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Wien, Österreichische Nationalbibliothek (ÖNB), Cod. 3068
BELLIFORTIS (lateinisch/deutsch)
Olim: Philos. 181    Papier   noch 94 Bl.   295/300×215/220   Südwestdeutschland (Breisgau?), um 1430/1432
 Wasserzeichen:  Metadaten  |  Vorschau Bilder  |  Einzelbilder: fol. 3, 26, 93.
Literatur zur Handschrift (Anzahl: 44)

Das schadhafte Papier (Wasserflecken v. a. im oberen Bereich) und der Einband wurden 1934 und 1993 restauriert, die Handschrift wurde neu gebunden und v. a. an den Blatträndern vielerorts ergänzt. Die folgenden Angaben nach rezenter Zählung. – Lagen: 8. V80 + VI92 + (VI-12) + (II-2)94. Zwischen 92/93 sind alle 12 Blätter einer nachträglich beschriebenen Lage und die beiden Gegenblätter zu 93 und 94 herausgerissen. Der Beschreibung bei Menhardt II, 857 zufolge fehlten im älteren Zustand 23 Blätter. Der Bellifortis (1-92) jedenfalls lagenmäßig noch intakt. Auf Ir (neuer VS) aufgeklebtes Doppelblatt aus Papier mit Notizen auf der ersten und zweiten Seite (1909).
Schrift:
(1r-94v) Schriftraum: Zeilenzahl: 1-30   
Schriftart: Bastarda
(1r-92r) Haupttext in Bastarda von einer Hand. Kein Schriftspiegel, die Bildbeischriften unregelmäßig ein- oder mehrzeilig (max. 30 Zeilen). – (90v, 91v-94v) spätere Zusätze von mehreren Händen (15./16. Jh.).
Ausstattung: Illuminiert   Figürlicher Buchschmuck   Wappen   Federzeichnung(en)   
174 Bildseiten mit kolorierten Federzeichnungen auf 92 Blättern, meistens mit (mehr oder weniger ausführlichen) Begleittexten.



Einband: 15. Jh.     Gotisch     Schmucklos        
Einband restauriert
Einbandfragment oder Abklatsch vorhanden
Wohl Originaleinband (zeitnahe abgelöste Spiegelblätter). Rotes, durch Schnitte und Abrieb beschädigtes Leder auf neuem Leder über Holz. Auf dem VD ca. in der Mitte eine runde Fehlstelle, die nach Menhardt II, 857 auf ein herausgebrochenes Zeichen deuten könnte. Auf dem Einbandrücken Reste von Titel- und Signaturenschildern der Hofbibliothek. – Restaurierung 1934 und 1993.


Schreibsprache: Westalemannisch (Schwarzwaldbereich), evtl. Nordostschweiz: Zürich? (freundl. Auskunft von Nigel Palmer, Oxford). Alemannisch (Menhardt II, 857). – Ehemalige VDS und HDS (Wien, ÖNB, Fragm. 361): zwei zusammengehörende Pergamentfragmente eines lat. Prozessprotokolls, in ähnlicher Schrift wie der Bellifortis, wohl ebenfalls 2. Viertel 15. Jahrhundert. Darin werden als Beteiligte genannt: Ru/edinus Tyerßperg vom schloßse (Schluchsee), Ma/etza Bo/ekin, deren Tochter Margaretha Bo/ekin, deren Sohn Ellmar Bo/ekin de Leutzkilch (Lenzkirch), Ha/edy Bu/esslin, deren Sohn Nicolaus Bu/essel, Johannes, Yrmel Gyselbrecht und H(artmannus ?) Merhart sowie die Orte Vischbach (Fischbach) in parrochia in Leutzkilch (Lenzkirch) und Tresselbach (Dresselbach) in parrochia im slu/oßse (Schluchsee, Lenzkirch, Fischbach und Dresselbach liegen nördlich des Schluchsees im Schwarzwald). Rückseitig Vermerke, wohl alle spätes 15. Jahrhundert: auf dem Stück des ehem. VDS Schuldbrief eines Jerg von Schwaichghusen (Schweighausen/Schuttertal oder Schweighouse im Elsass?) für Basthion Weber bu/’rger zuo Masmu/’nster (Masmünster/Masevaux) sowie Federprobe: Ich Jeronimus von Hod(or)ff beken das ich ... (Rest unleserlich; ein Hieronymus von Heudorf aus der Linie zu Aulfingen findet sich in den Stammtafeln bei Kindler von Knobloch 1898-1919, Bd. 2, 54; sein Vater Heinrich Sigismund von Heudorf nahm 1499 am Schwabenkrieg teil); auf dem Stück des ehem. HDS der Name H. Erdinger [14]97. Bl. 92v Wappen der Heudorf (Ho/edorf, bei Stockach, Baden-Württemberg; neben diesem Heudorf im Hegau existiert noch ein Heudorf bei Meßkirch, bei Mengen und bei Riedlingen; vgl. Erwerth 1992, 14), unkoloriert, jedoch eindeutig bestimmbar, in dieser Variante nicht vor 1452: Stammwappen (gespalten, vorn drei Heuzieher) geviert mit Wappen Langenstein (gekrönter Adler), als Helmzier männlicher Rumpf mit Schildbild und weiblicher Rumpf, beide gekrönt und mit Federbusch; vgl. Kindler von Knobloch 1898-1919, Bd. 2, 52, 57; Merz/Hegi 1930, Nr. 172; Erwerth 1992, 14-16. Bilgeri von Heudorf (1476 kinderlos verstorben), dem diese Wappenbesserung zusammen mit Hans von Heudorf († 1482) von Kaiser Friedrich III. für sich und sein Geschlecht zugestanden wurde, hatte verschiedene Pfandherrschaften der Bischöfe von Konstanz inne (1429-1444 Küssenberg, 1444-1468 Tiengen), vgl. Erwerth 1992, 35-42, 45-48; 1468 hat er durch seine Auseinandersetzungen mit der Stadt Schaffhausen Anlass zum Waldshuterkrieg gegeben (österreichische Parteigänger versus Eidgenossen), vgl. Erwerth 1992, 40 f. – Federproben (15. Jh.) mit Namen: 18r Item Hans (auf das Zelt von Bild Nr. 35 geschrieben); 92r Hans Hanreich Hanrich (?); 93r Item Hans Schmid (?) sol X g(ulden) und brott sol XI g(ulden) und quer am Seitenrand sieben grob skizzierte, unkolorierte Wappen (Ansätze zu einem Quaternionenadler? Vgl. Schubert 1993). Das in der Mitte der Reihe platzierte Reichswappen mit einköpfigem Adler und dem Herzschild Österreich/Burgund erlaubt eine Datierung in die Zeit Maximilians I. als römischem König (1486-1508); 93v Hans Hanrich von Oftringen (bei Olten, Kanton Basel-Land) und Johan Han Han; 94r Berchtold her zu Stouffen [14]94 (?) (der Name mehrmals variiert; Stammsitz bei Müllheim, Baden-Württemberg; ein Berthold zu dieser Zeit nicht nachgewiesen bei Schwennicke 1986, Taf. 126 f.); 94v: Item Hans Hanri(ch) von Oftringen riter, Graffe Ru/odolf von Ha[...] (bricht ab), Graffe Ru/odolf von Sulcz (die Grafen von Sulz hatten das erbliche Hofrichteramt in Rottweil inne, vgl. Schwennicke 1992, Taf. 98-100), Item Han Henigen und Fragment eines nicht mehr zu erkennenden Wappens. – Um 1510 dürfte Ludwig von Eyb d. J. zum Hartenstein (1450-1521) Einblick in die Handschrift genommen haben, denn er kopierte aus Cod. 3068 vermutlich drei Bildseiten (Bildprogramm, Nr. 34, 73, 76) in sein umfangreiches, aus verschiedenen Quellen zusammengetragenes 'Kriegsbuch' (Erlangen).
Vorbesitzer 1: Maximilian I., Kaiser (1459-1519)
Nr. 307 und 308 im Inventar der Innsbrucker Burg beschrieben als Zway streittbuecher mit figuren auf papier in rot gepunden das ain hat pucklen; Cod. 3068 ist bei Gottlieb 1900, 107, als Nr. 307 identifiziert (s. auch Ernst Trenkler in: Stummvoll 1968, 46); beim zweiten Kriegsbuch handelt es sich um Wien 5278.
Vorbesitzer 2: Ferdinand von Tirol, Erzherzog von Österreich (1529-1595)
Vorbesitzer 3: Schloss Ambras , bis 1665
Vorbesitzer 4: Wien, Hofbibliothek, 1665, Ms. Ambras. 230
1665 mit dem Großteil der Ambraser Handschriften nach Wien in die Hofbibliothek überführt (1r Ambraser Signatur). Verzeichnet bei Lambeck II, 847 (zusammen mit zwei weiteren Bellifortis-Handschriften und einem Büchsenmeisterbuch, Ms. Ambras 228, 229, 231 = Wien 5278, Wien 5518, Wien 3069).
Regina Cermann (Forschungsstand 2014, MeSch VI; Vorarbeiten: Veronika Pirker-Aurenhammer; Redaktion Katharina Hranitzky 2022); WZ Maria Stieglecker
"Menhardt II", "Cermann 2013", "Göttingen 63", "Wien 5278", "Kopenhagen", "New York 104", "Basel", "Mutz 1973", "Quarg 1967", "Florenz", "Wolfenbüttel", "New York 58", "Erlangen", "Wien 6562B", "Karlsruhe", "Chantilly", "Straßburg", "München 30150", "Göttingen 64", "Wien 5518", "Rom 1889", "Innsbruck", "Sieber-Lehmann/Wilhelmi 1998", "Waldburg Wolfegg 2000", "Heidelberg", "Cermann 2014", "Rom 1986", "Rom 1888", "Wien 3062", "Meurer 1991", "Kindler von Knobloch 1898-1919", "Erwerth 1992", "Merz/Hegi 1930", "Schubert 1993", "Schwennicke 1986", "Schwennicke 1992", "Gottlieb 1900", "Stummvoll 1968", "Lambeck II", "Wien 3069", "MeSch VI"
alle Initien
(Ir) Schulte, Heinrich Konkordanzlisten (Wien, März 1909). Auf Ir geklebtes, unnumeriertes Doppelblatt aus Papier.
(1r-92r) Konrad Kyeser Bellifortis, dt. (Übersetzungsstrang 3a). Sog. gestörte bzw. veränderte 7-Kapitel-Fassung, vereinzelt lat. Einschübe (Bildbeischriften auf 23v, 24r, 43r, 44v, 47r, 66r, 68v, 71v, 84v, 90v; Namensbeschriftung bei Nr. 166-172).
(90v, 91v-92r) Nachtrag: Spottlied der Landsknechte über die Schweizer, entstanden nach der vom Schwäbischen Bund verlorenen Schlacht bei Dornach, 22.7.1499 (Ed. Sieber-Lehmann/Wilhelmi 1998 nach Cod. 3068: 101 [Abb.], 104-107 [Nr. 12]).
(92v-94v) Diverse Zusätze. Wappen (92v, 93r, 94v), Federproben und Federskizzen; auf den Fälzen der herausgeschnittenen Blätter Reste von nicht identifizierbarer Beschriftung (dt.), sicher nicht zum Bellifortis gehörend.