inkunabeln der Österreichischen Nationalbibliothek, Band 10], Text- und Tafelband, Wien 1997, Kat. 4, Abb. 19-22 (A. Fingernagel).
[6] Zuletzt W. Telesko in: H. Fillitz (Hrsg.), Geschichte der bildenden Kunst in Österreich, Bd. 1, Früh- und Hochmittelalter, München - New York 1998, Nr. 246 ('Gleink ?'), Farbabb. S. 175 (fol. 89v). - K. Holter in: Ausstellungskatalog "Tausend Jahre Oberösterreich – Das Werden eines Landes", Katalogteil. Wels 1983, Hs. 18, Farbabb. S. 84 (fol. 24r).
[7] Schiffmann, Linz (zit. Anm. 3), 16. Es geht hier nicht hervor, wie der Einband beschaffen war. Nach Schiffmann zeigte er dasselbe handgefärbte schwarzviolette Papier wie der Einband einer Handschrift aus dem Besitz des Gleinker Hofrichters Johann Ignaz Dürnegger (Cod. 408 ?) - vermutlich handelte es sich um mit Papier überzogene neuzeitliche Pappeinbände.
[8] Holter, Oberösterreich (zit. Anm. 1), 234-236.
[9] Ebenda, 249, Anm. 41.
[10] P. Buberl, Die illuminierten Handschriften in der Steiermark, Teil 1: Die Stiftsbibliotheken zu Admont und Vorau (Beschreibendes Verzeichnis der illuminierten Handschriften in Österreich IV), Leipzig 1911, Nr. 7, Fig. 29 (fol. 21v). Die Bestimmung für ein Nonnenkloster ergibt sich aus der Illustration zum Gebet ‘De sancto Paulo’, in der eine Äbtissin namens Humilitas (= Diemud) und zwei Nonnen namens Liukarth und Irmindrut dargestellt sind (fol. 44v). Die Äbtissin Diemud wurde von S. H. Steinberg und Chr. Steinberg-Von Pape mit Äbtissin Diemud im oö. Traunkirchen (1164-1191) identifiziert; dagegen hat J. Tomaschek eingewandt, daß die Miniatur auf ein Frauenkloster mit dem hl. Paulus als Patron hinweise: Ausstellungskatalog "Schatzhaus Kärntens - Landesausstellung St. Paul 1991 - 900 Jahre Benediktinerstift", Klagenfurt 1991, Nr. 2.7 (J. Tomaschek) mit älterer Literatur. Sollte diese Überlegung stimmen, wäre z.B. an das Frauenkloster St. Paul in Regensburg zu denken. - P. Wind ordnet diese und andere Handschriften ohne irgendeine Begründung einem oder mehreren ungenannten Frauenskriptorien zu: Die Entstehung des Vorauer Evangeliars in der Steiermark, in: Zeitschrift des Historischen Vereines für Steiermark 86 (1995), 57, Anm. 69.
[11] Alle Zeichnungen sind publiziert bei O. Pächt, The Illustrations of St. Anselm’s Prayers and Meditations, in: Journal of the Warburg and Courtauld Institutes 19 (1956), 68-83.
[12] Auf die übereinstimmende Haltung und Liegerichtung im Pürgger Fresko hat mich Frau Dr. Inge Vialon (Wien) hingewiesen. Weitere Hinweise zur Ikonographie verdanke ich Frau Prof. Dr. Martina Pippal (Wien).
[13] Siehe zuletzt E. Lanc in: Fillitz, Bildende Kunst (zit. Anm. 6), Nr. 166, Farbabb. auf S. 109.
[14] Eine schematische Darstellung dieses Bereichs bei W. Frodl, Die romanischen Wandgemälde in Pürgg nach der Entrestaurierung, in: Österreichische Zeitschrift für Kunst und Denkmalpflege 2 (1948), Abb. 187 (S. 153).
[15] Im Cod. 185/II der Universitätsbibliothek Graz sind auf fol. 13r die Geburt Christi und darunter die Verkündigung an die Hirten in zwei gleichwertigen Bildfeldern wiedergegeben; auch hier deutet der mit Pürgg übereinstimmende, aber ins Leere weisende Gestus Mariae darauf hin, daß die beiden Szenen ursprünglich nebeneinander lagen.
[16] Die Gestalt Josefs in Pürgg entsprach im Typus höchstwahrscheinlich jener des Cod. 415. Eine Vorstufe im Salzburger Bereich bildet z.B. um 1080 M. 780 (fol. 4r) der Pierpont Morgan Library - vgl. Fillitz, Bildende Kunst (zit. Anm. 6), Farbabb. auf S. 144.
[17] A. Kern, Die Handschriften der Universitätsbibliothek Graz (Handschriftenverzeichnisse Österreichischer Bibliotheken, Steiermark Bd. 2), Wien 1956, S. 134.
[18] Auf den Zusammenhang mit Prüfening hat mich schon vor längerem Dr. Andreas Fingernagel (Wien) hingewiesen. - Zu Clm 23270 siehe E. Klemm, Die Romanischen Handschriften der Bayerischen Staatsbibliothek, Teil 1: Die Bistümer Regensburg, Passau und Salzburg (Katalog der illuminierten Handschriften der Bayerischen Staatsbibliothek in München III/1), Text- und Tafelband, Wiesbaden 1980, Kat. 189, Abb. 421 (S. 132).
[19] Ebenda, Abb. 420 (S. 131).
[20] Schiffmann, Linz (zit. Anm. 3), Nr. 180 und 181 (S. 147). Beide Codices entstammen dem 15. Jahrhundert.
[21] Vgl. auch eine Initiale im Prüfeninger Stil in Cod. a IX 11 (fol. 181r) der Stiftsbibliothek St. Peter in Salzburg - dazu P. Wind, Aus der Schreibschule von St. Peter vom Anfang des 11. Jahrhunderts bis Anfang des 14. Jahrhunderts, in: Ausstellungskatalog "Hl. Rupert von Salzburg 696-1996", Salzburg 1996, 379, Abb. 26.
[22] Schiffmann, Linz (zit. Anm. 3), Nr. 838 (S. 330).
[23] H. Paulhart, Mittelalterliche Bibliothekskataloge Österreichs, Bd. V: Oberösterreich, Wien 1971, 114f.
[24] Schiffmann, Linz (zit. Anm. 3), 22-25, bes. 24.
[25] Cod. 151 und 222 in der OÖLB in Linz, Cod. Ser. n. 2450, 2458 und 2459 in der ÖNB. Zu verstreuten Waldhausener Handschriften siehe Schiffmann und Paulhart (wie oben); Holter, Oberösterreich (zit. Anm. 1), 250, Anm. 58, erwähnt als weitere Handschrift aus Waldhausen Cod. 12 der Stiftsbibliothek Schlägl mit Texten des Wilhelm Peraldus (Summa vitiorum und summa virtutum), die allerdings aus inhaltlichen Gründen nicht vor der Mitte des 13. Jahrhunderts entstanden sein kann - vgl. G. Vielhaber, Catalogus Codicum Plagensium (Cpl.) manuscriptorum, Linz 1918, 18f.
[26] Schiffmann, Linz (zit. Anm. 3), Nr. 286: 'Vermutlich aus Waldhausen'. Die Handschrift trägt auf fol. 41r oben einen Vermerk 'cchächel smid sum' (?); Waldhausener Besitzvermerke fehlen, und im Bibliothekskatalog des Stiftes (15. Jhdt.) läßt sie sich nicht nachweisen; der Einband wurde im 19. Jahrhundert in Linz angefertigt. Die Punze trägt die Initialen 'G S', darunter sind offenbar drei Vögel (die Köpfe im Profil, mit angedeuteten Flügeln) dargestellt. Der Buchschmuck besteht aus zwei großen, rot gezeichneten Rankeninitialen (1v, 9v) auf grünem und blauem Grund sowie rot/blau gespaltenen Majuskeln, tw. gelb grundierten oder kolorierten Silhouetteninitialen mit silhouettierten, meist in Knospen endenden Ranken und Kräuselblattdekor (fol. 10v, 11r, 15v und 16r). Die bewegten, am Ende und tw. seitlich gebogten Blätter der Rankeninitialen, die am Blattrücken durch laviertes Gelb modelliert sind, erinnern an niederösterreichische Arbeiten wie z.B. Cod. 14 der Stiftsbibliothek in Zwettl - vgl. Fillitz, Bildende Kunst (zit. Anm. 6), Farbabb. auf S. 182.
[27] Zum Inhalt vgl. A. Czerny, Die Handschriften der Stiftsbibliothek St. Florian, Linz 1871, 103: Beda Venerabilis, Historia ecclesiastica gentis Anglorum (fol. 1r-167v) - Breviarium antecedentis Historiae Anglorum (fol. 166r-168r) - Catalogus operum Bedae ab ipso compositus (fol. 168r-168v) - Possidius Calamensis, Vita s. Augustini episcopi (fol. 169r-193v).
[28] Schiffmann, Linz (zit. Anm. 3), 24. - Die Handschrift ist im Waldhausener Bibliothekskatalog des 15. Jahrhunderts als ‘C 43’ verzeichnet - siehe Paulhart, Bibliothekskataloge (zit. Anm. 23), S. 129, Z. 12-14, und Anm. 22.
[29] Der stilistische Zusammenhang zwischen CSF. III/208 und den Klosterneuburger Handschriften ist zuerst von A. Haidinger beobachtet worden: Katalog der Handschriften des Augustiner Chorherrenstiftes Klosterneuburg, Teil 1: Cod. 1-100 (Österreichische Akademie der Wissenschaften - Veröffentlichungen der Kommission für Schrift- und Buchwesen des Mittelalters, II/2/1), Katalog- und Registerband, Wien 1983, 48f., mit Abb.
[30] K. Holter, Romanische Buchkunst aus der Stiftsbibliothek St. Florian, in: Geschichte und ihre Quellen, Festschrift Fritz Hausmann (hrsg. von R. Härtel), Graz 1987, 568, Abb. 32 (fol. 1r), wiederabgedruckt in K. Holter, Buchkunst - Handschriften - Bibliotheken: Beiträge zur mitteleuropäischen Buchkultur vom Frühmittelalter bis zur Renaissance (hrsg. von G. Heilingsetzer / W. Stelzer), Bd. II, Linz 1996, 1055-1088, und Derselbe, Bibliothek und Archiv: Handschriften und Inkunabeln, in: V. Birke u.a. (Bearb.), Die Kunstsammlungen des Augustiner-Chorherrenstiftes St. Florian (Österreichische Kunsttopographie XLVIII), Wien 1988, 30f. sowie 43 und 73; Abb. 70 (fol. 3r).
[31] A. Haidinger, Verborgene Schönheit. Die Buchkunst im Stift Klosterneuburg (Katalog zur Sonderausstellung 1998 des Stiftsmuseums Klosterneuburg), Klosterneuburg/Wien 1998, Kat. Nr. 5, mit Farbabb.
[32] Am ausführlichsten sind Stil und Ikonographie bei Chr. Kasch behandelt: Das Missale von St. Florian, Stiftsbibliothek, Cod. III/208, Diss. phil. (maschinschriftlich), Wien 1973. Die Ergebnisse bedürfen allerdings nochmaliger Überprüfung. Sicher falsch ist die in der jüngsten Literatur übernommene Datierung in das frühe 13. Jahrhundert. Sie beruht im wesentlichen auf einem nicht zutreffenden Stilvergleich der Kreuzigung Christi (fol. 117v) mit derselben Darstellung im Lambacher Cod. 466 (fol. 69v) der OÖLB Linz, den Kasch, Holters später revidierter Datierung folgend (Buchmalerei, 232), nach 1212 ansetzte (S. 10 und 155). Zu Cod. 466 zuletzt Haidinger, Kremsmünster (zit. Anm. 4), 27 und 35-39, zu Cod. III/208 W. Telesko in: Fillitz, Bildende Kunst (zit. Anm. 6), Nr. 226, und Haidinger, Klosterneuburg (zit. Anm. 31), Kat. Nr. 5.
[33] Vgl. z.B. den Rankenkletterer in CSF III/208, fol. 127r, mit CCl. 216, fol. 91v.
[34] Vgl. z.B. CSF III/298, fol. 104r, mit CCl. 22, fol. 11v.
[35] Vgl. z.B. die von waagrechten Strichen unterbrochenen konturbegleitenden Linien der Majuskeln in CSF. III/208, fol. 115v, mit CCl. 22, fol. 6v, 21r und 110r, oder die meist dreiteiligen gebogten, mit Punkten oder Halbkreisen besetzten Ausformungen dieser Linien in CSF III/208, fol. 115r/v mit CCl. 21, fol. 36v und 115r oder CCl. 248, fol. 219r und 230r.
[36] Die Rankeninitialen sind ca. sechs- bis neunzeilig; rote Ziermajuskeln mit Punktverdickung, tw. auf gelbem Grund: fol. 21r, 58r (Konturbegleiter mit dreilappiger Ausbuchtung), 133v (mit marginalem Blattdekor), 134v und 169r (mit Blättern am Ende des Stammes).
[37] Vgl. Th. Gottlieb, Mittelalterliche Bibliothekskataloge Österreichs, Bd. 1: Niederösterreich, Wien 1915, 112, Z. 36: ‘Item Beda de gestis Anglorum. Ibidem vita sanctissimi Augustini, in uno volumine’.
[38] Im Waldhausener Bibliothekskatalog vermutlich als „epistolarium rubeum minus, incipit Hec dicit Dominus propter Syon" verzeichnet - vgl. Paulhart, Bibliothekskataloge (zit. Anm. 23), S. 139, Z. 4f.
[39] Schiffmann, Linz (zit. Anm. 3), 25 und Nr. 278.
[40] Weiters eine Spaltleisteninitiale (fol. 73v mit einer durch den Initialstamm geflochtenen Schlange) und eine von anderer Hand stammende vierzeilige Initiale mit Flechtmotiv im Binnenfeld (fol. 81r); überwiegend rote Ziermajuskeln mit Aussparungen und einfachem Dekor. Aufwendiger fol. 89r und 120v (hier schwarz und rot) mit Blattmotiven im Stil der Haupthand, fol. 123v mit stilistisch abweichenden, geäderten Blattmotiven im Binnenfeld.
[41] K. Holter, in: Ausstellungskatalog "Tausend Jahre Oberösterreich – Das Werden eines Landes", Katalogteil. Wels 1983, Hs. 39 (S. 91): 'Waldhausen (?), Mitte 13. Jhdt.'. - Derselbe (Bearb.), Tausend Jahre christliche Kunst in Oberösterreich. Linz 1950, Nr. 20 (S. 40).
[42] Farbabbildungen der Initialen bei H. Zotter, U. Bergner und K. Lenger, Steirische Buchmalerei. Die romanischen Miniaturen, Teil. 1: Seckau. Farb-CD-ROM, Graz 1999.
[43] Eng verwandt sind auch Initialen des Grazer Cod. 435 (fol. 80v und 84v), der seit dem späten 13. Jahrhundert in Seckau nachweisbar ist - siehe Zotter, Seckau (zit. Anm. 42). Eine CD-ROM zu den illuminierten romanischen Handschriften aus St. Lambrecht wird dieses Jahr erscheinen.
[44] A. Kern, Die Handschriften der Universitätsbibliothek Graz (Handschriftenverzeichnisse Österreichischer Bibliotheken, Steiermark Bd. 1), Wien 1942, 165 und 238.
[45] Siehe 'http://sunsite.berkeley.edu/Scriptorium/form.html'.
[46] Pritz, Gleink (zit. Anm. 2), 156 und 163.
[47] Siehe dazu E. Klemm, Gab es eine Windberger Buchmalerei ?, in: Anzeiger des Germanischen Nationalmuseums, Nürnberg 1980, 7-29, bes. 7, 10 und 13.
[48] K. Holter, Buchmalerei und Federzeichnungsinitialen im Skriptorium von Kremsmünster, in: O. Mazal (Hrsg.), Handschriftenbeschreibung in Österreich (Österreichische Akademie der Wissenschaften, Denkschriften, phil.-hist. Klasse 122 [Veröffentlichungen der Kommission für Schrift- und Buchwesen des Mittelalters R. II, Bd. 1]), Wien 1975, 41-50, , 48, Taf. VI, Abb. 41 (V/184), 42 (V/182, fol. 9r), 44 (V/182, fol. 2r), 45 (V/183), 46 (V/182) und 48 (V/183), wiederabgedruckt in: Holter, Buchkunst (zit. Anm. 30), 653-670 - Derselbe, Die Bibliothek, in: H. Bertele-Grenadenberg u.a. (Bearb.), Die Kunstdenkmäler des Benediktinerstiftes Kremsmünster, II. Teil: Die stiftlichen Sammlungen und die Bibliothek (Österreichische Kunsttopographie XLIII), Wien 1977, 157, Abb. 239 (fol. 9r).
[49] Vgl. z.B. den weichen Gewandstil der figürlichen Initiale mit Clm 23270, fol. 80v, oder den Kopftypus mit fol. 103v derselben Handschrift, ebenso die Initialornamentik mit fol. 80r - zu Clm 23270 siehe Klemm, München (zit. Anm. 18), Nr. 189, Abb. 418-421.
[50] A. Kellner, Musikgeschichte des Stiftes Kremsmünster, nach den Quellen dargestellt. Kassel-Basel 1956, 48. Kellner war nur Fragm. V/182 bekannt.
[51] Kremsmünster unterhielt im 12. Jhdt. enge Kontakte zu bedeutenden Skriptorien wie Lambach (vgl. Anm. 4) oder St. Peter in Salzburg, worauf z.B. die figürlichen Darstellungen im Cod. bibl. 2° 20 der Württembergischen Landesbibliothek Stuttgart hindeuten - vgl. M. Pippal, in: Fillitz, Bildende Kunst (zit. Anm. 6), Nr. 206. - Auch Überreste eines Missale für Kremsmünster in Melk (Chr. Glaßner / A. Haidinger, Die Anfänge der Melker Bibliothek - Neue Erkenntnisse zu Handschriften und Fragmenten aus der Zeit vor 1200, Melk 1996, 89-97) hängen mit Salzburg zusammen; vergleichbarer Initialschmuck findet sich z.B. in St. Peter (z.B. in Cod. a XII 23, fol. 150r/v, 152r, 176r, 178v oder 180v), Michaelbeuern (Fragm. perg. I,6) und im Salzburger Einflußbereich in den Seckauer Cod. 286 und 1119 (Initialen von fol. 1r bis 156v) der UB Graz; eng verwandt ist auch ein unsigniertes Fragment einer Musikhandschrift im Wiener Schottenstift (mit roter Rankeninitiale E, im unteren Binnenfeld ein Vogel) - zu den Hss. siehe Wind, Schreibschule (zit. Anm. 21), 369f., Abb. 54 - B. Koll (unter Mitarbeit von J. Feldner), Katalog der Handschriften des Benediktinerstiftes Michaelbeuern bis 1600 (Veröffentlichungen der Kommission für Schrift- und Buchwesen des Mittelalters, Reihe 2, Verzeichnisse der Handschriften österreichischer Bibliotheken, Bd. 6), Wien 2001, 51. - Zotter, Seckau (zit. Anm. 42).
[52] W. Tuschner, Zur Geschichte der Fragmentensammlung im Welser Stadtarchiv, in: Jahrbuch des Musealvereines Wels 21 (1977/78), 43, Taf. II, Abb. 3. Insgesamt sind 13 Blätter mit 16 Rankeninitialen erhalten, die nach freundlicher Mitteilung des Verfassers stilistisch einheitlich sind. Die rot gezeichneten, auf violettem, grünem und gelbem Grund ausgeführten Initialen zeigen neben den typischen Prüfeninger Blattformen - vgl. die bisher genannten Prüfeninger Handschriften - auch dreiteilige, aus einfachen runden Blättern zusammengesetzte Blüten. Die Fragmente stammen wahrscheinlich aus der Bibliothek der Welser Pfarre St. Johannes, die bis 1507 in Abhängigkeit von Kremsmünster stand - vgl. Tuschner, 38f.
[53] 1987 hat K. Holter noch auf Prüfeninger Parallelen hingewiesen, in der Kunsttopographie dann jedoch eine 'Entwicklung der Haupthand' vermutet - siehe K. Holter, Romanische Buchkunst aus der Stiftsbibliothek St. Florian, in: Geschichte und ihre Quellen, Festschrift Fritz Hausmann (hrsg. von R. Härtel), Graz 1987, 553f., und Derselbe, St. Florian (zit. Anm. 30), 61, Abb. 51. - Der Ranken- und Figurenstil ist z.B. mit dem 1158 datierbaren Clm 13002 zu vergleichen: die Behandlung von Haaren und Bart entspricht fol. 5v der Münchner Handschrift, zum Initialstil vgl. das jüngere hintere Schutzblatt der Handschrift - vgl. Klemm, München (zit. Anm. 18), Nr. 87, Abb. 164 (fol. 5v) und 165 (Schutzblatt). - Auf fol. 27v findet sich eine rote Rankeninitiale, die nicht mit Prüfening zusammenhängt und vielleicht noch im letzten Drittel des 12. Jhdts. in St. Florian nachgetragen wurde.
[54] Vgl. Chr. E. Ineichen-Eder, Mittelalterliche Bibliothekskataloge Deutschlands und der Schweiz, Bd. 4, Teil 1: Bistümer Passau und Regensburg, München 1977, 422, Z. 75f., und 428, Z. 19.
[55] Zum romanischen Skriptorium in Prüfening siehe ebenda, 404-408, und Klemm, München (zit. Anm. 18), 47. - Eine unbekannte, vielleicht inhaltlich interessante Prüfeninger Handschrift ist Cod. 2243 der ÖNB: Der anonyme, offenbar noch unbestimmte Text 'Dialogus de ecclesiastico principatu' (fol. 1r-38v) wurde, wie es auf fol. 1v heißt, auf Geheiß eines Erbo verfaßt, womit wohl Abt Erbo (1121-1162) gemeint ist, denn die beiden Rankeninitialen (fol. 1r und 22r) sind im Prüfeninger Stil ausgeführt; da auf fol. 30r der Eintritt des Regensburger Bischofs Heinrich I. (1132-1155) in das Stift St. Emmeram erwähnt wird, entstand dieser Text laut H. J. Hermann nach 1155 - siehe: Die deutschen romanischen Handschriften (Beschreibendes Verzeichnis der illuminierten Handschriften in Österreich, Band VIII; Die illuminierten Handschriften und Inkunabeln der Nationalbibliothek in Wien, Teil II), Leipzig 1926, 248f., wo schon eine Regensburger Entstehung vermutet wird. - Weitere Überreste einer vermutlich Prüfeninger Musikhandschrift aus dem 2. Viertel des 12. Jahrhunderts bilden unsignierte Fragmente im Wiener Schottenstift (Rankeninitialen O, D, U; rot und tw. blau gezeichnet, mit tw. schmutziggelb/hellbraun kolorierten Blattformen) - vgl. stilistisch Clm 13102 und 13041 bei Klemm, München (zit. Anm. 18), Nr. 68 und 73, Abb. 113 und 123.
[56] Paulhart, Bibliothekskataloge (zit. Anm. 23), 101.
[57] Dabei könnte es sich um den aus Frankreich (?) stammenden CSF. XI/580 gehandelt haben.
[58] Msc. Patr. 160 der Staatsbibliothek Bamberg und der aus Seckau stammende Cod. 167 in Graz stimmen in Farbgebung und Detailformen einzelner Rankeninitialen so eng überein, daß Handgleichheit vorliegt - vgl. z.B. fol. 25r oder 33v in Bamberg mit fol. 4v in Graz; der Initialstil ist in Seckauer Arbeiten nicht nachweisbar, findet sich aber im Grazer Cod. 369 aus St. Lambrecht (z.B. fol. 1r/v, 45v, 46r), entstanden im 3. Viertel des 12. Jahrhunderts. Msc. Patr. 160 ist erst seit dem 18. Jahrhundert in der Bamberger Dombibliothek nachweisbar, Cod. 167 in Graz trägt einen Seckauer Besitzvermerk vom Ende des 13. Jahrhunderts. - Zu den Handschriften siehe G. Suckale-Redlefsen, Die Handschriften des 12. Jahrhunderts (Katalog der illuminierten Handschriften der Staatsbibliothek Bamberg, Bd. 2) Wiesbaden 1995, Kat. 73, Abb. 181-183 (S. 162), und Zotter, Seckau (zit. Anm. 42) mit Farbabbildungen aller Initialen.
[59] In Cod. Lyell 55 der Bodleian Library in Oxford, einer Sermones-Sammlung, stammen zumindest die vier letzten Initialen (z.B. fol. 108r) von einem St. Lambrechter Buchmaler, dessen Stil mit Initialen in den aus St. Lambrecht stammenden Cod. 270 (fol. 1r, 41r), 369 (z.B. fol. 122v und 134v) und 373 (fol. 80r, 80v, 121v und 139v) in Graz übereinstimmt. Von den Schließenformen und der Bänderung der Initialleisten abgesehen, findet sich ein ähnlicher Initialstil in Clm 15831 in München, der auf eine Entstehung im steirischen Skriptorium zu untersuchen wäre. - Zu der aus Lambach stammenden (olim Cml. XXIV), aber nicht in den hochmittelalterlichen Katalogen verzeichneten Handschrift in Oxford siehe K. Holter, Neue Beiträge zur Geschichte der Stiftsbibliothek von Lambach im hohen Mittelalter, in: G. Heilingsetzer (Red.), Kunstgeschichtsforschung und Denkmalpflege - Festschrift für Norbert Wibiral zum 65. Geburtstag, Linz 1986, 93 (mit Lit.), Abb. 10-12 (fol. 36r, 88v und 108r), zu Clm 15831 Klemm, München (zit. Anm. 18), Nr. 285, Abb. 667-670.
[60] H. Dopsch, Klöster und Stifte, in: H. Dopsch und H. Spatzenegger (Hrsg.), Geschichte Salzburgs. Stadt und Land, Bd. 1, Teil 2, Salzburg 1983, 1046.
[61] Dazu S. Weinfurter, Die Kanonikerreform des 11. und 12. Jahrhunderts, in: Ausstellungskatalog "900 Jahre Augustiner Chorherrenstift Reichersberg", Linz 1983, 23-32, bes. 27.
[62] Zu Reichersberg siehe K. Holter, Mittelalterliche Buchkunst in Reichersberg, in: Ausstellungskatalog Reichersberg (zit. Anm. 61), 154-165. - Zu frühen Klosterneuburger Arbeiten vgl. A. Fingernagel / F. Simader, Ergänzungen und Nachträge zu H. J. Hermann, Die deutschen romanischen Handschriften (zit. Anm. 55). Online-Katalog, Version 1, Dezember 2001: http://www.onb.ac.at/sammlungen/hschrift/kataloge/ergaenzungen/ergaenzungen.htm