Datierung 1420 auf 81vb.
Haupttext in Textura von drei Händen: Hand A (Hieronymus Sitznberger) 5ra—29vb, Hand B 1ra—4va und 30ra—79va, Hand C Grundstock von 82ra—129vb. Von Hand A auch der unter Propst Simon Haindl entstandene Teil des Missales CCl 958 (6v—8r, 9r—142r; Wappen des 1465 resignierten Propstes auf 15r) und die zweite Bucheinheit (Bl. 17—72) des Familienmissales der Grafen Harrach (siehe Kat. Streubestände, Nr. 1). Aus paläographischen Gründen ist Hand A mit dem Klosterneuburger Chorherren Hieronymus Sitznberger (+1510), dem Schreiber des CCl 612 (dat. 1479) und CCl 222 (dat. 1508) zu identifizieren. Von Sitznberger weiters Nachträge in CCl 72 und Korrekturen in CCl 78.
Buchschmuck Teil I (5-29): Cadelleninitiale mit Binnengrundfleuronnée auf 26va; vom Schreiber eingesetzt (vgl. Cadelleninitiale auf 49v in CCl 958). Zweizeilige rote und blaue Lombarden zum Beginn der Tabula und als Kapitelinitialen. — Deckfarbeninitialen auf 5va, 25ra und 29va. Deckfarbeninitialen: Buchstabenkörper fünf- bis siebenzeilig, plastisch konturiert und mit wellenförmiger Blattrankenfüllung. Initiale auf 29va mit ungerahmtem, blauem Initialgrund, goldenen Strahlen im Außengrund und ebensolcher Filigranranke im Binnengrund; Initiale in zwei kurze Blattfortsätze auslaufend. Buchstabenkörper auf 5va und 25ra mit schmalem Rahmen, in poliertem Gold gehaltenen Außengrund, blauem Binnengrund mit goldenem Rautenmuster (5va) bzw. mit figürlicher Darstellung (25ra). Beide Initialen senden eine drei- (5va) bzw. vierseitige (25ra) Blattranke aus. An den Gelenkstellen der vertikal geführten Rankenäste und der wellenförmig verlaufenden der oberen und unteren Seitenränder eine Maske (5va oben), ein die beiden Rankenäste haltender Jüngling mit einem an seinem Bein ziehenden Affen (?) (5va unten) und Tierköpfe (25ra). Die Ranken sind mit vielteiligen, verschiedenfarbigen Blättern und stilisierten Blüten besetzt und mit Vögeln belebt. In der Ranke auf 5v außerdem Gruppen kleiner grüner Blättchen und eine geflügelte Maske; in einem Rankenmedaillon am unteren Seitenrand von 25r Wappen des 1451—1465 regierenden Propstes Simon Haindl. — 25ra:
H(
ec). Augustinus und Chorherren (Übergabe der Ordensregel). Augustinus thront frontal vor einem Ehrentuch und wird von je drei betenden Chorherren flankiert. Er hat die Rechte auf einen Codex gestützt und wendet sich dem vor ihm knienden Propst zu (der Propst mit hellgrauem Almutium; zur Chorherrenkleidung vgl. Schabes 47 f.). Augustinus und Chorherren (!) tragen purpurfarbene Obergewänder. — Der Deckfarbenschmuck vom sog. "Regula-Meister" (vgl. Haidinger, Kat. Verborgene Schönheit, 53); ihm sind die figürlichen Darstellungen in den CCl 54 und CCl 955 (Augustinusregel, deutsch; dat. 1457) sowie in Wien, ÖNB, Cod. Ser. n. 4732 (Brevier des Propstes Simon Haindl, um 1460. Die Initialen auf 10rv und 19r vom Lehrbüchermeister) zuzuschreiben. (Die in Kat. Klosterneuburg 1, S.177 getroffene Aussage über eine enge stilistische Verwandtschaft des Deckfarbenschmucks zu böhmischen und mährischen Handschriften wird nicht aufrecht erhalten.)
Buchschmuck Teil II (30-130): Rubrizierung. Unfigürliche Deckfarbeninitiale Q(uamvis) auf 55vb. Die Initiale ist einer in den frühen 1420er-Jahren in Klosterneuburg tätigen Kraft der sog. Wiener Hofwerkstätte zuzuschreiben (s. Haidinger, Diss. 71).
Renaissanceeinband: gelbliches Schweinsleder über Holz, mit blindem Rollendruck; Klosterneuburg, 2. Hälfte 16. Jh.
(81vb) Datierung (rot): Hic liber scriptus est sub domino Georio preposito huius monastery et finitus anno ab incarnacione domini 1421 (Jahreszahl auf Rasur).
Alois Haidinger − 2009-08-26