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Wien, Österreichische Nationalbibliothek (ÖNB), Cod. 2000
BONAVENTURA. CURSUS DE CORPORE CHRISTI
Olim: Theol. 862    Pergament   II, 204 Bl.    110×85   Mitteleuropa (Deutschland), 2. Viertel 15. Jh.
Provenienz/Letztbesitzer: Unbekannt
Literatur zur Handschrift (Anzahl: 5)

Lagen: III + (V-1)9 + 6.V69 + (V-1)78 + 12.V198 + III204; vor 1 und 70 jeweils herausgeschnittenes Blatt. Reklamanten (verso) und Kustoden (recto), häufig durch Blattbeschnitt verloren oder beschnitten. – Blatt- und Bildverlust: Die Handschrift ist, obwohl vermutlich in ihren Originaleinband gebunden, nicht vollständig erhalten. Vor Bl. 1 und 70 fehlen zwei Blätter, bei dem ersten sind Schnittspuren auf dem Vorsatzblatt zu erkennen, auf dem Falz des zweiten sind verso Reste der ursprünglichen Bemalung des Blattes erhalten – dies lässt vermuten, dass beide Blätter auf ihrer Versoseite, jeweils gegenüber der auf der folgenden Rectoseite beginnenden Offizien, mit ganzseitigen Miniaturen versehen waren.
Schrift:
(1r-201v) Schriftraum: 65/70 × 45/50    Spaltenzahl: 1    Zeilenzahl: 12-17   
Schriftart: Schlaufenlose Bastarda
Zwei Schriftgrößen.
Ausstattung: Illuminiert   Rubriziert   Deckfarbeninitiale(n)   Ranke(n)/Bordüre(n)   Figürlicher Buchschmuck   Goldverwendung   
Rote Überschriften, rot gestrichelte Satzanfänge, selten rote Paragraphzeichen. – Einzeilige rote bzw. blaue Lombarden. – (1v, 4r, 6r, 7rv, 8v, 23r, 30r u. a.) am Beginn von Psalmen und Lektionen fast immer dreizeilige, unfigürliche Deckfarbeninitialen (ab 191r stattdessen dreizeilige Lombarden). (1v, 4r, 6r, 7rv, 23r) mit Rankenwerk. Meistens blaue Binnen- (selten Initial-)Felder, mit feinem weißem Filigran überzogen, dieses 1v zusätzlich mit kleinen goldenen Rosetten; (30r) zoomorphes Motiv: in Deckweiß gezeichneter Schreitvogel. (4r, 6r, 7r, 8v) Verwendung von Blattgold. – (26v, 33v, 40r, 48r, 57v, 83v, 95v, 117v, 136v, 153r, 164v, 175v, 186v) am Beginn der einzelnen Gebetszeiten 13 Deckfarbeninitialen, bis zu 30 mm hoch; diese Initialen sind aufwändiger gestaltet als die kleineren, jedoch nur 26v mit Rankenausläufern; 40r ohne Außengrund. (48r-117v) Verwendung von Blattgold (z. B. für Initialfelder, 95v Goldinitiale). – (1r, 70r und 20r) zu Beginn der beiden Offizien sowie zur Prim des ersten Offiziums drei ca. 35 mm hohe historisierte Deckfarbeninitialen, 1r und 70r auf Blattgoldgrund und mit üppigerem Rankendekor (jeweils auf drei Seitenrändern); 20r etwas kleiner, kurze Rankenausläufer, kein Blattgold. Darstellungen in den Binnenfeldern: Salvator mundi (1r), Engel (20r), Monstranz (70r). – (Vor 1r und 70r) offenbar zwei Miniaturen verloren (Farbreste auf dem Falz vor 1r); die Darstellungssujets nicht mehr erkennbar bzw. nicht mit Sicherheit rekonstruierbar.



Einband: 15. Jh.     
Beide Holzdeckel gebrochen. Mit rotem, dann mit bläulichem Leder bezogen. Reste bzw. Spuren von je fünf Buckeln und zwei Schließen. Rücken neuzeitlich, mit dunklem Papier beklebt; darauf Titel- und Signaturschilder.


Über den Erstbesitzer des vorliegenden kleinen Buches zur privaten Andacht ist nicht bekannt. Auffällig ist, dass bereits während des Herstellungsprozesses die Ausstattung merklich reduziert wurde: Blattgold wurde nur bis 117v verwendet, Rankenfortsätze sogar nur bis 26v (Ausnahme: 70r); ab 191v schließlich wurden statt der kleinen Deckfarbeninitialen nur noch Lombarden eingesetzt. – Einen Anhaltspunkt zur Datierung des gibt die schleifenlose Bastarda, die sich ab etwa 1420 von den Niederlanden ausgehend verbreitet und sich selbst in der zweiten Jahrhunderthälfte im Süden des deutschsprachigen Gebietes nie vollständig durchsetzt (Schneider 2014, 72-74, 76). – Keine Hinweise auf mittelalterliche Vorbesitzer. (204v) derzeit nicht zuordenbare Signatur N° 129 (16./17. Jh.); keinesfalls handelt es sich um eine der Anfang des 17. Jahrhunderts für Bestände der Hofbibliothek vergebenen Tengnagel-Signaturen (vgl. den Katalog Wien, ÖNB, Cod. 9531).
Vorbesitzer: Wien, Hofbibliothek, Anfang 18. Jh.
Erste Vorsignatur der Hofbibliothek ist die Anfang des 18. Jahrhunderts verwendete Gentilotti-Signatur Theol. 862. Auf dem Signaturenschild auf dem Rücken des Codex im Feld für die Olim-Signatur ist S(ine) N(ummero) eingetragen, was bestätigt, dass der Codex zur Zeit Sebastian Tengnagels noch nicht in der Bibliothek vorhanden war. Er wurde 1809 von den Franzosen nach Paris gebracht und nach dem Ende der Herrschaft Napoleons rückerstattet (vgl. Menčik 1910, XX).
Martin Roland (Forschungsstand 2015, MeSch VI; Redaktion Katharina Hranitzky 2022, mit Ergänzungen)
"Manzari 2006", "Schneider 2014", "Menčik 1910", "MeSch VI", "Bonaventura, Ed. Quaracchi VIII"
alle Initien
(Ir-IIv) Leer.
(1r-69v) Bonaventura OFM Cursus de passione Domini (vgl. Bonaventura, Ed. Quaracchi VIII, 152–158, in Cod. 2000 mit Erweiterungen).
(70r-201v) Cursus de corpore Christi.
(202r-204v) Leer.