Zusammengesetzte Handschrift: mehrere Teile von verschiedenen Schreibern, daher z. B. Lagen 10 und 11 etwas kleiner; die erste und die beiden letzten Lagen eventuell später hinzugebunden. – Lagen: : IV7 + II11 + IV19 + 2. VI43 + V53 + 2.VI77 + IV85 + 3. VI121 + 5.IV161 + III167 + VI179 + V189 + (VI-1)200 + IV208. Bl. I erstes Blatt der ersten Lage. Reklamanten in der 4.-8., 12., 14.-17. Lage. – Wasserzeichen: Typus Piccard, Ochsenkopf, Abt. VI, Nr. 248 (1413-1415); Ochsenkopf, Abt. VIII, Nr. 65, 70 (1413/1414, 1414-1417); Ochsenkopf, Abt. IX, Nr. 21-30 (1406-1430); Ochsenkopf, Abt. IX, 37 (1403/1404, 1459/1460; vgl. Wien, ÖNB, Cod. 4947); schließlich Typus Piccard, Blatt/Blume/Baum, Abt. II, Nr. 1023 (1414).
Rubriken, rote Strichelung, Unterstreichungen, Paragraphzeichen, diverse Nota-Hände. – Ein- bis fünfzeilige, vorwiegend rote Lombarden. – (21r) fünfzeilige kopfstempelartig rot-blau gespaltene Initiale. – (20r) zu Beginn der Vita sanctae Hildegardis eine Fleuronnéeinitiale: zweizeilige rote Lombarde mit tintenfarbenem Knospenfleuronnée: im Binnenfeld einfache Knospenleiste, als Außenornament teilweise zu parallelen Stricheln vereinfachter und dadurch "zusammengequetscht" wirkender Perlenbesatz, dabei an den "Ecken" der Initiale großere "Blasen" bzw. tropfenförmige Elemente mit Kern; gekernte Motive des Weiteren als Ausgangspunkt der wiederum mit Stricheln besetzten und in engen Häkchen endenden äußeren beiden von je drei Fadenfortsätzen; Endmotive der beiden mittleren Ausläufer: diagonal durchkreuzter Kreis bzw. kleine Herzblüte. Zusatzmotive: diagonal abstehende kurze Federranken und eine Sternblüte zwischen den Serifen. – (VDS) winziges unkoloriertes Köpfchen mit kegelförmigem Hut. – (105r) im Anschluss an De scismate ecclesie (86r-104v) eine Vorzeichnung für eine ganzseitige Illustration. – Zur Textillustration insgesamt 10 Randzeichnungen (teilweise gruppierbar), zoomorph bzw. figürlich, in Feder umrissen und in zarten Farben laviert; Höhe: 20-70mm (z. B. 1v: oberste Sonne 20 mm; 64v: Wolf mit Gans, 70 mm). Die Zeichnungen einfach, aber von geübter Hand und lebendig.
Bildprogramm:
Randzeichungen
1v = Drei Sonnen (nummeriert) mit Geißelstrahlen, die obere unkoloriert, die mittlere blau, die untere rot mit zusätzlichen roten Strahlen: die ersten drei der neun Sonnen, die den römischen Senatoren in der Nacht erscheinen [aus Godefridus Viterbiensis, Pantheon: Primus sol erat splendidus et fulgens super omnem terram. Secundus sol splendidior et magnus etheream habens claritatem. Tertius sol sanguineo colore, flammiger, igneus et terribilis …].
42v = Turm auf felsiger Anhöhe mit spitzem, kugelbesetztem Dach und (perspektivisch unsicheren) Balkonen, der für die drei Türme aus der sechsten Vision der hl. Hildegard steht [aus Theodoricus Epternacensis, Vita s. Hildegardis: 42r … Prima tria habebat habitacula … In secunda vero turri tria habitacula erant … 42v In tercio autem eiusdem turris habitaculo communis populus fuit … Sed et tertia turris tria propugnacula habebat …].
64rv = (64r) stehender rötlicher Hund mit gefletschten Zähnen (Vorzeichnung teilweise sichtbar), sitzender braun-gelber Löwe, sich aufbäumender Schimmel, springendes Wildschwein; (64v) aufgerichteter grau-blauer Wolf mit Gans im Maul: Verbildlichungen der fünf zukünftigen Zeitalter [aus Gebeno Eberbacensis, Speculum futurorum temporum: De cane igneo qui significat primum tempus … De fulvo leone qui significat secundum tempus… De equo pallido qui significat tercium tempus… De nigro porco qui significat quartum tempus … De griseo lupo qui quintum tempus significat …].
175r = Zwei Männer, barfüßig und mit fliegenden Gewändern, zerhacken und verspeisen einen dritten Mann, von dem nur noch ein blutender Torso übrig ist; daneben eine Schlange und ein Hund: Menschenfresser, die von Alexander dem Großen entdeckt werden [aus Methodius Olympius, Prophetien: Comedebant enim hii omnes speciem omnem coinquinacionis (!) vel spurcibilem (!) id est canes, mures, serpentes …].
Vorzeichnung
105r = Zwei ineinander verwundene Schlangen mit Männerköpfen, von denen der linke eine spitze Kopfbedeckung trägt: das monstrum Babylonis (vgl. 104v), das das Kirchenschisma symbolisiert.
Hs. enthält 2 Fragmente
VDS
Fragment Pergament 2. Hälfte 14. Jh.
Fragment fast ganz abgelöst.
Schrift:
Schriftraum: Spaltenzahl: 1 Zeilenzahl: 25
Schriftart: Textualis
HDS
Fragment Pergament 1. Hälfte 14. Jh.
Schrift:
Schriftraum: Spaltenzahl: 2 Zeilenzahl: 63
Schriftart: Ältere Kursive
Einband: 15. Jh.
Einbandfragment oder Abklatsch vorhanden
Heller Halbledereinband über Holzdeckeln. Spuren einer Langschließe, Blattweiser. Auf VD (Holzteil) Reste eines roten Stempels und (auf dem Leder) gitterförmige Leimspuren, darunter orationes psalmorum (vgl. Beschriftung auf dem Unterschnitt) sowie die Tengnagel-Signatur N° 190. Brüchiger Rücken, mit Papier überklebt. – Falzfragmente (Pergament, lat., 14. Jh.).
Schreibsprache: VDS und deutsche Anteile der Texte des Hugo von Trimberg laut Menhardt II, 1077 "rheinfränkisch", das Vorspiel zum Renner "auf ostfränkischer Grundlage". – Die Wasserzeichen (um 1415) lassen, in Kombination mit der Prophezeiung für das Jahr 1420 auf 19v (die Jahreszahl allerdings nachgetragen) und der Datierung des prophetischen Textes auf 183v-184r (1424), dessen Schreiber auch den Großteil der Handschrift geschrieben hat, auf eine Entstehung der Handschrift in der Zeit um 1415/1425 schließen. Vorbesitzer 1: Köln, Kloster St. Pantaleon, 15. Jh. Die Handschrift stammt aus dem Benediktinerkloster St. Pantaleon in Köln. (VDS verso) teilweise radierter Besitzvermerk possessor est huius libri etc., darüber Liber sancti Panthaleonis in Colonia, (Iv) Eintrag Liber sancti Panthaleonis ..., (123r) Notahand mit betonendem Vermerk de clero Coloniensi. Genannt bei Krämer 1989, Teil 2, 451 (unter Köln, St. Pantaleon). Diese Provenienz deutet zusammen mit der Mundart der deutschen Textteile auf eine Entstehung der Handschrift in Westdeutschland (wohl rheinfränkisch). Vorbesitzer 2: Nidbruck, Caspar von (1525-1557), 6. Jahrzehnt 16. Jh. Kaspar von Niedbruck dürfte die Handschrift während seiner Tätigkeit für die Wiener Hofbibliothek (1551-1557) erworben haben. Sie gehörte zum Bücherkonvolut, das er 1554 an Matthias Flacius Illyricus nach Regensburg verlieh; vgl. die Flacius-Zeichen auf Ir (F, mit Abklatsch auf dem VDS) und Iv (Φ, eher Kreis mit Kreuz). Zur Sammlertätigkeit Niedbrucks siehe Menhardt I, 7 f., sowie Stummvoll 1968, 67 ff. Vorbesitzer 3: Wien, Hofbibliothek, 1576, L 3654 Spätestens seit 1576 dauerhaft in der Hofbibliothek: (HDS) Blotius-Signatur L 3654 (vgl. Menhardt, Blotius, 54).
Henricus de Langenstein (de Hassia): Carmen pro pace / Invectiva contra monstrum Babylonis (ed. Hardt 1715; der dort fehlende Teil bei Kneer 1893, 127-129).
(105r-109r)
Leer.
(109v)
Versus duo de Antichristo.
1
109v
Annis bis mille post partum virginis ...
(110r-125r)
Henricus de Langenstein (de Hassia): De futuris periculis ecclesie ex dictis s. Hildegardis (ed. Sommerfeldt 1909, 43-61).
(125v-129v)
Leer.
(130r-163v)
Psalmen.Psalmorum singulorum initia praefixis argumentis et subiectis aliquot orationibus.
(164r-170v)
Hugo von Trimberg: Laurea sanctorum (ed. Grotefend 1870, 279-284, Text 282-284, nach dieser Handschrift).
(170v)
Versus tres de aetatibus mundi.
(170v)
Distichon de lingua latina.
(171r-171v)
Hugo von Trimberg: Der Renner: Vorspiel zwischen Jugend und Alter (ed. Ehrismann 1911, 1-3; siehe Handschriftencensus, Nr. 6603).
(172r-183r)
Ps. Methodius Patarensis: Prophetien (ed. Sackur 1898, 60-96; siehe auch Rudolf 1976, 72, Anm. 25). Praefixum est Sancti Hieronymi de Methodio testimonium.
(183v-184r)
Magister Laurentius: Prophetien auf das Jahr 1424 (Kneupper 2016, 226, Sigle V7). Vaticinium comprehensum 40 hexametris leoninis.
1
183v
Annis bis binis mundo suppono ruinis ... — ... prestet solamen nobis dans pneumatis amen.
(184r-198v)
Leer.
(199r-206r)
Salutationes metricae ad Beatam Mariam Virginem super psalterium.