Schadhaftes Papier vor allem an den Rändern, verschiedentlich modern ausgebessert bzw. verstärkt. – Blattmaße v. a. beim Lagenwechsel 164/165 und 173/174 deutlich schwankend. – Die originale Lagenzusammensetzung stellenweise aufgrund von enger Bindung, Brechung und Verklebung nicht sicher feststellbar, jedoch folgert aus Lagenzählungen und ungestörtem Verband von Bild- und Textseiten das folgende Lagenschema: (VIII+1)17 + 7.VI101 + III107 + VI119 + V129 + 2.VI153 + (VI-1)164 + (V-1)173 + (VI+2-2)185 + (V+2)197 + (V-3)204. Gestörte Abfolge: 102 gehört inhaltlich hinter 107. Nach 172 1 Blatt, nach 181 2 Blätter herausgeschnitten. Einzelblätter: 10, 154 (oder 155?), 198, 199, 200; weitere, durch Fälze zu Doppelblättern verbundene Einzelblätter (darunter möglicherweise auch falzverstärkte Doppelblätter): 1/17, 174/185, 186/197, 201/204. – VS (Bl. I) und NS (Bl. I*) bilden jeweils ein Doppelblatt mit VDS und HDS. – Zwei unterschiedliche originale Lagenzählungen in den ersten 14 Lagen (1-164: Bellifortis-Teil ohne die letzten Nachträge): (1) gültige Zählung in römischen Ziffern jeweils am Ende der Lagen 1-13 (I bis XIII), einmal jedoch fehlerhaft auf dem falsch eingebundenen zweiten Blatt der 9. Lage (102v); (2) unvollständige und offensichtlich verworfene Zählung jeweils am Anfang der Lagen 3 (tercius) und 8-14 (quartus [!] bis decimus), in der 9. Lage wiederum fehlerhaft auf 103r (aufgrund des an falscher Stelle eingefügten Bl. 102).
Teil 1
1-164 Papier um 1418/1420
Schrift: 2 verschiedene Schriften/Schreiber
Schrift 1
(1r-163r) Schriftraum: Zeilenzahl: 1-41
Schriftart: Bastarda Hauptschreiber. Kalligraphische Bastarda mit durchgezogenen Schlaufen und unterschiedlich starker Cadellenbildung (Kanzleischrift). Vorlage: Chantilly. Der dort vorhandene Tintenwechsel bei den Kapitelüberschriften u. ä. wurde in Cod. 5278 nur gelegentlich am Rande vermerkt (29v Rot, 100v und 162r Rot bzw. niger). Die Zuschreibung von Quarg 1965, 300, und Quarg 1967, XXVI f. an dieselbe Hand wie Göttingen 64 ist irrig. – Ein- bis mehrzeilige Beitexte, ganzseitig beschriebene Seiten: 1r, 8r, 55v, 125r, 126r, 161v (hier 18-41 Zeilen).
Schrift 2
Schriftart: Bastarda Nachträge von mehreren (neun?) Schreibern des 15. Jahrhunderts: Teil 1: 1r, 12r, 27r, 49r, 69v, 123v, 129r, 139r, 162r, 162v, 163r, 163v; Teil 2: 173v; Teil 3: 185v, 199v, 201v, 202v, 203v, 204v. Die jüngste Hand (129r, 139r, 162v, 163v, 199v, 201v, 202v, 203v), die z. T. in Geheimschrift übergeht, zeigt bereits schlaufenloses d (laut Loewe 1988 "a practised hand", "style of Ashkenazic rabbinic character").
In Teil 1 und Teil 2 insgesamt 220 (204+16) ganzseitige kolorierte Federzeichnungen: Illustrationen zum Bellifortis und themennahe Bilder. 180 Darstellungen gehören zur Grundausstattung, beim Rest handelt es sich um Nachträge des 15. Jahrhunderts. Hinzu kommt eine Ritzzeichnung (154v; Nachtrag). Die Illustrationen wurden von drei Zeichnern ausgeführt.
In der folgenden Auflistung sind die Nachträge der Übersicht halber in runde Klammern gesetzt (jeweils ohne Beitexte): Nr. 18, 19, 30, 62, 64, 66, 68, 70, 72, 74, 80, 110, 137, 139, 144, 156, 158, 160, 162, 164, 185, 187a, 201, 203-220. Weitere nachträgliche Ergänzungen finden sich bei Nr. 38 (Bretter), 59 (Vasen), 120 (Haken mit Handgriff), 165 (Pfeil), 178 (untere Ringhälfte), 181 (Haken mit Handgriff), 186 (teilweise Kolorierung), 192 (Distel).
Kapitel 1 (Einleitung 1r)
1. 1v = Saturn. Nach rechts gewandter Reiter in Grau (für "niger"). Kahlköpfig, mit wallendem Bart. Wie die folgenden Planetengötter und Alexander (Nr. 2–8) ein Sternenbanner haltend, auf dem Sattel bzw. der Satteldecke jeweils Bezeichnung mit dem ersten bzw. den ersten beiden Buchstaben des Planeten. Beitext 2r. Vgl. Göttingen 63, 6r, Chantilly, 2r (nach links reitend).
2. 3r = Jupiter. Nach links gewandter Reiter in grünlichem Ocker (für "viridis"). Jugendlich-bartlos, mit einer Haube in Form eines Herzogshutes und einem Rock mit weiten, gezaddelten Ärmeln. Beitext 2v. Vgl. Göttingen 63, 7r, Chantilly, 2v (nach rechts reitend).
3. 4r = Mars. Nach links gewandter, geharnischter Reiter. Pferdedecke und Federbusch des Helms in Rot (für "cruore depictum"). Beitext 3v. Vgl. Göttingen 63, 8r, Chantilly, 3v (nach rechts reitend; auf der Pferdedecke mehrfach ein mit Federn verziertes "e").
4. 5r = Sol. Nach links gewandter Reiter in Gelb (für "aureus"). Bärtig, mit Bügelkrone; der Wams mit wegflatternden Ärmelbändern verziert. Beitext 4v. Vgl. Göttingen 63, 9r, Chantilly, 4v (nach rechts reitend; auf dem Banner eine Sonne).
5. 5v = Venus. Nach rechts gewandter Reiter in Blau (für "blavius"). Jugendlich-bartlos und blond gelockt. Beitext 6r. In der Faksimile-Ausgabe von Göttingen 63, 9ar ergänzt nach der Kopie in Innsbruck, 11r. Vgl. Chantilly, 5v (ohne gezaddelte Ärmel).
6. 7r = Merkur. Nach links gewandter Reiter in Altrosa (für "bruno"). Bärtig und blond gelockt. Beitext 6v. Vgl. Göttingen 63, 10r, Chantilly, 6v (nach rechts reitend; auf der Pferdedecke mehrfach "r" im Kreis).
7. 7v = Luna. Nach rechts gewandter Reiter in Hellgrau (für "albus"). Jugendlich-bartlos; Haare, Fahne (mit Mond) und ein Arm gelb bzw. grün-gelb laviert. Um die Gestalt ist in flüchtiger Federzeichnung der Mondkreis angedeutet. Beitext 8r. Vgl. Göttingen 63, 10v, Chantilly, 7v.
8. 8v = Alexander der Große. Nach links gewandter Reiter in grünlichem Ocker (für "viridis"). Bärtig, mit dreizackiger Krone, Zepter und Sternenbanner. Beitext 9r. Vgl. Göttingen 63, 12r, Chantilly, 10r (nach rechts reitend).
9. 9v = Sonne, Mond und die vier Winde. Die Winde als trompetenblasende, kopfüber aus einem Wolkenband ragende Engel, darüber Mond und Sonne, deren Gesichter verkehrt (auf dem Kopf stehend) eingezeichnet sind. Beitext 10r. In der Faksimile-Ausgabe von Göttingen 63, 12ar ergänzt nach der Abschrift in Innsbruck, 15r. Vgl. Chantilly, 8v (Sonne und Mond vertauscht, nicht kopfüber), Straßburg, 38r (wie hier Mond links, Sonne rechts, Gesichter aber nicht mehr kopfüber), Göttingen 64, 93r (wie Straßburg).
10. 10v = Speerspitze "Meufaton" (hier MENFATON), eine als wundersam beschriebene riesige Speerspitze, nach rechts oben weisend. Beitext 11r. Vgl. Göttingen 63, 11v (mit Figur), Chantilly, 11r (korrekt Meufaton; nach links oben weisend), Straßburg, 38v (ebenfalls irrtümlich Menfaton, nach rechts oben weisend).
11. 11r = Brote als Kraftnahrung. Acht Stück, rund und oval geformt, in zwei Reihen angeordnet. Beitext 11r.
12. 11v = Blendung des Feindes durch reflektierende Sonnenstrahlen. Zwei Schwertkämpfer unter einem Wolkenband mit Sonne, von der ein Strahl zum Schild des rechten Kriegers führt; auf diesem ist nochmals die Sonne eingezeichnet. Beitext 12r. Vgl. Göttingen 63, 18v, Chantilly, 12r.
13. 12v = Sogenannter Streitwagen des Porus. Ribalde mit bestacheltem Kopf ("caput armatum"). An der Deichsel drei Krieger. Beitext 13r. Vgl. Göttingen 63, 27r (mit zwei Figuren), Chantilly, 13r (mit drei Figuren).
14. 13v = Wagenburg. In vier Reihen diagonal angeordnete Karren (nach rechts oben ausgerichtet). Beitext 14r. Vgl. Göttingen 63, 17r (fünf Karren mit Deichsel, einer an der Spitze, nach links oben ausgerichtet), Chantilly, 13v (nach links oben ausgerichtet).
15. 14v = Sogenannter Sporn für sechs Pferde ("calcar"). Rautenförmiges Gerüst mit gezahnter und sporenförmiger Eisenbewehrung. Beitext 15r. Vgl. Göttingen 63, 15r (ohne Beitext), Chantilly, 14v (mit Beitext), Wien 3068, Nr. 112.
16. 15v = Kampfwagen für zwei Pferde. Balkengerüst mit vier (statt sechs) Rädern, acht Büchsen und seitlicher Bewehrung durch Lanzen und gezackten Stacheln. Beitext 16r. Vgl. Göttingen 63, 24r, Chantilly, 15v (mit vier Rädern).
17. 16v = Ribalde mit drehbarem Kopfteil, dieser mit Schutzschirm, drei vorderständigen Lanzen und zwei seitlichen Sicheln ("archimageira"). An der Deichsel und Führungsstange je ein Krieger. Beitext 19r. Vgl. Göttingen 63, 19v (unfigürlich), Chantilly, 17v (mit Figuren).
(18). 17v = Schutzschilde oder Holzplatten für Geschützgestell. Zwei übereinander angeordnete querrechteckige Holzplanken mit Eisenarmierung (wie Nr. 19). Nachtrag. Vgl. Weimar (I–IV), 2v.
(19). 18r = Schutzschild (wie Nr. 18), darunter zugehöriger Holzbock (Wandlafette?). Nachtrag. Vgl. Weimar (I–IV), 2v.
20. 18v = Sogenannter Krebs ("cancer"). Vierrädriger eiserner Kampfwagen mit zwei gleichartigen, stachel- und sichelbewehrten Fronten, auf diesen jeweils ein Augenpaar. Beitext 17r. Vgl. Göttingen 63, 13r (sechsrädrig), Chantilly, 18v (vierrädrig).
21. 19v = Ribalde mit gekrümmter Front, vorderständigem Dreizack und Sichelbewehrung, diagonal nach rechts oben ausgerichtet. An der Deichsel drei Krieger. Vgl. Göttingen 63, 22v ("ferinda palestra", unfigürlich). Beitext 20r fälschlich zu "mirenula" (!; nicht in Göttingen 63, aber in Göttingen 64a, 8r "murenula"). Vgl. Chantilly, 21v (nach links oben ausgerichtet, mit Figuren, korrekter Text zu "ferinda palestra" auf 22r), Straßburg, 42r (mit falschem Beitext zu "miremula"!).
22. 20v = Dreieckiger Kampfwagen mit vier Rädern und Stachelbewehrung. Im Gestänge balancieren drei Krieger (in cheteria achletarum statt "niceteria athletarum", in Wien 6562B, 9v heißt es Nicheteria zu/o teu/oczh des volkes Rau/ober). Beitext 21r. Vgl. Göttingen 63, 14r (unfigürlich), Chantilly, 23r (mit Figuren).
23. 21v = Ribalde "defendiculum iudaicum". Etwas verballhornte Darstellung ohne Radsicheln, auch sind die vorderständigen Schwerter nicht fixiert. An der Deichsel zwei Krieger. Beitext 22r. Vgl. Göttingen 63, 23r (unfigürlich, von Quarg 1967 als "orientalischer Kampfwagen" bezeichnet), Wien 6562B, 13v (unfigürlich; dt. Beitext Der chair haißt der Ju/oden chair vnd den fu/ort Judas machabeus wider die philisteos ...), Chantilly, 24r.
24. 22v = Keilförmiger geschlossener Kampfwagen ("Streitwagen Alexanders des Großen") mit Sichel- und Stachelbewehrung und sechs Büchsen. Beitext 22r. Vgl. Göttingen 63, 16r, Chantilly, 25r.
25. 23r = Ribalde mit sechs vorderständigen gezackten Stacheln und Radsicheln ("cararis severa" oder "scharfer Brecher"). An der Deichsel zwei Krieger. Beitext 23r. Entspricht annähernd Göttingen 63, 26v (anderer Beitext, unfigürlich). Vgl. Wien 6562B, 12v (lat. und dt. Beitext, unfigürlich), Chantilly, 26r (derselbe Beitext, mit Figuren).
26. 24r = Ribalde mit Schild, drei vorderständigen Lanzen und Radsicheln. Vom Schild großteils verdeckt zwei Krieger, ein dritter an der Deichsel. Beitext 23v. Vgl. Göttingen 63, 20v (unfigürlich), Chantilly, 27r (mit Figuren).
27. 25r = Setzschild mit Einkerbung und Auflegevorrichtung für eine Lanze. Der höhenverstellbare Beschlag hier funktionslos zu weit unten angebracht. Auf dem Schild in der Mitte Wappen (unkoloriertes Tatzenkreuz), dahinter großteils verdeckt vier Krieger. Beitext 25r. Vgl. Göttingen 63, 128r, rechtes Bildfeld (mit einer Figur; Wappen: schwarzes gemeines Kreuz auf ockergelbem [goldenem] Grund, umgeben von einem schwarzen Bord), Chantilly, 27v (zwei Figuren; Wappen: schwarzes Tatzenkreuz auf weißem [silbernem] Grund).
28. 26r = Fünfspießiger fahrbarer Schild ("ferreus eculeus"). Dahinter die Köpfe eines Kriegertrupps mit Lanzen aufragend. Beitext 25v. Vgl. Göttingen 63, 127v, linkes Bildfeld (unfigürlich), Chantilly, 28r (mit Figuren).
29. 27r = Brett mit Seil (Reißgerät). Darüber nicht zugehörige Notiz. Vgl. Göttingen 63, 125r, linkes Bildfeld (mit Beitext; bei Quarg 1967 "Entmannungsgerät"), Chantilly, 28v (mit falschem Beitext), Wien 3068, Nr. 102 (ohne Text).
(30). 27v = Zwei Riemen mit jeweils einem Eisenhaken. Funktion unklar, eventuell Spann- oder Reißriemen für Pferde, wohl in Ergänzung zu Nr. 31. Nachtrag. Vgl. Weimar (I–IV), 320v.
31. 28r = Reißzeug bzw. Trense: diverse Eisenbestandteile und zwei Lederriemen. Beitext 27v. Vgl. Göttingen 63, 125r, rechtes Bildfeld (ohne Beitext; von Quarg 1967 fälschlich als Folterwerkzeuge gedeutet), Chantilly, 29r (Beitext 28v). Zur Funktion s. auch Beitext zur entsprechenden Illustration in Wien 3068, Nr. 43.
32. 29r = Im Querformat: Kampfwagen mit Plankenverkleidung und Radsicheln ("currus belligerus"). Darin ein Kriegertrupp, bewaffnet mit Lanzen, Morgenstern, Hellebarde. Auf dem vorderen der beiden Zugpferde ein weiterer, einen Morgenstern schwingender Krieger. Beitext 28v. Vgl. Göttingen 63, 25v (abweichend, unfigürlich), Chantilly, 29v (mit Figuren).
37. 34r = Sogenannte Hohe Brücke ("orcus altitudo pons"). Fahrbare Ebenhöhe mit Deckelklappe, daran ein Eisendorn. Fälschlich rechts oben ein drittes Rad hinzugemalt. Beitext 33v. Vgl. Göttingen 63, 49r, Chantilly, 34v (ebenfalls mit drittem Rad).
38. 35r = Sogenannter Löffel ("coclear"). Standfeste Aufstiegswippe in Form einer Sprossenleiter, mit einem Greifhaken und einem Seil. Beitext 34v. Vgl. Göttingen 63, 35v, Chantilly, 35v. – Darüber zwei Bretter, offensichtlich nachträglich hinzugefügt (in Chantilly jedoch bereits vorhanden), jeweils mit Farbbezeichnung gel und ocker koloriert.
40. 37r = Turmgerüst auf einem Fahrgestell mit drei Schutzplanken. Vorgesehene Schutzverkleidung aus Rindshäuten zu Demonstrationszwecken weggelassen. Beitext 36v. Vgl. Göttingen 63, 44v (auf 45v mit hölzerner Schutzverkleidung), Chantilly, 38r.
41. 38r = Sogenannter Großer Molosserhund ("molossus grandis"). Fahrbare Ebenhöhe mit Deckelklappe, darauf zwei Mauerkrallen und ein Zugseil. Beitext 37v. Vgl. Göttingen 63, 44r, Chantilly, 39r.
42. 39r = Sogenannter Viereckiger "Spieß" ("obelus quaternus"). Fahrbare (zwei- statt vierrädrige) Ebenhöhe mit Schutzschild, dieses separiert darüber dargestellt. Beitext 38v. Vgl. Göttingen 63, 41r, Chantilly, 40r (mit vier Rädern), Straßburg, 67r (mit zwei Rädern).
43. 40r = Geschlossene Ebenhöhe mit hochklappbaren Seitenwänden. Hier standfest, die Klappen jeweils mit zwei Mauerkrallen und einem daran befestigten Zugseil. Beitext 39v. Vgl. Göttingen 63, 31r (auf Rädern), Chantilly, 41r (auf Rädern), Straßburg, 59v (ohne Räder).
49. 46r = Fahrbarer Schutzschild für Armbrustschützen. Darüber zugehörige Lanze mit Greifhaken für den Rückzug, wobei die wohl zum Einhaken vorgesehenen Schlitze im Schild fehlen. Beitext 45v (als Eigenkonstruktion von Kyeser ausgewiesen). Vgl. Göttingen 63, 41v (abweichend, mit zwei Sichtfenstern, ohne Lanze), Chantilly, 47r (mit fünf Schlitzen), Straßburg, 49r (ohne Schlitze).
50. 47r = Sogenannter Steinbock-Sprossenbaum ("eglocerontis frutex"). Rammbock mit neun Querhölzern zum Anfassen und metallenem Kopfteil zum Durchbrechen von Toren. Beitext 46v. Vgl. Göttingen 63, 29r, Chantilly, 48r (elf Sprossen), Straßburg, 46r (zwölf Sprossen).
52. 49r = Steinschleuder, deren Reichweite regulierbar ist, mit drehbarem Mast (?). Der fahrbare Sockel hier sechseckig, das für den Wurfstein vorgesehene Behältnis eine Art Morgenstern, der an einer längenverstellbaren Kette hängt. Der als Gegengewicht mit Sand zu befüllende Korb gleicht einem Stoff- oder Lederbeutel. Die ursprünglich vorgesehene Hakenstange und das Spannseil fehlen, der als separates Detail gezeigte Drehbolzen wurde in seiner Funktion missverstanden. Beitext 48v. Vgl. Göttingen 63, 51v (abweichend), Chantilly, 50r (sechseckiger Sockel, Korb, sechseckige Metallplatte mit Haken, ohne Eisenstange und Spannseil), Straßburg, 50v (Stoff- oder Lederbeutel).
53. 50r = Zwei Überwurfstege für Gräben. Beide viereckig, mit fünf Rosettenbeschlägen, Metallspießen an den Seiten und weit vorkragender Stange mit Eisendorn, an dem wiederum ein Zugseil befestigt ist. Dazwischen eine Gabelstange und zwei Bohlen. Beitext 49v. Vgl. Göttingen 63, 51r, Chantilly, 52r (vier Beschläge), Straßburg, 77v (fünf Beschläge). In Wolfenbüttel, 42r als setz tartschen mit hagken bezeichnet.
54. 51r = Drei Setzschilde. Oben ein größerer mit Fahrgestell und drei Sichtfenstern; unten zwei kleinere, der linke mit einem aufstellbaren Ständer, der rechte mit zwei. Beitext 50v. Zur Form des oberen Schildes vgl. Göttingen 63, 41v (anderer Beitext), die beiden unteren stimmen inhaltlich mit Göttingen 63, 34r überein (formal jedoch abweichend). Vgl. Chantilly, 52r, Wien 3068, Nr. 134.
55. 52r = Sogenannte Nürnberger Schere ("vipera fera longa"). Scherengitterförmig ausziehbare Zange zur Mauerverteidigung, mit zwei eisernen Haken vorn und zwei um Rollen gewickelten Zugseilen hinten. Greifarme hier fälschlich nach außen gekehrt. Beitext 51v. Vgl. Göttingen 63, 82r (Greifarme nach innen), Chantilly, 53r (Greifarme nach außen).
56. 53r = Balken zur Überbrückung von Gräben. Mit vierzackiger Metallspitze, die offenbar in die Erde gestoßen werden soll. Beitext 52v. Nicht in Göttingen 63. Vgl. Chantilly, 53v, Wien 3068, Nr. 129.
Kapitel 3 (Einleitung 54v)
57. 54r = Fahrbare geschlossene Ebenhöhe mit Auslegerkran ("coclear"). Ohne Beitext. Vgl. Göttingen 63, 32v (mit Beitext), Rom 1994, 54r (mit Beitext), Chantilly, 54r (ohne Beitext).
58. 55r = Schwerer fahrbarer Rammbock. Das vordere metallverstärkte Ende eingekerbt, das hintere mit vier Stangen bewehrt. Ohne Beitext. Nicht in Göttingen 63. Vgl. Wien 6562A, 19v (ohne Beitext, drei Stangen), Chantilly, 54v (ohne Beitext, vier Stangen), Wien 3068, Nr. 131.
59. 56r = Drei liegende Fässer. Zu befüllen mit Kalk, Seifenlauge, Pech, Mist oder Schutt. Beitext 55v. Daneben wurden drei vasenförmige Gefäße von anderer Hand hinzugefügt (Nachtrag), wobei man diverse Füllungen durch Striche bzw. Lavierung angedeutet hat (mittlere Vase: Eisensporne?). Vgl. Göttingen 63, 116v (fünf aufrecht stehende Fässer), Chantilly, 55v (drei Fässer, jeweils gekippt, aus den oberen beiden Rauch aufsteigend, keine vasenförmigen Gefäße), Wien 3068, Nr. 103 (drei aufrecht stehende Fässer).
60. 57r = Angriff mit einer Steigleiter. Vor einer Burg zwei Krieger, die die aus Sprossengliedern mit eingebauten Rollen bestehende Leiter ("scala cum rotulis abintra") mit zwei Seilen an der Mauer befestigen. Beitext 56v. Vgl. Göttingen 63, 67v (unfigürlich), Chantilly, 56v (mit Figuren).
61. 58r = Erstürmung eines Turms mit einer beweglichen Einholmleiter. Ein Krieger mit geschlossenem Helmvisier erklimmt die Sprossen der sich abspulenden Leiter. Das eigentlich am unteren Ende baumelnde, noch zusammengefaltete Sprossenbündel hier als funktionsloses Accessoire mißverstanden. Auf der Burg zwei Verteidiger, der vordere zündet eine Handbüchse. Beitext 57v. Vgl. Göttingen 63, 67r (ohne Verteidiger), Chantilly, 57v (mit zwei Verteidigern), Straßburg, 117v (nur ein Verteidiger, Sprossenbündel missverstanden).
(62). 58v = Kanonenheber mit Seilwinde und Flaschenzug mit sechs Rollen, die Büchse mit abgebildet. Nachtrag. Vgl. Heidelberg 126, 26v, Weimar (I–IV), 191r. Eine ähnliche Konstruktion auch in München 197 I, 2r, vgl. Hall 1979, 2r. Oberhalb des Beitextes zu Nr. 63 ein dazugehöriges (?) Eisenbestandteil.
63. 59r = Leiter aus aneinandergeschnallten Riemen, die an ein Kopfstück, gebildet aus zwei auf Rädern laufenden Mauerkrallen, gehakt werden soll. Die hierfür notwendige Stange und das Seil fehlen, stattdessen hängt die Leiter an einer viergliedrigen Kette. Beitext 58v. Vgl. Göttingen 63, 68r (mit Gabelstange und Seil zum Hochschieben bzw. -ziehen), Chantilly, 58v (ohne Gabelstange, mit Seil und Kette), Straßburg, 96v (ohne Gabelstange und Seil, mit Kette).
(64). 59v = Flaschenzug mit vier Rollen. Links eine Stange mit zwei Schrauben, eine Mauerkralle mit Rollenführung sowie zwei Flügelmuttern. Nachtrag.
65. 60r = Steckleiter aus zwei Teilen, das rechte mit einer Mauerkralle. Dazwischen eine Verbindungssprosse, eine dazugehörige Eisenklammer und eine Doppelgabelstange. Beitext 59v. Vgl. Göttingen 63, 69r (drei Teile, zwei Verbindungssprossen), Chantilly, 59v (zwei Teile, eine Verbindungssprosse).
(66). 60v. = Strickleiter mit einer Mauerkralle. Nachtrag.
67. 61r = Strickleiter mit zwei gegabelten Mauerkrallen; rechts eine Gabelstange. Beitext 60v. Vgl. Göttingen 63, 71r, Chantilly, 60v.
(68). 61v = Steckleiter, aus drei Teilen zusammensetzbar, das oberste mit zwei Laufrollen am Kopfende. Nachtrag. Ähnlich Weimar (I–IV), 317r.
69. 62r = Sogenannte Schlange. Scherengitterförmiges Steiggerät mit zwei gegabelten Mauerkrallen. Beitext 61v. Vgl. Göttingen 63, 70v, Chantilly, 61r.
(70). 62v = Eisenbestandteile von Steiggeräten (?): Beschläge, Haken, Schrauben mit Muttern, kurzes Rohrstück. Vgl. die entsprechenden, größer wiedergegebenen Stücke unter Nr. 205 f. Nachtrag.
71. 63r = Steiggeräte: eine gegabelte Mauerkralle auf einer zusammengeschraubten Stange, ein Haken mit Seil, drei Aufhängevorrichtungen (?), eine Schraube. Zweizeiliger Beitext 62v fälschlich dem Beitext von Göttingen 63, 70r entnommen (3. und 4. Zeile). Vgl. Göttingen 63, 72r, Chantilly, 61v (passender Beitext).
(72). 63v = Strickleiter mit seitlich verschraubten Sprossen. Rechts eine Mauerkralle mit Laufrolle und Seil. Nachtrag. Vgl. Weimar (I–IV), 317v.
73. 64r = Steigbaum mit gegabelter Mauerkralle und Seil. Hier ohne die zugehörige Gabelstange. Beitext 63v (nur die ersten beiden Zeilen). Vgl. Göttingen 63, 70r, Chantilly, 62r (vierzeiliger Beitext), Straßburg, 95v (zweizeiliger Beitext).
(74). 64v = Zusammensteckbare Sprossenleiter mit zwei Laufrollen am Kopfende. Rechts zugehörige Gabelstange. Nachtrag.
75. 65r = Rechts Steigbaum mit Mauerkralle, auf einem vierrädrigen kastenförmigen Wagen mit Fensterläden. Beitext 64v. Links eine Sprossenleiter. Vgl. Göttingen 63, 71v (ohne Leiter), Chantilly, 62v-63r (Steigbaum und Sprossenleiter auf separaten Seiten), Straßburg, 97r (Steigbaum und Sprossenleiter auf einer Seite), Wien 3068, Nr. 135.
76. 65v = Zwieback (biscotti) als lange haltbare Nahrung bei Belagerungen. Drei runde und drei längliche Stücke. Beitext 65v. Nicht in Göttingen 63. Vgl. Chantilly, 63v (nur Text), Straßburg, 102v (Text, drei runde und zwei längliche Stücke), Kopenhagen, 21r (dt. Text und Bild).
77. 66r = Durchbrechen von Mauern mit einem Hammer. Ein Angreifer unter einem Schutzschirm hämmert mit einer Spitzhacke vor dem Tor einer Burg. Beitext 65v. Vgl. Göttingen 63, 35r (kombiniert mit Auf- und Absteigen an Türmen, s. Nr. 100), Chantilly, 64r.
78. 67r = Angriff unter Schutzschirmen von einem Graben aus. Vor einer Burg mehrere Angreifer unter drei geflochtenen Schutzschirmen, der Graben unkenntlich. Beitext 66v. Vgl. Göttingen 63, 43r, Chantilly, 65r.
79. 68r = Verteidigung mit einem steinbeladenen Karren. Unterhalb von zwei Burgen läßt eine gekrümmte Gestalt den Wagen in felsigem Ambiente auf zwei Angreifer herabrollen. Beitext 67v. Vgl. Göttingen 63, 84r, Chantilly, 66r (zwei Gestalten, die den Karren gegen eine angreifende Truppe schieben).
(80). 68v = Ein zackiges Eisenstück, durch das ein Seil gefädelt ist (Lot?, Messgerät?), ein Quadrant und eine Steinbüchse. Nachtrag.
81. 69r = Herabreißen einer hochgezogenen Zugbrücke. Vor einer Burg suchen zwei Angreifer unter dem Schutz von (nachträglich hinzugefügten?) geflochtenen Schirmen eine Zugbrücke mittels einer Hakenstange herunterzuziehen; an dieser montierte Seile flattern funktionslos zur Seite fort. Auf dem Torturm ein Verteidiger. Beitext 68v. Vgl. Göttingen 63, 50r (kombiniert mit Angriff unter Weidenkörben, s. Nr. 82), Chantilly, 66v (drei zusätzliche Krieger ziehen an den Seilenden; keine Schutzschirme), Straßburg, 119v (zwei Angreifer mit Schutzschirmen ziehen mittels zweier Stangen an der Zugbrücke).
82. 70r = Angriff unter Weidenkörben. Vor einer Burg, von der herab zwei Verteidiger Steine werfen, sind die Angreifer paarweise unter zwei haubenförmigen Weidenkörben versteckt. Beitext 69v. Vgl. Göttingen 63, 50r (kombiniert mit Herabreißen einer Zugbrücke, s. Nr. 81), Chantilly, 67v.
83. 71r = Brechgerät für Tore. Ein fahrbarer Schild mit zwei lanzenförmigen Rammeisen in Angriffsposition vor einer Burg. Auf dem Schild flüchtigst skizziert mehrere Angreifer (Vorzeichnung?). Beitext 70v. Vgl. Göttingen 63, 34v (Gerät ohne Schutzschirm, keine Burg), Chantilly, 68v–69r (ohne Figuren), Straßburg, 115r (ein Angreifer), Wien 3068, Nr. 137.
84. 72r = Zwei Turmbläser auf einer Burg (ohne Fahnenschmuck an den s-förmigen Trompeten). Als Beitext (71v) Rezept zur Vertreibung von Ungeziefer mittels eines Magnetsteins. Vgl. Göttingen 63, 113r (mit abweichender Illustration; ein Turmbläser kommt ebd., 94r, beim sogenannten Nabelschnurzauber vor, s. Nr. 85, Chantilly, 69v (an den Fanfaren Fahnen mit bayerischen Rauten bzw. einköpfigem Reichsadler), Straßburg, 119r (ohne Fahnenschmuck), Wien 3068, Nr. 28.
85. 73r = Sogenannter Nabelschnurzauber. Rezept für das Fertigen einer "Diebskerze" auf der Basis von Nabelschnurschleim, Werg und Wachs. Vor einer Burg drei nackte Knaben, der linke auf einem Stecken reitend, der mittlere mit einer brennenden Kerze, der rechte eine Trompete in S-Form blasend. Auf dem Mauerturm der Burg eine schlafende Gestalt zur Verdeutlichung der Wirkungsweise der Kerze (Einschläfern des/der zu Bestehlenden). Beitext 72v. Vgl. Göttingen 63, 94r (mit zwei Knaben, statt eines schlafenden Turmwächters ein Turmbläser), Chantilly, 70v (mit vier Knaben und einem schlafenden Wächter; an der Fanfare des Knaben Fahne mit böhmischem Löwen).
86. 74r = Ausräuchern der Feinde. Vor dem Tor eines kirchenartigen Gebäudes ein als Brennmaterial dienendes Kissen. Ohne Wiedergabe des Rauches. Beitext 73v. Vgl. Göttingen 63, 119r, Chantilly, 71v (ohne Rauch).
87. 75r = Im Querformat: Eiserner vogelähnlicher Kampfwagen, in Angriffsposition vor einer Burg. Beitext 74v (Dampnula dampna ferens ferreiis [!] peciis premunita ...). Vgl. Göttingen 63, 38v ("Cattus grandis", mit anderem Beitext), Chantilly, 72v-73r (identischer Beitext, Bild auf einer Doppelseite), Straßburg, 122v (Text und Bild im Hochformat, mit Figur), Wien 3068, Nr. 136.
88. 76r = Angriff mit Hilfe eines durch Schwefel, Harz und Salpeter entfachten Waldbrandes. Um eine Burg ein Kranz von stark stilisierten brennenden Bäumen. Beitext 75v. Vgl. Göttingen 63, 107r, Chantilly, 74r.
89. 76v = Spannwinde für das sogenannte Tönende Eisen (s. Nr. 90). Vgl. Göttingen 63, 80v (mit Bolzenwerfer, vgl. Nr. 90), Chantilly, 74v.
90. 77r = Sogenanntes Tönendes Eisen. Schwerer Bolzenwerfer mit vierzackiger Spitze, auf einer Lafette mit Spannseil. Beitext 76v. Vgl. Göttingen 63, 80v (mit Spannwinde, vgl. Nr. 89), Chantilly, 75r.
Kapitel 4 (Einleitung 77v)
91. 78r = Metallfigur mit eingefüllten Essenzen (Amber) zur Verbreitung von Wohlgeruch in Palästen. Auf einem Löwen stehender König in Rüstung, mit Krone, Schwert und einem Palmwedel in der Rechten. Beitext 77v. Nicht in Göttingen 63, aber in Göttingen 64a, 158v. Vgl. Chantilly, 76r.
92. 79r = Verteidigung durch eine Fallbrücke. Vor einer Burg ein auf der Brücke stehender Krieger mit geschlossenem Helmvisier und einer Hellebarde; links mehrere in den Graben gestürzte Angreifer. Beitext 78v. Vgl. Göttingen 63, 89r (auf der Brücke zwei Krieger), Chantilly, 77r (ein Krieger).
94. 81r = Ablenkung von Wachhunden. Vor einer von drei Gänsen bewachten Burg ein Jüngling, der drei Hunden Köder zuwirft. Beitext 80r. Vgl. Göttingen 63, 85v (ohne Köder, auch im Text abweichend; mit einem Reiter zur Illustrierung eines Aufputschmittels, s. Nr. 187), Chantilly, 78v (vier Hunde), Straßburg, 114r (drei Hunde).
95. 82r = Schutz eines Zeltes durch Erdpfähle (von den Türken erfolgreich gegen König Sigismund von Ungarn eingesetzt). Rotes, von zahlreichen spitzen Pfählen umgebenes Zelt mit Wimpel, ohne emblematische Kennzeichnung. Rechts im Hintergrund eine Burg. Beitext 81v (vierzeilig). Vgl. Göttingen 63, 85r (am Zelt Wimpel und Wappen mit einköpfigem Reichsadler, Drehknoten, "W", "e"; fünfzeiliger Beitext), Chantilly, 79v (Wimpel mit einköpfigem Reichsadler, 80r vierzeiliger Beitext).
96. 82v = Fußangeln und Eisenschuhe. Links vor einer Burg mehrere im Boden steckende Eisenangeln. Unten zwei Paar Riemenschuhe, die davor schützen sollen. Drei Beitexte 83r. Vgl. Göttingen 63, 129r (Schuhe), ebd., 126r, rechtes Bildfeld (Angeln), Chantilly, 80v–81r.
97. 84r = Fallgruben mit Erdpfählen. Eine Burg mit umlaufender, wehrgrabenartiger und teilweise verdeckter Grube, darin die spitzen, eisenbewehrten Erdpfähle. Beitext 83v. Vgl. Göttingen 63, 86r, Chantilly, 81v.
98. 84v = Zwei Fußangeln. Die linke missverständlich auf einem Bottich (statt auf einem Holzstamm) befestigt, die rechte separiert über einer Metallhalterung. Beide ohne Spannschnüre. Beitext 84v. Vgl. Göttingen 63, 126r, rechtes Bildfeld, Chantilly, 82v (ohne Schnüre).
99. 85r = Weitreichendes Leuchtfeuer. Eine Burg mit (unkenntlicher) Laterne am Turm. Aus einem kleinen Erker schlagen Flammen, die hier eher Rauchschwaden gleichen, weil man die Kolorierung vergessen hat. Davor ein Ritter mit einer an einem langen Stab brennenden Leuchte. Beitext 85r. Vgl. Göttingen 63, 94v, Chantilly, 83v (Turmleuchte rot koloriert).
100. 85v = Auf- und Absteigen an einem Turm. Ein Mann, der in einer Seilschlinge vom Torturm einer Burg herabhängt. Beitext 85v. Vgl. Göttingen 63, 35r (kombiniert mit Durchbrechen von Mauern mit einem Hammer, s. Nr. 77), Chantilly, 84v.
101. 86r = Drei sogenannte Spanische Reiter. Übereinander angeordnet zwei Bretter und ein Rundholz, jeweils auf Böcken und teilweise mit eisernen Stacheln bewehrt. Beitext 86r. Vgl. Göttingen 63, 46r (Variante), Chantilly, 85r.
102. 87r = Wundermittel gegen Zahnweh bzw. Verwundbarkeit durch Waffen, zur Brunstzeit von Tieren gewonnen. Als Illustration ein Fuchs und ein Hirsch, hier als eine Art Jagdszene. Zwei Beitexte 87r. In Göttingen 63 nur Texte (133v, 72v). Vgl. Chantilly, 85v, 86r (zwei separate Bilder).
103. 87v = Im Querformat: Schwerer Bolzenwerfer ("sonifer compactus"). Kurzes Geschoss mit Eisenspitze neben einer Lafette. Darunter separiert und gekippt die Antriebsvorrichtung mit Seilwinde und Pendelgewicht. Beitext 87v. Vgl. Göttingen 63, 79v (Typus abweichend), Chantilly, 87r (Typus identisch).
104. 88r = Spannbock für schwere Armbrüste. Der Flaschenzug hier missverständlich in Form eines Kettengliedes. Beitext 88r. Vgl. Göttingen 63, 77r, linkes Bildfeld (Flaschenzug), Chantilly, 87v (Kettenglied).
105. 88v = Sogenannte Spannjungfer ("virgo trahendi"). Spannvorrichtung für Armbrüste. Separiert dargestellt ein Holzsockel, ein Flaschenzug mit einer Seilspindel (unkenntlich) und eine Handkurbel. Alles auf dem Kopf stehend. Beitext 88v. Vgl. Göttingen 63, 76v, linkes Bildfeld (detaillierter, richtig stehend), Besançon, 80r (richtig stehend), Chantilly, 88r (richtig stehend), Wien 3062, 211r (richtig stehend). Kopfüber: Straßburg, 64r, München 30150, 54r, Wien 5518, 58r, Göttingen 64, 55r, Rom 1889, 54r, Wien 3068, Nr. 107, New York 104, 86r.
106. 89r = Armbrust und Sperrad für den Spannvorgang. Beitext 89r. Vgl. Göttingen 63, 76v, rechtes Bildfeld, Chantilly, 88v.
107. 89v = Armbrust mit einem Lendengurt zum Spannen. Beitext 89v. Vgl. Göttingen 63, 74v, linkes Bildfeld, Chantilly, 89r.
108. 90r = Zwei Spannriemen für Armbrüste, mit Schnallen, einer mit einem Zughaken. An einer dritten Schnalle scheinbar eine Schlinge befestigt, bei der es sich aber um einen missverstandenen Eisenhaken handelt. Zwei Beitexte 90r (erster identisch mit demjenigen von Nr. 107). Vgl. Göttingen 63, 77r (Illustration und ein Text abweichend), Chantilly, 89v–90r (Eisenhaken; ein Text abweichend), Wien 3068, Nr. 44 (zwei entsprechende Riemen, jedoch als Spannriemen für Pferde bezeichnet).
109. 91r = Zwei Armbrüste. Die obere mit einer Sehne und zwei Pfeilen, die untere mit zwei Sehnen und fünf Pfeilen, von denen drei vorwärts und zwei rückwärts abgeschossen werden sollen. Zwei Beitexte 90v. Vgl. Göttingen 63, 74v, rechtes Bildfeld, und 75r, rechtes Bildfeld (mit vier Pfeilen), Chantilly, 90v–91r.
(110). 91v = Armbrust-Spannwinde mit Handkurbel. Nachtrag.
111. 92r = Armbrust mit zwei Sehnen und vier Pfeilen, von denen zwei vorwärts und zwei rückwärts abgeschossen werden sollen. Beitext 92v. Vgl. Göttingen 63, 75r, rechtes Bildfeld, Chantilly, 91v.
112. 93r = Links: Sogenannter Singender Pfeil, mit hohlem, durchlöchertem Aufsatz zur Erzeugung des Tons. Beitext 92v. Vgl. Göttingen 63, 75v (mittlerer Pfeil), Chantilly, 92r, Wien 3068, Nr. 61 (oben). – Rechts: Tragbarer Spannbock für schwere Armbrüste. Beitext 92v. Vgl. Göttingen 63, 78r (zwei Varianten, die linke mit dem entsprechenden Text), Chantilly, 92v, Wien 3068, Nr. 61 (unten).
113. 94r = Drei Hohl- bzw. Armbrustpfeile. Der linke Pfeil mit einem hakenförmigen Kopfstück, der rechte mit pfeilförmiger Spitze. Beitext 93v. Vgl. die Pfeiltypen in Göttingen 63, 75v und 76r, jeweils rechtes Bildfeld, Chantilly, 93r, Wien 3068, Nr. 62.
114. 95r = Steinschleuder (als Schleuder Davids bezeichnet). Der Stein mit Farbbezeichnung gel und entsprechend gelb koloriert. Beitext 94v. Vgl. Göttingen 63, 128v, rechtes Bildfeld, Chantilly, 93v.
115. 96r = Steinschleuder mit einem Stab. Ein in der linken unteren Ecke befindliches kringelförmiges Gebilde soll eigentlich einen Stein vorstellen. Beitext 95v. Vgl. Göttingen 63, 128v, linkes Bildfeld, Chantilly, 94r (mit separatem Stein), Straßburg, 61v (ohne Stein).
116. 97r = Links oben: Setzschild für zwei Kämpfer. Rechts daneben: Pfeil mit einem Ei auf dem ausgehöhlten Schaftkopf. – Der Beitext 96v bezieht sich nur auf den Schild. Zu diesem vgl. Göttingen 63, 128r, zum Pfeil vgl. 75v, jeweils linkes Bildfeld, Chantilly, 94v, 95r, Wien 3068, Nr. 65.
117. 98r = Vierspießiger Schild und Morgenstern. Zwei unterschiedliche zum Schild gehörenden Haltegriffe (?) sind unterhalb von diesem abgebildet. Beitext 97v. Vgl. Göttingen 63, 127r, rechtes Bildfeld, Chantilly, 95v.
118. 99r = Degen und Rundschild mit Eisendorn als Stoßwaffen. Beitext 98v. Vgl. Göttingen 63, 127r, linkes Bildfeld, Chantilly, 96r.
119. 100r = Sogenannter Griechischer Igel (Bezeichnung nach Wien 6562B, 14v). Kampfwagen, hier aufrecht stehend und ohne Räder, mit dreiseitiger Eisenstachelbewehrung und rückseitig vier Stangen. Ohne Beitext. Nicht in Göttingen 63. Vgl. Chantilly, 96v, Wien 3068, Nr. 86, Besançon, 90r, stets ohne Beitext.
120. 101r = Drei Handbohrer unterschiedlicher Größe. Beitext 100v. Nicht in Göttingen 63. Vgl. Chantilly, 97r, Wien 3068, Nr. 42. Darüber ein Haken mit Handgriff (blassere Federzeichnung mit abweichendem Kolorit). Nachtrag, wie Nr. 181 (Dietrich; vgl. Florenz, 58r).
Kapitel 5 (Einleitung 100v)
121. 101v = Salat(h)iel. Der "Herr über die klaren Wasser" (omnis lymphae dominus) bzw. Wasserengel hier als Jüngling ohne Schwingen, aus zwei Krügen Wasser ausgießend dargestellt. Beitext 101v. Vgl. Göttingen 63, 52r (mit Flügeln), Chantilly, 98r (mit Flügeln), München 30150, 14r (ohne Flügel), Göttingen 64, 14v (ohne Flügel), Wien 3068, Nr. 50 (mit Flügeln).
122. 102r = Im Querformat: Übersetzen von schwimmenden Pferden mit Hilfe eines Spannseils. Auf dem letzten der drei Pferde ein gertenschwingender Reiter, eine zweite Figur betätigt am rechten Ufer die Seilwinde. Beitext 107v (gestörte Ordnung: Beitexte von Nr. 122 und Nr. 128 vertauscht). Vgl. Göttingen 63, 55v, Chantilly, 101v (korrekter Beitext), Straßburg, 84v (vertauschter Beitext).
123. 103r = Geschlossene Schiffsbrücke. Mit vier Seilen am Ufer befestigt. An missverstandenen Details (untere Auszahnung, Nahtstrichlierung) ist die ursprüngliche Form aus zusammengehängten Schiffen noch ablesbar. Beitext 103r. Vgl. Göttingen 63, 53r, Chantilly, 99r.
124. 104r = Im Querformat: Schiffsbrücke. Mehrere, durch Eisenklammern miteinander verbundene Schiffe, mit vier Seilen am Ufer befestigt. Beitext 103v. Vgl. Göttingen 63, 53v, Chantilly, 99v.
125. 105r = Im Querformat: Fassbrücke. Brückensteg auf schwimmenden Fässern, mit ausklappbaren, krallenbestückten Verankerungsplatten. Am Ufer zwei Bäume. Beitext 104v. Vgl. Göttingen 63, 61r, Chantilly, 100r.
126. 106r = Im Querformat: Schiffsbrücke mit beweglicher (scherengitterförmiger) Verbindung und zwei Auflagebrettern. Mit zwei Seilen am Ufer befestigt. Der zugehörige Beitext ist verkehrt herum auf 105v geschrieben. Vgl. Göttingen 63, 60r (ohne Bretter), Chantilly, 100v.
127. 107r = Im Querformat: Fahrbare Schiffsbrücke. Vierrädriges, im Wasser stehendes, gedecktes Gefährt mit zwei ausklappbaren, jeweils mit einem Seil versehenen Verankerungsplatten. Beitext 106v. Vgl. Göttingen 63, 59r, Chantilly, 101r.
128. 108r = Schwimmhose, mittels Schnallen vorn zusammenzugürten und durch einen langen Schlauch aufblasbar. Beitext 102v (gestörte Ordnung: Beitexte von Nr. 128 und Nr. 122 vertauscht). Vgl. Göttingen 63, 66r, Chantilly, 102r (korrekter Beitext), Straßburg, 81r (vertauschter Beitext).
129. 109r = Schwimmkissen, vor den Bauch zu schnallen, mittels langem Schlauch aufblasbar. Beitext 108v. Vgl. Göttingen 63, 55r, Chantilly, 102v.
130. 110r = Schwimmhose, mittels Bändern und Schnallen zusammenzugürten und durch einen langen Schlauch aufblasbar. Beitext 109v. Vgl. Göttingen 63, 63v (Variante mit vier Schnallriemen), Chantilly, 103r.
131. 111r = Schiff mit Schaufelrad- und Seilwindenantrieb (?). Beitext 110v. Vgl. Göttingen 63, 54v, Chantilly, 103v, Wien 3068, Nr. 99.
(139). 117v = Rohrleitung. Schematische Darstellung eines mehrfach rechtwinklig geknickten Rohres, dessen Ende auf die gegenüberliegende Seite reicht. Nachtrag.
140. 118r = Taucher in einem ledernen Schwimmanzug, mit Helm, in Wasserfläche nach rechts schreitend. Beitext 117v. Vgl. Göttingen 63, 62r, rechte Figur, Chantilly, 107r.
141. 118v = Taucher in einem ledernen Schwimmanzug, mit einer Atemblase, in Wasserfläche nach links schreitend. Beitext 118v. Vgl. Göttingen 63, 62r, linke Figur, Chantilly, 107v.
142. 119r = Zwei Paar Schneereifen. Das obere mit Strickbindung, das untere aus langen, um die Füße zu bindenden Strohbündeln. Beitext 119r. Vgl. Göttingen 63, 62v, Chantilly, 108v.
(144). 120v = Messgerät (Setzwaage). Ein Y-förmiges Brett mit Lot an einem Seil. Nachtrag. Vgl. die Darstellung im Bauhüttenbuch des Hans Hammer aus Werd, Wolfenbüttel, Herzog August Bibliothek, Cod. Guelf. 114.1 Extrav., 6r Dis ist ein wege[,] berg vnd dal mit zu wigen.
145. 121r = Rohrleitung für ab- und wiederaufsteigendes Wasser. Am Ende des durch einen Behälter führenden Rohres links ein polygonaler Aufsatz (rudimentärer Rest eines Brunnens) bzw. rechts ein Trog. Die Talsenke durch drei flüchtig skizzierte Bäume angedeutet. Beitext 120v. Vgl. Göttingen 63, 54r, Chantilly, 110v.
146. 121v = Ein nach links gewandter Jüngling leert einen Krug aus. Die flüchtig skizzierte, hohe Spitzhaube auf seinem blondgelockten Haupt offensichtlich nachgetragen. Beitext 121v. Unklare Bedeutung: bei Quarg 1967 Ausleeren von Quecksilber in Teichwasser (vgl. Text Göttingen 63, 60r, nicht illustriert), bei Eberhard König (in: Tenschert 1990, Nr. 20) ein Arzt (?) als Illustration für ein Rezept gegen Pfeilgift (München 30150, 72r). – Im Beitext heißt es hier unverständlich Seruum sagittinium (in Chantilly, 111r sagittinum; in München 30150, 72r, Göttingen 64, 72v, Wien 5518, 73v, Wien 3068, Nr. 142, New York 104, 69r dagegen sagittuum) statt "Servum fugitivum" (so in Göttingen 63, 60r, Göttingen 64a, 54v, Innsbruck, 63r, Rom 1994, 114r, Köln, 71v, New York 58, 62v). In Karlsruhe, 97r wird der Text auf deutsch paraphrasiert: wasser zu leiten. In New York 58, 62v heißt es: Item tu zu som wein vnd wasser in ein geuaß vnd kocksilber dar jn[,] so fluch daz wasser vber aus; dazu anderes Bild (drei Putten hantieren mit Flüssigkeiten und unterschiedlichen Gefäßen, darunter ein Weinfass). Die dt. Übersetzung in Wien 3062, 238v lautet Dye natürlichen maister sprechen[:] Kocksilber In ainen teich[,] thw der verderb in[,] wann ez müeß ye auß brechen. Wolfenbüttel, 83v bietet keinen Text.
147. 122r = Steigleitung für Wasser, die links zu einer als polygonaler Turm mit drei Spitzen ausgestalteten Zapfstelle führt. Beitext 122r. Vgl. Göttingen 63, 61v, Chantilly, 111v.
148. 123r = Bad nach Philon. Badehaus mit außen liegendem Heizkessel (mit Farbbezeichnung prawn, jedoch gelb koloriert). An der Längsfront eine Schulterbogenöffnung, darin drei nackte Figuren. Beitext 122v. Vgl. Göttingen 63, 114v (detaillierter), Chantilly, 113r.
149. 123v = Bad nach Galen. Badehaus mit Treppengiebel, Rauchabzug, aufgeklappten Fensterläden und einem ebenerdig angebrachten Dampfkessel. Beitext 124r. Vgl. Göttingen 63, 114r (detaillierter), Chantilly, 114r.
150. 124v = Spielbrunnen (sogenannter Heronsbrunnen). Ein abgetrepptes Gebilde aus zwei übereinander liegenden Wasserbehältern mit drei Leitungsrohren, das oberste mit polygonaler Spitze. Beitext 125r. Vgl. Göttingen 63, 64v (detaillierter), Chantilly, 114v.
Kapitel 6 (Einleitung 125r)
151. 126v = Fliegendes Feuer. Das sackförmige, mit Pulver gefüllte Fluggeschoss über einer Abschusslafette und einer Figur, die eine Kerze hält. Darüber ein Wolkenband. Beitext 126v (126r alternative Beschreibung). Vgl. Göttingen 63, 102r (dort zu einer weiteren Raketenbeschreibung; hiesiger Text 101r), Chantilly, 118r, Wien 3068, Nr. 150.
152. 127v = Schild für Büchsen. Vierrädriges Lattenbrett mit je zwei Dreizacken an der Front und Rückseite. Beitext 128r. Vgl. Göttingen 63, 110r, Chantilly, 119v.
153. 128v = Schirm für Büchsen in Form einer fahrbaren Hütte mit aufklappbaren Seitenwänden. Beitext 129r. Vgl. Göttingen 63, 108r (mit Figur, die eine Büchse zündet), Chantilly, 120r.
154. 129v = Schild für Büchsen. Brett mit Seil, darunter separiert zwei fahrbare Böcke. Beim Brett Öffnung für Geschoss vergessen. Beitext 129v. Vgl. Göttingen 63, 110v (mit Schlitz, ohne Seil), Chantilly, 121r (ohne Schlitz, mit Seil).
155. 130v = Mehrfachgeschütz. Sechs radial angeordnete Büchsen auf einer dreh- und schwenkbaren Scheibe. Beitext 131r. Vgl. Göttingen 63, 109r, rechtes Bildfeld, Chantilly, 123r.
(156). 131r = Messgerät: Lot auf Halbkreisscheibe. Nachtrag.
157. 131v = Dreiteilige Büchse, aus der die Steine nacheinander abgeschossen werden sollen. Statt eines Gussstücks hier drei separierte Geschossrohre, die beiden äußeren jeweils mit geschwungenem krabbenverziertem Fuß. Beitext 132r. Vgl. Göttingen 63, 108v, rechtes Bildfeld, Chantilly, 123v.
(158). 132r = Büchse auf einem schwenkbaren Brett mit Gestell (Tarrasgeschütz). Nachtrag.
159. 132v = Dreifachgeschütz. Vier (statt drei) parallel angeordnete Büchsen auf einer höhenverstellbaren Lade. Beitext 133r. Vgl. Göttingen 63, 108v, linkes Bildfeld, Chantilly, 124r (vier Büchsen).
(160). 133r = Siebenfachgeschütz, die Büchsen tangential auf einer Kreisscheibe angeordnet. Nachtrag. Vgl. Zürich, 81r.
161. 133v = Oben: Fünf Explosionsgeschosse: vier glatte bzw. stachelige Kugeln und ein Fass, jeweils brennend. Beitext 134r. Vgl. Göttingen 63, 109v, rechtes Bildfeld, Chantilly, 124v. – Unten: Sogenanntes Revolvergeschütz für sechs (hier acht) Büchsen auf einer schwenkbaren Zylindertrommel. Beitext 134r. Vgl. Göttingen 63, 109r, linkes Bildfeld (sechs Büchsen, seitenverkehrt), Chantilly, 125r (acht Büchsen). – Dieselbe Kombination in Wien 3068, Nr. 146 (sechs Büchsen).
(162). 134r = Vierfachgeschütz. Die Büchsen radial auf einem Speichenrad montiert. Nachtrag. Vgl. Erlangen, 208v (unten).
163. 134v = Im Querformat: Links: brennender Baum (Baumsprengung). Beitext 135r. Vgl. Göttingen 63, 120r, Chantilly, 125v, Straßburg, 73r. Rechts: ein Krieger zündet eine Handbüchse. Ohne Beitext. Vgl. Göttingen 63, 104v, Chantilly, 126r (mit Beitext), Straßburg, 73r (ohne Beitext).
(164). 135r = Zwei trapezförmige Messgeräte mit Loten, das linke mit angesetztem Hals. Nachtrag. Vgl. die Darstellungen im Bauhüttenbuch des Hans Hammer aus Werd, Wolfenbüttel, Herzog August Bibliothek, Cod. Guelf. 114.1 Extrav., 6r Dürch disse löcher siht man hoch vnd nider bzw. Dis ist ouch ein büssen wege.
165. 135v = Oben: Brandpfeil. Neben dem Beitext ein Brandsatzsäckchen und eine Pfeilspitze, darunter (nachgetragen oder nachträglich koloriert?) die vollständige Abbildung eines Brandpfeiles. Beitext 135v. Vgl. Göttingen 63, 109v, linkes Bildfeld (zwei Pfeile, ein Brandsatz), Chantilly, 126v (nur Brandsatz und Pfeilspitze). – Unten: Pferd mit brennendem Reisig als Angriffsfeuer auf dem Rücken. Nach links, hier der Sattel brennend. Beitext 136r. Vgl. Göttingen 63, 105v (nach rechts, mit Reisig), Chantilly, 127r (nach links, mit Sattel und Reisig).
166. 136v = Leuchtkugel aus Kupfer (kupperslag). Ein nach links gewandter Reiter hält eine Stange mit der brennenden Kugel. Beitext 136v. In Göttingen 63 nur Text (90v), eine vergleichbare Illustration zur "Alexanderleuchte" ebd., 91r. Vgl. Chantilly, 129r (Beitext 128v).
167. 137r = Leuchten mit unterschiedlicher Füllung (Kampferöl, Petroleum). Zwei gegenständige Reiter halten Stangen mit den gelochten Leuchten. Beitexte 137r. Vgl. Göttingen 63, 92r und 93r (je ein Reiter, jeweils nach links gewandt), Chantilly, 127v–128r (gegenständig).
168. 137v = Kopf mit entflammbarem Schwefel. Profilansichtige, gekrönte Büste, hier ohne die aus dem Mund tretenden Flammen. Beitext 138r. Vgl. Göttingen 63, 96v, rechtes Bildfeld (ohne Krone), Chantilly, 129v (nach rechts, mit Krone, ohne Flammen).
169. 138v = Philoneus (menschengestaltiger Kerzenanzünder). Ein nackter Knabe in Schrägansicht, den Zeigefinger der Rechten an den Mund gelegt, in der Linken drei undefinierbare Gegenstände haltend. Beitext 139r. Vgl. Göttingen 63, 95v (Jüngling, das eigene Herz in der Linken haltend und darauf mit der rechten Hand weisend), Chantilly, 130r.
170. 139v = Oben: Links ein Fass, rechts ein Bodenloch, aus dem Feuer aufsteigt, überstülpt von einem (nachträglich skizzierten?) Fass. Beides soll die Suche nach vergrabenen Gegenständen durch Bodenrauch veranschaulichen. Beitext 140r. Vgl. Göttingen 63, 120v (ein Fass, daneben ein Mann, der mit einer Hacke dort, wo Rauch aus dem Boden aufsteigt, ein Loch gräbt), Chantilly, 130v (ein Fass, daneben aus der Erde vorstoßender Rauch), Straßburg, 101v (mit zweitem Fass). – Unten: Stinköfchen. Rundbau mit Rundbogenöffnung, fünf brennenden Lampen und Krabbendekor. Beitext 140r. Vgl. Göttingen 63, 115v, Chantilly, 131r. Dieselbe Kombination in Wien 3068, Nr. 160.
171. 140v = Duftöfchen. Polygonalbau mit Fialen- und Krabbendekor sowie elf Aufsätzen, aus denen die aromatisierte Luft entweichen soll. Beitext 141r. Vgl. Göttingen 63, 116r (acht Aufsätze), Chantilly, 131v.
172. 141v = Küche mit drehbarem Rauchabzug im Schornstein. Zentralbau über vierpassförmigem Grundriss, mit Treppe zu einer Schulterbogenöffnung, darin eine knabenhafte Figur, in einem Topf am Herd rührend. Beitext 141r. Vgl. Göttingen 63, 118r (unfigürlich), Chantilly, 132r (mit Figur). Die Illustration nimmt wohl auch auf das Rezept für eine Eierspeise Bezug (141r; Göttingen 63, 132v), das zusammen mit den Versen zum Rauchabzug den Beitext bildet.
173. 142r = Rauchabzug mit zugregelnder Eisenfahne. Polygonalbau mit Stufen zu einem Rundbogentor, darin eine fragmentierte Figur. Beitext 142r. Vgl. Göttingen 63, 117v (detaillierter), Chantilly, 133r.
174. 143r = Sogenanntes Geheimes Wölfchen bzw. Wagen Hildebrands von Verona (Bezeichnung nach Wien 3068, Nr. 138; auch sogenannte Wolfssäge, vgl. Wien 6562B, 11r). Ribalde mit Radstacheln und sichelförmiger Front, vorderständig sechs Stacheln und fünf Dreizackspitzen. Beitext 142v. Vgl. Göttingen 63, 25r (Variante), Chantilly, 133v.
175. 144r = Durch Zuluft angefachtes Feuer. Als Schacht dient ein pyramidaler, aufrecht stehender Hohlkörper (mit gel bezeichnet und entsprechend gelb laviert). Auf dessen Spitze steht eine männliche Figur mit Spitzhut und weist nach links auf einen turmartigen, polygonalen, brennenden Ofen, der über einem Felsen aufragt. Beitext 143v. Vgl. Göttingen 63, 122v, Chantilly, 134r (Schacht in das Erdreich eingelassen).
176. 145r = Flugdrache. Ein nach links gewandter Reiter hält den geflügelten Drachen an einer Kurbelstange. Der Drache ist mit rotem Kopf, grauem Mittelstreifen und mehrfarbigem (hier rot-grünem) Ende textgemäß koloriert. Beitext 144v. Vgl. Göttingen 63, 105r, Chantilly, 135r (anders koloriert).
Kapitel 7, Teil 1 (Einleitung 146r)
177. 145v = Stahlfeile mit Bleifüllung, um Geräuschbildung zu verhindern. Beitext 145v. Vgl. Göttingen 63, 125v, rechtes Bildfeld, Chantilly, 136r.
178. 146r = Sogenannter Halskragen (Foltergerät?), untere Hälfte spätere Ergänzung. Beitext (Vorrede zum 7. Kapitel: Ultimum tibi datur et septimum quod sic probatur). Vgl. Göttingen 63, 126r, linkes Bildfeld (ohne Beitext), Chantilly, 135v (mit hiesigem Beitext in Rot, ohne untere Ergänzung), Straßburg, 99v (mit hiesigem Beitext und mit unterer Ergänzung), Göttingen 64, 16v (mit hiesigem Beitext und mit unterer Ergänzung), Wien 3068, Nr. 46 (mit hiesigem Beitext, ohne untere Ergänzung). Laut Wolfenbüttel, 102v handelt es sich um ein Rudenpandt (Halsband für einen Molosserhund?), ebenso laut Krakau, Biblioteka Jagiellońska, Ms. Berol. germ. quart. 132, 36r.
179. 147r = Reisebehältnisse zum heimlichen Transport von wertvollen Gegenständen. Zwei sechseckige Formen. Darunter rechts zwei ausgehöhlte Brotstücke. Links ein undefinierbarer Gegenstand: möglicherweise ein Holzstrunk (zur Deutung siehe auch bei Wien 3068, Nr. 74). Beitext 146v. Vgl. Göttingen 63, 131v, rechtes Bildfeld (abweichend), Chantilly, 140v.
180. 148r = Sogenannter Florentinischer Keuschheitsgürtel (kopfüber). Literarisches Motiv aus einer Novelle des Giovanni Sercambi. Beitext 147v. Vgl. Göttingen 63, 130r, linkes Bildfeld, Chantilly, 136v (kopfüber).
181. 149r = Acht Werkzeuge: Geißfuß-Messer, Schabeisen (oder aufsetzbarer Griff für das Geißfuß-Messer?), Sägemesser oder Feile, Dietrich (Nachtrag; wie Nr. 120 [Haken mit Handgriff]), Schab- und Schneideisen, Ahle, Gelenkschere, Schabeisen "ad modum italicorum" oder Hobel? (allesamt ohne Klingenmarken). Beitext 148v. Vgl. Göttingen 63, 125v, linkes Bildfeld (mit Klingenmarken), Chantilly, 137r (mit Klingenmarken, ohne Dietrich), Straßburg, 100r (nur fünf Werkzeuge, ohne Klingenmarken).
182. 150r = Sogenannte Luftmatratze. Trapezförmiges Lederkissen mit einem Blasbalg und Troddeln an den Ecken. Beitext 149v. Vgl. Göttingen 63, 131v, linkes Bildfeld, Chantilly, 138r. In Karlsruhe, 130r als Ein reise bette bezeichnet.
184. 152r = Aufzug mit Windradantrieb (?). Gestell mit vier aerodynamischen Rotoren und einer Seilwinde, die von einer Figur auf einer Hebebühne betätigt wird. Beitext 151v. Ähnlich Nr. 189. Vgl. Göttingen 63, 134r, Chantilly, 139v.
(185). 152v = Links: ein Hufeisen und vier Eisennägel. Vgl. Göttingen 63, 130r, rechtes Bildfeld, Weimar (I–IV), 308r. Rechts: die Büchse von Nr. 186 in geschlossenem Zustand (ein Holzbehälter?). Vgl. Göttingen 63, 129v, linkes Bildfeld. Beides Nachträge.
186. 153r = Mechanische Springvorrichtung in Scheibenform (durch Ziehen an einem Seil soll ein Bild aus einer Büchse herausschnellen). Eines der vier Kompartimente ist nachträglich blau koloriert – (missverständliche Interpretation von pixide als Kanone). Das gemeinte Behältnis ist ebenfalls nachgetragen (siehe Nr. 185). Beitext 152v. Vgl. Göttingen 63, 129v, linkes Bildfeld (von Quarg 1967 als "Schießspielzeug" gedeutet), Chantilly, 140r (alle metallenen Bestandteile blau koloriert).
187. 154r = Ein jugendlicher, nach links gewandter Reiter mit einem Trinkhorn. Illustration für ein Aufputschmittel für einen Boten oder Wächter. Beitext 154r (Verse unabgesetzt). In Göttingen 63 nur Text (88r, abweichend), Chantilly, 142r (Verse abgesetzt), Straßburg, 27v (Verse unabgesetzt).
(187a). 154v = Ritzzeichnung für ein Mahlwerk. Nachtrag.
188. 155r = Kampfwagen. Lattengerüst in Aufsicht, mit zwei Rädern und gekreuzten Lanzen an den Längsseiten, die Fronten jeweils als stachelbesetzte Sicheln ausgebildet. Ohne Beitext. Nicht in Göttingen 63. Vgl. Chantilly, 142v (ohne Text, mit vier Rädern), Straßburg, 48r (ohne Text, mit zwei Rädern), Wien 3068, Nr. 97 (ohne Text, ohne Räder).
189. 156r = Aufzug mit Windradantrieb (?). Beitext 155v. Ähnlich Nr. 184, diesmal textgemäß mit zwei Rotoren. Vgl. Göttingen 63, 83r, Chantilly, 143r.
190. 156v = Ribalde mit drei vorderständigen Stacheln und gezackten Radsicheln. Ohne Beitext. Ohne genaue Entsprechung in Göttingen 63 (vgl. dort z. B. 22v). Vgl. Chantilly, 143v (ohne Text), Straßburg, 44v (ohne Text, mit Figur), Wien 3068, Nr. 139 (ohne Text, mit Figur).
191. 157r = Gebauchte gläserne (?) Vase. Unklare Bestimmung (ein Pferdemistwurm soll unter ein Glas gelegt werden). Beitext 157r. In Göttingen 63 nur Text (133v; Quarg 1967 liest "urnus" statt vermis sowie "vitam" statt vitrum), in Göttingen 64a, 157v auch mit Bild. Vgl. Chantilly, 144r, Karlsruhe, 134r (ohne Text), Wolfenbüttel, 109v (ohne Text).
192. 157v = Drei Heil- bzw. Wunderpflanzen. Illustriert durch ein Akanthusbüschel (digestiva), einen Hund mit Kreuz auf dem Rücken (Kraut namens minor canicula [?]) und eine Knollenpflanze (iringus = Distel). Daneben eine naturalistischere, distelartige Pflanze in feinerem Strich nachgetragen. Beitexte 157v. In Göttingen 63 nur Texte von 1 und 3 (132r), in Göttingen 64a, 155v zwei Illustrationen ohne Text. Vgl. Chantilly, 144v (ohne Nachtrag), Wien 3068, Nr. 40 (ohne Nachtrag).
193. 158r = Ribalde mit Radstacheln, die Front doppelsichelförmig gekrümmt und mit drei Stacheln und vier Lanzen. Darstellung auf 157v hinüberragend. Ohne Beitext. Nicht in Göttingen 63. Vgl. Chantilly, 145r (mit sechs Lanzen), ähnlich Wien 3068, Nr. 140.
194. 158v = Königin von Saba. Schräg nach links gewandt, mit Krone und Zepter, einen Spiegel mit der rechten Hand vor der Brust haltend. Beitext 158v. Vgl. Göttingen 63, 122r (dort dunkelhäutig, mit Reichsapfel in der Rechten; Text abweichend), Chantilly, 145v (hellhäutig, Spiegel mit der Rechten vor der Brust haltend).
195. 159r = Dreirädrige Ribalde mit fünf Führungsstangen, Radsicheln und zwei vorderständigen geschwungenen Sichelreihen mit teilweise gezackten Stacheln. Ohne Beitext. Nicht in Göttingen 63. Vgl. Chantilly, 146v, Wien 3068, Nr. 98.
196. 159v = Ein Bohrer und ein Messer. Die im Text noch erwähnte Geißel hier nicht abgebildet. Beitext 159v. Vgl. Göttingen 63, 129v, rechtes Bildfeld (mit Geißel), Chantilly, 147r (ohne Geißel).
197. 160r = Blätterkranz. Illustration zu einem Rezept über das Vergolden eines Kranzes mit weißen Rosen, diese hier nicht abgebildet. Beitext 160r. In Göttingen 63 nur Text (133v). Vgl. Chantilly, 147v (mit kleinen bunten Blüten), Straßburg, 104v (mit elaborierten Rosen).
198. 160v = Katzwagen mit Rammspitze sowie umseitig je zwölf Stacheln und Büchsen. Ohne Beitext. Nicht in Göttingen 63. Vgl. Chantilly, 148r (ohne Beitext), Wien 3068, Nr. 91 (ohne Beitext).
199. 161r = Oben: Ein stachelbewehrter Rundbau. Ohne Beitext (gemäß Karlsruhe, 124v ein Kampfwagen [öch ein strit wag]). – Unten: Eine Gans mit angebundenem Anker. Ohne Beitext. Ungedeutet, möglicherweise Wolfsköder. Vgl. in Göttingen 63, 131r (ein Giftrezept mit verbranntem Ysop – der entsprechende Text in Cod. 5278, 161v – und ebd. die angebundene Gans ohne Beitext, s. dazu Hinweis bei Quarg 1967 auf ein sogenanntes Wolfseisen), Karlsruhe, 121v (dt. Erläuterung Ein wolfsegessen). Vgl. Chantilly, 148v-149r (ohne Beitexte; besagtes Giftrezept auf 150r), Wien 3068, Nr. 92 (ohne Beitexte).
200. 162v = Flüssigkeitsschleuder. Gedeckter Kampfwagen mit Auslegerkran und (separiert dargestelltem) Wurfbehälter. Heckseitig vier Pferde und ein Wagenlenker. Beitext 163r durch nachträglich hinzugefügte lateinische, teilweise in hebräischer Schrift geschriebene Anweisungen zum Füllen und Reinigen des Gefäßes auf 162v ergänzt (Transkription und Übersetzung bei Loewe 1988, 350 f.). Nicht in Göttingen 63. Vgl. Chantilly, 153v (nur Text); mit Bild: Straßburg, 51v, München 30150, 50v, Wien 5518, 54r, Göttingen 64, 51r, Rom 1889, 50r, Wien 3068, Nr. 93, New York 104, 53r, Wolfenbüttel, 118v, Rom 1888, 333r, Erlangen, 218r (seitenverkehrt), Wien 3062, 98r.
(201). 163v = Drei Lederriemen mit Haken an den Enden. Nachtrag.
202. 164v = Ribalde mit sieben vorderständigen Stacheln und Radsicheln. An der Deichsel drei Figuren. Ohne Beitext, siehe aber Nr. 21 ("murenula"). Vgl. Göttingen 63, 22r (unfigürlich, mit anderem Beitext: "vetula barbata"), Chantilly, 19v (mit Beitext "murenula").
Kunsthistorischer Kommentar:
Zur Fassung des Werks
Cod. 5278 gehört mit dem vermutlich als Vorlage dienenden Codex in Chantilly und der nachfolgend angefertigten Kopie in Straßburg zusammen mit den Handschriften Rom 1994, Besançon, Budapest (Fragment: nur Planeten), Rom 1986, Wien 5342A (Fragment), Madrid, Karlsruhe (ohne Planeten), Köln (Planetenzyklus korrespondiert mit dem Blockbuch 'Die sieben Planeten' [Basel, um 1465-1470, vgl. Schweinfurt, Bibliothek Otto Schäfer, OS 1033; Vorlage jedoch älter, vgl. den Text in Wien, ÖNB, Cod. 3009, 23v-25r, 162v: Baden, 1437]), Colmar, New York 58 (lediglich Fahnen als Statthalter für die Planeten), Paris, Günther, Frankfurt sowie Rom 1888 und Wolfenbüttel, zur sogenannten geordneten bzw. kombinierten 7-Kapitel-Fassung (vgl. zu diesen beiden Fassungen Friedrich 1996, 199 f., Waldburg Wolfegg 2000, 25, Cermann 2013, besonders 6, Anm. 5, 18 f. mit Anm. 63, 94 f. [Stemma] sowie das Register unter "Fassungen, verschiedene, des Bellifortis", Cermann 2014, 245, Anm. 1). In diesen wird das in den beiden Göttinger Widmungshandschriften Göttingen 64a (um 1402) und Göttingen 63 (1405) ursprünglich auf 10 Kapitel verteilte Material vom Autor thematisch auf 7 Kapitel umgruppiert. Die geordnete 7-Kapitel-Fassung hebt wie die 10-Kapitel-Fassung mit einem Planetenzug an und behandelt im ersten Abschnitt für die Feldschlacht vorgesehene Kampfwagen, Ribalden und Schutzschilde, die stellenweise eher einem literarisch-antiquarischen Interesse entsprungen, denn der Realität entnommen zu sein scheinen (vgl. z. B. Nr. 13); siehe hierzu zuletzt Leng 2002, Bd. 1, 114-122, 133, 149 und Cermann 2013, 7-9, Anm. 13, 85. Bei einer später erfolgten, nicht mehr vom Autor zu verantwortenden gestörten/veränderten Version tauchen die Planeten hingegen als Appendix am Ende der Handschrift auf, während im ersten Kapitel Fragen der Belagerung thematisiert werden (Repräsentanten sind u. a. der deutschsprachige Codex Wien 3068 und das lateinische Exemplar Wien 5518). Eine andere Bearbeitung der geordneten 7-Kapitel-Fassung stellt eine um wesentliche Materialien erweiterte Redaktion dar, die über einen unabhängigen deutschsprachigen Text verfügt, der wahrscheinlich auf Johannes Hartlieb zurückgeht; zu ihr gehört Wien 3062.
Bildanordnung
Schon die Grundausstattung des Bellifortis in Cod. 5278 ohne die Nachträge verfügt von der Anlage her über kein formal einheitliches Layout wie etwa Wien 3068, wo die Bilder und die zumeist als Überschriften angebrachten Beitexte regelmäßig auf derselben Seite stehen, so dass sich eine unausgesetzte Bildfolge auf den Recto- und Versoseiten ergibt. Hier dagegen liegt noch der ältere Typus einer unsystematischen Verbindung von Bild und Text vor: Die zumeist nur wenige Zeilen umfassenden Beitexte stehen zwar überwiegend auf der gegenüberliegenden Seite, sie können aber auch ober-, unterhalb oder zwischen die Illustrationen gesetzt sein. Daraus resultiert ein unruhiger Wechsel von Textseiten mit großen Leerflächen und mehr oder minder üppig gefüllten Bildseiten. Generell existiert für die Bilder, auch wenn sich Text und Bild auf einer Doppelseite gegenüberstehen, kein fixer Platz auf der linken oder rechten Seite. Einige Male wurden dem Benützer für die aus der Ordnung geratenen Text-Bild-Bezüge hilfreiche Hinweise gegeben (22r: verte folium; 79r: Ad pontem [80v]; 80r: Ad castrum [81r]; 141r verte folium et habebis).
Ikonographie
Bilder sind für den Bellifortis konstitutiv. Dem Werk ist eine feststehende Ikonographie eigen, die stets eine illustrierte Vorlage notwendig macht. Der Text kann Modifikationen erfahren (schon die beiden 10-Kapitel-Versionen Göttingen 63 und Göttingen 64a differieren, größere Veränderungen finden noch einmal beim Übergang zur geordneten 7-Kapitel-Fassung statt [vgl. z. B. Rom 1994, Chantilly]), ja sogar völlig neu geschrieben werden (wie dies bei der erweiterten/neu konzipierten 7-Kapitel-Fassung [Wien 3062] oder bei der 'Kriegskunst' des Johannes Bengedans [Bengedans] der Fall ist; vgl. KdiH 4/2,3-4, 184-186 bzw. KdiH digital, Nr. 39.2.2 [Rainer Leng]), die Bilder können in der Abfolge verändert (siehe bei Wien 3068), die Folge um zusätzliche Motive erweitert werden (siehe bei Wien 3062), die einzelnen Darstellungen aber kann kein Illustrator vom bloßen Text her erschließen, es sei denn, er erfände sie neu – wodurch allerdings das Werk in seinem Kern zerstört wäre. Die Überlieferung kennt daher Codices, die allein das Bildmaterial ohne den dazugehörigen Text darbieten – Wien 3069, Wien 6562A, Weimar (I–IV), Besançon, Frankfurt, Marschalk – bzw. nach ersten Anfängen mit der Schreibarbeit wieder abbrechen (Rom 1888), auch eine Handschrift, wo die Bilder nur z. T. realisiert wurden, mit Sicherheit aber eingeplant waren, da ausreichend Freiräume für sie gelassen wurden (Heidelberg), aber es existieren keine reinen Texthandschriften mit den von Kyeser geschmiedeten Hexametern allein: Ohne Bilder sind sie nicht verständlich.
Prägend für das ikonographische Programm ist die zunächst für König Wenzel (1376-1419, als römisch-deutscher König 1400 abgesetzt) vorgesehene, letztlich aber König Ruprecht von der Pfalz (1400-1410) gewidmete Repräsentationshandschrift Göttingen 63 aus dem Jahr 1405, die noch der 10-Kapitel-Fassung angehört. Spätestens um 1410 muss die Umarbeitung zur geordneten 7-Kapitel-Fassung abgeschlossen gewesen sein, von der Rom 1994 und Chantilly die frühesten Vertreter darstellen. Cod. 5278 schließt sich unmittelbar an die letztgenannte Handschrift an. Die Quellen, die Kyeser gebraucht hat, sind bislang noch nicht bzw. nur ungenügend erforscht. (Bis heute ist man über Romocki 1895/1896, Bd. 1 nicht sehr viel weiter hinaus gelangt; einzelne Ergänzungen von Berthelot 1900, Quarg 1967, 4, Heimpel 1971, 121, 138, Berg/Friedrich 1994, 205, Anm. 125, Friedrich/Rädle 1995, 20, 33 f., Heimann-Seelbach 1996a, 271, 273, Classen 2007; vgl. auch die knappe Zusammenfassung bei Cermann 2013, 11, unter Anm. 21, sowie 28-33, mit Anm. 113, 121 f., 36 f., mit Anm. 153, 42, Anm. 181, 54, 59, Anm. 305, 80). Kyeser selbst gibt namentlich den spätantiken Autor Vegetius an, von dem sich ein Abriß des Militärwesens erhalten hat ('Epitoma rei militaris'), der allerdings – abgesehen von gelegentlich anzutreffenden Eröffnungsminiaturen zu Beginn der Kapitel – in der Regel nicht illustriert war (erst als Druck [Vegetius, siehe auch Fürbeth/Leng 2002] und dann bezeichnenderweise in Abhängigkeit vom Bellifortis). Außerdem erwähnt der Dichter einen gewissen Antonius Romanus, den er vermutlich für den Verfasser des Traktats 'De rebus bellicis' gehalten hat, er exzerpiert den 'Liber ignium' des Marcus Graecus, er kennt direkt oder indirekt den 'Liber de ingeniis spiritualibus' des Philon von Byzanz sowie einen rätselhaften "Liber amicabilis operis", worunter man sich wohl am ehesten ein alchemistisches Rezeptbuch vorzustellen hat; auch den arabischen Übersetzer einer ps.-platonischen, in Wahrheit hermetischen Schrift namens Hunayn führt er an (vielleicht beruhen seine Kenntnisse daraus aber auch nur auf 'De mirabilibus mundi' des Ps.-Albertus Magnus). Ohne Zweifel ist sein Opus magnum eine literarische "Blütenlese" (vgl. Göttingen 63, 2v, 3r) – mögliche Bildvorlagen enthält jedoch nur die seinerzeit rare Schrift 'De rebus bellicis', die jüngst mehr oder minder als das Werk eines Phantasten entlarvt worden ist (Liebeschuetz 2006). Dieser Umstand wirft allerdings plötzlich ein grelles Licht auf die vermeintlichen Absichten von Kyeser: Es ist nämlich durchaus fraglich, ob die z. T. aberwitzigen Gegenstände, die er in seinem Rüstungskatalog ausbreitet und die man nur zu gern wegen ihrer Mängel bzw. Unsinnigkeit bekrittelt hat, tatsächlich vom Verfasser ernst gemeint waren; einige, z. T. recht derbe Scherze und Rätsel sind mittlerweile als solche erkannt (vgl. hierzu Quarg 1967, Heimpel 1971, Leng 2002, Bd. 1, 129-131, Classen 2007, Cermann 2013, Cermann 2014), so etwa ein vermeintlicher Keuschheitsgürtel florentinischer Damen (Nr. 180) oder verschiedene Rezepte mit chiffriert geschriebenen Ingredienzen (z. B. 161v sedep für "pedes", in Göttingen 63, 85v sirepip für "piperis"). Der martialische Keuschheitsgürtel stellt im übrigen einen höchst aktuellen Bezug zur zeitgenössischen italienischen Literatur her: Das absurde und bis dahin vollkommen unbekannte Motiv entstammt einer Novelle von Giovanni Sercambi (1348-1424), die "über die große Eifersucht" ("De magna gelosia") eines Ehemannes handelt und vermutlich 1395 entstanden ist (Classen 2007). Als scherzhaftes Rezept hat sich auch der geheimnisvolle Nabelschnurzauber (Nr. 85) herausgestellt (Cermann 2013, 84-87, Cermann 2014, 253-258): Entgegen bisheriger Annahmen (vgl. die ausschmückenden Beschreibungen bei Quarg 1967, 60 f., Berg/Friedrich 1994, 211 f., Leng 2002, Bd. 1, 126-128) handelt es sich nicht um eine magische Geisterbeschwörung o. ä., vielmehr will man im Handumdrehen eine gegnerische Burg mit Hilfe eines sogenannten Diebslichts einnehmen (in New York 104, 10v sind denn auch unbemerkt schon Truppen in den Vorhof der Burg eingedrungen). Die geheimnisvolle Königin von Saba (Nr. 194) entpuppt sich als ein plötzlich in Aktion tretender Automat, bei dem ahnungslose Betrachter mit Ruß bzw. Dreck bespukt werden (vgl. Cermann 2014, 245-254).
Der Bellifortis ist daher keineswegs einfach als eine praxistaugliche Handreichung für das Kriegswesen zu verstehen, sondern in hohem Maße auch als eine Art Unterhaltungsliteratur, in der auf innovative Weise das Medium Bild mit einbezogen wird. Durch das Zusammenspiel von Text und Bild offenbart sich zumeist erst der Aberwitz einer Sache (so z. B. auf 92r bei der mit zwei Sehnen ausgestatteten Armbrust, mit der vier Bolzen gleichzeitig nach vorne und nach hinten abgeschossen werden sollen). Gerade weil das Absurde mit realistischen Dingen kombiniert wird (vgl. z. B. die große Blide auf 31r), ist das tatsächlich Gemeinte nicht immer sogleich zu erkennen. Kyesers Werk changiert zwischen seriösen und kuriosen Inventionen, die daraus resultierende Ungewissheit ist Teil des von ihm mit dem Leser getriebenen Spiels.
Bislang hat man bei der Suche nach den Quellen überwiegend die lateinische Überlieferung im Blick gehabt, noch aus steht u. a. ein eingehenderer Vergleich mit griechischen Poliorketikern: Hölzerne Dreizacke, Weidenschildkröten, fahrbare Holz- oder Wandeltürme, Häute als Schutz gegen Brandgeschosse, Fußeisen und als Protektion dagegen vorgesehene Holzsohlen, Falltüren, Mauerkrallen, Steinwerfer, Flaschenzüge, Leitern, Aufstiegswippen etc. kommen ähnlich bereits beim sogenannten byzantinischen Anonymus vor, der im 10. Jahrhundert eine Anweisung für den Belagerungskrieg geschrieben hat, die in weiten Teilen auf Apollodoros von Damaskus basiert (vgl. Schneider 1908/1912, Teil I). Vergleichbare Gerätschaften hält nun auch das Arsenal des Bellifortis bereit. Kriegstechnische Schriften waren zudem in der Antike in der Regel illustriert – wenn auch nicht so opulent wie bei Kyeser. Doch zeigen die Bilder, die wir aus den erhaltenen Handschriften des Anonymus bzw. Apollodoros kennen, keine ausgeprägt engen Bezüge zum Bellifortis (vgl. Paris, BnF, Ms. grec 2442 und Ms. suppl. grec 607; Rom, BAV, Cod. Vat. gr. 1164 und Cod. Vat. gr. 1605; Bologna, Biblioteca Universitaria, Ms. 1497 sowie die Tafeln bei Schneider 1908/1912, Teil I, Buonocore 1996, 209 f., Nr. 23, Cermann 2013, 28, Anm. 111, 29, Anm. 114, 36, Anm. 151).
Biographische, literarische und ikonographische Indizien sprechen am ehesten für zisalpine, wahrscheinlich paduanische Inspirationsquellen (vgl. Cermann 2013). So gilt der Reiterzug der sieben Planeten (Nr. 1-7), der sinnfällig die Herrschaft der Gestirne über die Menschen veranschaulicht, als Novum des Bellifortis (Leng 2002, Bd. 1, 121). In Padua war zu Beginn des 14. Jahrhunderts der Kriegsgott Mars schon einmal von Giotto di Bondone (1266-1337) zu Pferde dargestellt worden, und dies an prominenter Stelle, nämlich im Palazzo della Ragione (vgl. Blume 2000, 81, Abb. 77). Das anspruchsvolle Konzept für die Ausmalung des Kommunalpalastes mit einem umfangreichen astrologischen Bilderzyklus in den oberen Registern geht auf den an der dortigen Universtät lehrenden Arzt und Astrologen Petrus de Abano (1247/58-1315/16) zurück, der seinerzeit das 'Astrolobium planum in tabulis' bearbeitet hat. Sein 1295 abgeschlossener Traktat über die Physiognomie handelt ebenfalls von den Eigenschaften der Planeten (vgl. Thomann 1991); möglicherweise hat sich dieses Werk auf das puristische Porträt Kyesers in Göttingen 63, 139r ausgewirkt. Die Bildidee mit dem reitenden Mars fand jedenfalls Nachahmer in Florenz und Padua (1. Florenz, Campanile, Andrea Pisano, 1334-1341; 2. Rom, BAV, Cod. Chig. L.VIII.296, 70r, 'Nuova Cronica' des Giovanni Villani, Florenz, Mitte 14. Jh.; 3. Padua, Chiesa degli Eremitani, Fresko von Guariento, nach 1360; 4. Chantilly, Musée Condé, Ms. 754, 2v, Fragment eines Bildercodex, Padua, um 1380-1390, vgl. Blume 2000, 70-85, Abb. 80, 84, 112; Gebhard 2007, 194-206). Kyeser selbst spricht in seinen Begleittexten lediglich von Standarten bzw. Fahnen der Planeten (vexillum), wie sie in der ältesten Handschrift Göttingen 64a zunächst auch abgebildet sind (später noch einmal in New York 58). Der Einfall für einen kompletten Reiterzug wurde offenbar erst bei der Illuminierung des repräsentativen Dedikationsexemplars Göttingen 63 entwickelt. Außer im Bellifortis findet sich diese ikonographische Neuerung nur sehr selten, z. B. im Mittelalterlichen Hausbuch (Privatbesitz; ehem. Schloß Wolfegg, Fürstliche Sammlungen); meist sitzen, stehen oder fahren die Planeten auf einem Wagen (vgl. Blume 2000). Auffälligerweise sind alle Planetengötter – auch Venus (Nr. 5) und Luna (Nr. 7) – hier männlichen Geschlechts. Diese ikonographische Besonderheit wurde in Göttingen 63 <9ar>, 10v eingeführt und in den von Chantilly, 5v, 7v abhängigen Handschriften konsequent beibehalten (so in: Straßburg, 21r [Luna, obgleich Mars beschriftet, letzterer aber auf 23r dargestellt], 25r, München 30150, 87v, 89v, Göttingen 64, 88r, 90r, Rom 1889, 87r, 89r, Wien 3068, Nr. 169, 171, New York 104, 58r, 59r, Rom 1888, 114r, 115r, Tenschert, 6r, 8r, Wien 3062, 170r, 218r, Berlin 2041, 173r, 187v; in einer 1408 datierten Handschrift mit John Foxtons 'Liber Cosmographiae' figurieren ebenfalls durchgehend männliche Gestalten für die Planeten: Cambridge, Trinity College, R.15.21, 31v Luna, 50v Venus, vgl. Friedman 1988, LIX-LXI), während diese Bildtradition in dem von Rom 1994 begründeten Überlieferungszweig alsbald wieder verloren gegangen ist (vgl. hierzu Saxl 1915, 114, Cermann 2014, 260-265).
Über die Schriften des Petrus de Abano könnte Kyeser auch Kenntnis von einem hermetischen Werk erlangt haben: Die Speerspitze der Lanze Alexanders des Großen heißt im Bellifortis "Meufaton" (Nr. 10; Göttingen 63, 11v, 12r). Das Wort, welches unter einem kryptischen Zeichen deutlich auf der Klinge zu lesen ist, lässt sich als Kreuzung aus zwei Engelnamen herleiten: Mefathiel und Metatron. Die Wortschöpfung findet sich in der 'Clavicula Salomonis', deren älteste Textzeugen zwar erst aus der Mitte bzw. vom Ende des 15. Jahrhunderts herrühren (vgl. ehem. Amsterdam, Bibliotheca Philosophica Hermetica [Joost R. Ritman], BPH Ms 114, S. 100 Et per nominem et in nomine Mephaton, in quo Deus seculi purgata permanere faciet; Paris, BnF, Ms. ital. 1524 [Mailand, 1446], 199r Et per il nome et in nome di Mefaton, nel qual Dio affemara i secoli purgati), das Werk muss aber Petrus de Abano 1310 bereits gekannt haben, da er es in seinem 'Lucidator' erwähnt (Boudet 2006, 355). Johannes Hartlieb, der als Bearbeiter der erweiterten 7-Kapitel-Fassung des Bellifortis neuerdings wieder ernsthaft in Betracht zu ziehen ist (siehe bei Wien 3062), nennt die 'Clavicula Salomonis' später ebenfalls in seinem 1455/1456 entstandenem 'Buch aller verbotenen Kunst' (vgl. Boudet 2006, 353-359, 361 f., bes. Anm. 39, 539, 559-561; Davidson 1967, XXIV, 187, 192 f., 347). Das auf dem Metall angebrachte Symbol stellt somit die Verschlüsselung eines Engelnamens dar, d. h. es ist ein magisches Zeichen, eine Sigille, mit der der intendierte Zweck – die Feinde kampflos in die Flucht zu jagen – erst gelingen kann (vgl. Cermann 2013, 79, Anm. 398).
Auf Alexander den Großen wird im Bellifortis noch mehrfach Bezug genommen (Nr. 8 Siegesfahne Alexanders, Nr. 13 Kampfwagen des von Alexander besiegten Inderkönigs Porus, Nr. 24 Alexanders eigener Kampfwagen (in Göttingen 63 außerdem: 91r Leuchte [vgl. hier 136v] und 93r Leuchtkugel). Erstaunlicherweise werden die berühmten Tauch- und Flugexperimente an thematisch durchaus passenden Stellen (z. B. Nr. 140) nicht aufgegriffen – womöglich weil das Vordringen in die Meerestiefe und der Greifenflug nach christlichem Verständnis negativ konnotiert waren (Superbia) und dem Bild eines positiven ritterlichen Helden entgegenstanden.
Trotz einer klaren Kapiteleinteilung, sei es nun in zehn oder sieben Abschnitte, zeichnet sich der Bellifortis inhaltlich nicht durch eine strenge Systematik aus (vgl. Friedrich/Rädle 1995, 11). Berg/Friedrich 1994, 198 f., Friedrich/Rädle 1995, 12 und Heimann-Seelbach 1996a, 271 haben Vorschläge zur weiteren Binnengliederung des Werkes vorgebracht (Alexander der Große, Salathiel, Philoneus und die Königin von Saba als Repräsentanten der vier Elemente bzw. der verbotenen Künste), die jedoch nicht stringent aufgehen.
Der Wasserengel Salathiel (Nr. 121), Hebräisch bzw. Griechisch das "erbetene Geschenk Gottes" (vgl. Rehm 1964, Sp. 259, Michl 1962, Sp. 230 f.), lehnt sich an das Bild des Sternzeichens "Wassermann" an (Heimann-Seelbach 1996a, 271). In dem 1393-1424 verfassten Maschinenbuch des Ingenieurs Konrad Gruter von Werden (Rom, BAV, Cod. Vat. lat. 3961) wird ein solcher Engel als ein Bildnis der "Temperantia" (5r) vorgestellt (Lohrmann/Kranz/Alertz 2006, Bd. 2, 26, 29-31).
Philoneus (Nr. 169) wechselt in irritierender Weise mehrfach sein Erscheinungsbild: Hier wie in den meisten 7-Kapitel-Handschriften tritt er nicht wie in Göttingen 63, 95v als Jüngling in Erscheinung, der mit seiner Linken aus seiner Brust sein Herz herausgegriffen hat und mit der Rechten demonstrativ darauf hinweist, so als wolle er durch seine technisch vorgesehene Entflammbarkeit einem zu imaginierenden Gegenüber feurige Liebe bekunden, sondern er mutiert zu einem Knaben (so bereits in Göttingen 64a, 130v), der mit dem Zeigefinger der rechten Hand seine Lippen berührt und in der linken drei Zettelchen oder Briefe hält. Quarg 1967, 63 u. a. und Lohrmann/Kranz/Alertz 2006, Bd. 1, 46 wollten in der Kunstfigur Philon von Byzanz erblicken. Laut Hildburgh 1951, 35, 54, und Friedrich 2003, 107, soll es sich um ein Aeophile handeln, also einen Dampfbläser – Philoneus soll jedoch nicht mit Wasser, sondern mit einer brennbaren Flüssigkeit befüllt werden, damit er, sobald er erhitzt ist, Funken sprühen kann (vgl. Feldhaus 1914, Sp. 844-850). In Wien 3068, Nr. 158, New York 58, 66r heißt der schmucke Kerzenanzünder philomeus. Der so Geheißene wechselt in Köln, 71r schließlich das Geschlecht und verwandelt sich in eine Frau.
Philoneus (Nr. 169) und die trügerische Königin von Saba (Nr. 194) sind wie der Wohlgeruch spendende Löwenbändiger (Nr. 91), der scheinbar endlos sprudelnde Heronsbrunnen (Nr. 150), die flammenspeiende Herrscherbüste (Nr. 168), das Duftöfchen (Nr. 171) und das Glockenspiel (Nr. 183) staunenswerte Artefakte, die in eine Kunstkammer gehören. Sie zeichnen sich nicht durch Nützlichkeit aus, sondern wollen auf spielerische Weise Annehmlichkeit und Freude verbreiten.
Ergänzungen: Intermittierend sowie ab 165r Nachträge themennaher Bilder (ohne Beitexte): 17v, 18r, 27v, 58v, 59v, 60v, 61v, 62v, 63v, 64v, 68v, 91v, 116v, 117v, 120v, 131r, 132r, 133r, 134r, 135r, 152v, 154v, 163v, 165r-173v bzw. nachträgliche Ergänzungen auf schon vorhandenen Bildseiten (35r, 56r, 101r, 135v, 146r, 149r, 157v). Einige dieser Ergänzungen tradieren sich weiter fort in Straßburg und Wien 3068; für die nachgetragene Getreidemühle 173v könnte Weimar (I–IV), 29r die Vorlage abgegeben haben. Wie die von 117v auf 118r hinüberreichende Rohrleitung zu erkennen gibt, müssen die Nachträge in das bereits gebundene Buch eingefügt worden sein.
Händescheidung 1. Hand: 1v (etwas gröber, mit kräftigerem Strich ausgeführt: dickere Feder?), 3r, 4r, 5r, 5v, 7r, 7v, 8v, 137r, 145r (Nr. 1-8, 167, 176). Die 7 Planetengötter (Nr. 1-7): Jeweils ein Reiter mit Sternenbanner auf zur Seite sprengendem Pferd, dieses mit langer, den Kopf bedeckender Schabracke, die Figuren unterschiedlich typisiert und mit den Anfangsbuchstaben der Planeten bezeichnet; die weitgehend monochrome Kolorierung der Federzeichnungen entspricht der jeweiligen Farbzuordnung in den Beitexten (gemäß astrologischer bzw. alchemistischer, entgegen einer erst später gebräuchlichen heraldischen Konvention: Jupiter Grün [statt Blau], Venus Blau [statt Grün]; vgl. Heimann-Seelbach 1996a, 272, Anm. 26). Nr. 8, 167, 176 ebenfalls Reiter zu Pferde mit Banner, Leuchten oder Flugdrachen. Alle Figuren von schlanker Gestalt, in eleganter Positur (Beine in bis zu den Zehenspitzen durchgestreckter Haltung), meist lange Pferdeleiber mit langen, gelockten Pferdeschwänzen, stark gebogenen Hälsen und kleinen Köpfen. Kostüme: enge Leibröcke, wegflatternde Ärmel, bei Nr. 2 gezaddelt. Nur Mars (Nr. 3) erscheint in einem Plattenharnisch. Zwei Sattelformen: Meist Krippensattel, das ist ein Sattel mit hohem Steg für starke Rüstungen, der für Turniere geeignet und vor allem in Westeuropa gebräuchlich war (Nr. 1-6), gelegentlich auch ein Bocksattel (Nr. 7, 167, 176), der flacher gehalten und mit einem breiten, herzförmigen Sitzblatt ausgestattet ist, welcher unter Sigismund von Luxemburg in Mode kam und für die leichte Reiterei vorgesehen war; vgl. Sigismundus rex et imperator 2006, 270-278 und Wien 3062. Bis auf 1v (Nr. 1) alle Reiter ohne Beinschutz (vgl. dagegen Rom 1994, 3v, 4v, 5v, 6v, 7v, 8v, Chantilly, 2v, 3v, 4v, 5v, 6v, 7v). Gekonnter, ohne Vorzeichnung schwungvoll eingesetzter Strich, sicher in der Linienführung. Sorgfältige, körpermodellierende Lavierung: Inkarnat meistens Rosa, Haare und Barttracht Gelb, vereinzelt Ockergelb bzw. -braun oder Schwarz, Rüstungsteile Graublau, Gewänder, Pferdedecken, Fahnen meist monochrom gehalten. Die Lavierung von Nr. 167, 176 gröber (von anderer Hand?). Pferd und Reiter von 5r und 5v sowie 7r und 7v (Nr. 4-7) liegen fast deckungsgleich aufeinander, ohne jedoch pedantisch durchgepaust worden zu sein. Durch geringfügige Modifikation wurde Monotonie vermieden: So variiert bei den Pferden die Stellung der Vorder- und Hinterläufe, die Biegung bzw. Streckung des Halses, der bewegte Faltenwurf der Schabracken, bei den Reitern die Kopfbedeckung (Barett, Helm, Krone), die Frisur (Glatze, gelockte oder glatte mittellange Haare) bzw. Barttracht sowie insbesondere Schnitt und Länge der Ärmel. Die Reiter halten mit der einen Hand jeweils die hohe Fahnenlanze, die Leuchte oder den Flugdrachen, während die andere entweder unterstützend den Holm mit umfaßt, locker den Zügel bzw. das Zepter ergreift oder sacht auf der Hüfte abgestemmt wird. Dem gemessenen Schreiten der Pferde in älteren Bellifortis-Handschriften der geordneten 7-Kapitel-Fassung (Rom 1994, Chantilly) wird hier sichtlich mehr Dynamik verliehen, die Tiere sprengen lebhaft daher bzw. tänzeln auf der Stelle (Nr. 167). Da sich Ross und Reiter – um gewissermaßen nicht aus dem Bild zu fallen – stets auf den Falz zu bewegen, wechselt ihre Ausrichtung gemäß ihrer Positionierung auf den Recto- bzw. Versoseiten. Als Vorbilder für die reitenden Planetengötter könnten Reitersiegel fungiert haben, die im Laufe des 15. Jahrhunderts allmählich erst aus der Mode kamen (vgl. z. B. diejenigen von Herzog Albrecht III. von Österreich [1349-1395], Sigismund von Luxemburg als Markgraf von Brandenburg [1368-1437], Kurfürst Ludwig III. von der Pfalz [1378-1436], König Albrecht II. [1397-1439] oder Herzog Heinrich XVI. von Bayern-Landshut [1386-1450]; entsprechende Abbildungen im virtuellen Urkundenarchiv Europas www.monasterium.net und in Sigismundus rex et imperator 2006, 180). Im Gegensatz zu den nachfolgenden Federzeichnungen spricht aus diesen introduzierenden Bildern ein künstlerischer Anspruch. Insbesondere die mit spitzer Feder zart skizzierten Gesichter von Nr. 8 (vom Typus her identisch mit Nr. 4 – jedoch wird dort der luftige Effekt durch ein aufdringlicheres Inkarnat gemindert) und Nr. 167 zeigen eine versierte Hand, die mit wenigen leichten, grazilen Strichen einen großen Nuancenreichtum erreichen kann. – Farben: wässriges Blau, Hellgelb, Altrosa, Heugrün, Graubraun, Grau, wässriges Rot. Teile unkoloriert belassen (bewußtes Arbeiten mit dem lichten Papierton).
2. Hand: 9v, 10v, 11v, 12v, 13v, 14v, 15v, 16v, 18v (Nr. 9-17, 20). Eng verwandt mit der Haupthand (3. Hand), der Strich jedoch öfters abgesetzt, wodurch es zu unschönen, weil unmotivierten Verdichtungen kommt, die allerdings auch von einer schlechten Feder herrühren können (sie ähneln ein wenig kleinen Tintenpatzern). Gesichter, Rüstungen (Nr. 12, 13, 17 Knie- und Ellenbogenscheiben, Helme) kleinteiliger und nicht so pauschalisierend wie bei der Haupthand (die bei den Figuren bereits leicht in das Naive abgleitet). Eine bemerkenswerte Steigerung der Ausdrucksmöglichkeiten geht damit jedoch nicht einher, vielmehr zeigt sich darin ein Bestreben, sich offenbar getreuer an die Vorlage zu halten. – Farben: Lavierungen hauptsächlich mit schmutzigem Graublau und Gelb, gelegentlich auch mit Heugrün (Nr. 13) ausgeführt; keinerlei Inkarnat.
3. Hand (Haupthand): 19v-27r, 28r-58r, 59r, 60r, 61r, 62r, 63r, 64r, 65r-68r, 69r-91r, 92r-116r, 117r, 118r-120r, 121r-130v, 131v, 132v, 133v, 134v, 135v-136v, 137v-144r, 145v-152r, 153r-154r, 155r-162v, 164v (Nr. 21-29, 31-61, 63, 65, 67, 69, 71, 73, 75-79, 81-109, 111-136, 138, 140-143, 145-155, 157, 159, 161, 163, 165-166, 168-175, 177-184, 186-187, 188-200, 202). Den Hauptpart der Zeichnungen hat ein Werkstattmitarbeiter übernommen, der sich zumeist nicht lange mit Details aufgehalten hat, obwohl ihm gerade die ausschmückenden Burgen- und Landschaftbilder anvertraut wurden (57r, 58r, 66r, 67r, 68r, 69r, 70r, 71r, 72r, 73r, 74r, 75r, 76r, 79r, 81r, 82r, 82v, 84r, 85r, 85v): Die Zeichnungen wirken in ihrer schwungvollen, ein wenig nachlässigen Art wie flüchtige Notate. Sie wollen nicht einen Gegenstand oder eine Situation präzise umreißen, sondern allein eine Erinnerung daran wecken, eine Ahnung davon geben. Damit konterkariert dieser Künstler ein wenig die vorgebliche Intention des Autors, nämlich eine zweckdienliche und exakte Anleitung für Kriegsgeräte zu vermitteln. Die Gedankenlosigkeit, mit der diese Skizzen zügig angelegt wurden, offenbart sich z. B. bei Nr. 23 (21v), wo nonchalant darüber hinweggegangen wird, dass die vorderständigen Schwerter an dem Kampfwagen nirgendwo montiert sind und somit frei in der Luft schweben. Doch konnte sich dieser Zeichner durchaus einer anderen, etwas sorgfältigeren Manier befleißigen: In Lage 12 (130-141) fallen einige Zeichnungen durch feinere Strichführung auf, etwa die Pferde auf 135v und 136v, besonders aber die blattfüllende Profilbüste auf 137v, wo auf einmal eine ruhigere, treffsichere Handhabung der Feder zu Tage tritt, die wohl ein Resultat größerer Konzentration ist.
Kommen bei den Vertretern der älteren 10-Kapitel-Fassung des Bellifortis (Göttingen 64a, Göttingen 63) Akteure noch relativ selten vor, so nehmen diese zahlenmäßig im Laufe der Zeit zu. Die Bilder gewinnen dadurch eine stärkere erzählerische Komponente. Doch geraten die Protagonisten, die z. B. schwere Maschinen über unwegsames Gelände zu schieben oder Wehrmauern an Leitern zu erklimmen haben, in Cod. 5278 fast zu kleinen Wichtelmännern (19v, 20v, 21v, 23r, 24r, 25r, 26r, 29r, 57r, 58r, 66r, 67r, 68r, 69r, 70r, 72r, 73r, 79r, 81r, 85r, 85v, 101v, 102r, 118r, 118v, 121v, 123r, 126v, 134v, 136v), denen gelegentlich etwas Traumtänzerisches aneignet, da sie oftmals die Augen geschlossen halten und die Gerätschaften nicht wirklich anfassen. Mit Armen und Beinen vollziehen sie indifferente Bewegungen, ihre Hände stecken zumeist in "Fäustlingen", auf ihren etwas zu groß geratenen Köpfen wirken Helm und Brünne eher wie Zipfelmützen. Glaubhaft vermögen diese Zwerge nicht wirklich etwas in Bewegung zu setzen. Sie verkommen hier – unfreiwillig – zu einer Art drolligen Staffage. – Bei der Kolorierung wurde systematisch Gelb für hölzerne, Blau für metallene Bauteile eingesetzt. Wasser wurde merkwürdigerweise durchgängig mit Grün markiert (101v, 102r, 103r, 104r, 105r, 106r, 107r, 115r, 116r, 118r, 118v – in der Vorlage in Chantilly wurde aus Blau, Weiß und Grün eine tümpelhaft schlierende Gewässerfarbe erzeugt). Die Lavierungen, meist etwas nachlässig mit breitem, trockenem Pinsel großspurig aufgetragen, fallen im Detail unterschiedlich aus; womöglich wurden sie von mehreren Händen ausgeführt (z. B. wurde auf 31r, 53r die Maserung des Holzes angegeben, auf 30r, 54r hingegen nicht). Gelegentlich ist eine Stiftvorzeichnung erkennbar (z. B. 112r). – Farben: Meist ein Zwei- bzw. Dreiklang aus Gelb (blass oder kräftig), Graublau und Rotbraun. Partiell treten Graubraun bzw. Grau und Braun, Ocker, Rosa (Inkarnat), Blau (in unterschiedlicher Intensität und Reinheit), Heu- oder Olivgrün hinzu. Von 66r bis 85v (isoliert zuvor schon auf 49r und 57r) kommt ein durchdringendes Rot zum Einsatz (für Dächer und Gewänder). Auf 95r und 144r hat man die Farbbezeichnung gel eigens vorgeschrieben.
Nachträge: Die ausnahmslos unfigürlichen Nachträge bilden mit ihrer Auswahl von kriegstechnischen Motiven und anderem technischem Gerät eine thematische Ergänzung zum Bellifortis. Sie stehen teils auf freigebliebenen bzw. mit kurzen Texten beschriebenen Seiten (Nr. 18, 19, 30, 62, 64, 66, 68, 70, 72, 74, 80, 110, 137, 139, 144, 156, 158, 160, 162, 164, 185, 187a, 201, 203-220), teils sind sie den Illustrationen der Erstausstattung hinzugefügt (bei Nr. 38, 59, 120, 165, 178, 181, 192); gelegentlich finden sich dort dann Anzeichen für nachträgliche Lavierungen und geringfügige Überarbeitungen mit der Feder (z. B. bei Nr. 146, 155, 159, 161, deutlich bei Nr. 186). Trotz Schwankungen im Flüchtigkeitsgrad und in der Strichstärke stammen die – mit Ausnahme der bei Nr. 192 ergänzten Pflanze – allesamt eher grob kolorierten Nachträge großteils wohl von einer Hand. Auf die Andeutung von Terrain wird meistens verzichtet (ausgenommen bei den beiden Büchsen Nr. 62, 80). Ein typisches Merkmal des Zeichners ist vor allem die Verwendung von Kreuzschraffen zur Andeutung von Schattierung (z. B. Nr. 62, 219, 220) und ein meistens relativ stark deckendes und gleichmäßig aufgetragenes Kolorit in Hell- bis Senfgelb, Ocker und Blau. Einige Illustrationen weisen eine davon abweichende Farbgebung in Blassgelb und fleckigem, teilweise mit Blau versetztem Graubraun von aquarellartiger Wirkung auf (Nr. 70, 120 [Zusatz], 181 [Zusatz], 203-206), was die Mitarbeit einer weiteren Hand vermuten lässt. Die von 117v auf 118r hinüberreichende Rohrleitung (Nr. 139) legt nahe, dass die Nachträge erst erfolgt sein dürften, als das Buch bereits gebunden vorlag. Bei Nr. 208 finden sich Spuren von Durchzeichnungen (?) in roter Kreide, wie sie auch im 2. Teil vorkommen.
Stil und Einordnung
Stilbildend und prägend für die gesamte Bellifortis-Überlieferung ist der 1405 in Bettlern (Žebrák) datierte Codex Göttingen 63 gewesen, obwohl es höchst fraglich erscheint, ob dieser seinen endgültigen Adressaten, König Ruprecht von der Pfalz, jemals erreicht hat. Eine unmittelbare Kopie davon stellt nur Innsbruck dar; er dürfte um 1455 in Ingolstadt angefertigt worden sein. Bei allen anderen Exemplaren handelt es sich um Bearbeitungen, die zumeist einer der vier verschiedenen 7-Kapitel-Versionen angehören (geordnet, gestört/verändert, kombiniert, erweitert/neu konzipiert). Text, Sprache, Reihenfolge, Auswahl, Umfang ändern sich stetig ein wenig, die Bildfindungen aber bleiben seit 1405 im Wesentlichen unangetastet stehen: Ein polygonales Gebilde mit üppigem Fialen- und Krabbendekor (Nr. 171) fällt nicht einem jeden sogleich als Form für ein Duftöfchen ein und ist als solches auch nicht ohne weiteres erkennbar. (Man vergleiche dagegen die sowohl kunstfertige als auch alltagstaugliche Darstellung eines Fumigationsapparates in einer italienischen Handschrift aus den 1430er Jahren, Wien, ÖNB, Cod. 2349, 54v; Sigismundus rex et imperator 2006, 402, Nr. 4.113). Zuvor, in Göttingen 64a, 118v sah der Gegenstand noch sehr viel prosaischer aus, nämlich eher wie ein industrieller Schlotofen.
Trotz der konservativen Haltung hinsichtlich des Bildrepertoires lassen sich nur in den seltensten Fällen konkrete Abhängigkeiten zwischen den erhaltenen Handschriften aufzeigen. Zumal die Verlustrate an Überlieferungszeugen kaum einzuschätzen ist. Die konsekutive Abfolge Chantilly–Cod. 5278–Straßburg lässt sich mehr inhaltlich, denn stilistisch begründen. Dabei ist der Wandel von Chantilly zu Cod. 5278 geradezu erstaunlich: Hier vollzieht sich der Wechsel von der Deckfarbenmalerei zur Federzeichnung. Alle weiteren an diesem Strang der Überlieferung hängenden Exemplare des Bellifortis – und das sind die meisten (vgl. das provisorische Stemma bei Cermann 2013) – kehren nicht mehr zu der kostspieligeren und zeitaufwendigeren Technik zurück, selbst wenn sie auf Pergament gefertigt wurden. Der sorglose Zeichenstil des Hauptmeisters von Cod. 5278 führt jedoch nicht zu weiteren Auflösungserscheinungen. Im Gegenteil: In Straßburg, München 30150 und Göttingen 64 verfestigen sich die Formen allmählich wieder und gewinnen in Wien 3068, New York 104 und Kopenhagen z. T. außerordentlich an Prägnanz und Ausdrucksreichtum. Stilistisch eng beisammen stehen in diesem Überlieferungszweig jedoch nur München 30150 und Göttingen 64.
Doch gibt es durchaus andere Methoden, die Überlieferungsgeschichte weiter zu entwirren: Bereits geringfügige Veränderungen ermöglichen es, bei konsequenter Motivverfolgung Distributionswege genauer zu erkennen. Bei der sogenannten Hohen Brücke (Nr. 37) wurde beispielsweise in der Vorlage Chantilly (34v) bei dem eigentlich nur auf zwei Rädern ruhenden Gefährt ein unsinniges drittes Rad oben rechts hinzugemalt. Dieser Irrtum zeitigt Folgen: Nicht nur wird er in Cod. 5278 und dem davon abhängigen Straßburg übernommen sowie in den Exemplaren der sich von dort abzweigenden kombinierten und erweiterten/neu konzipierten 7-Kapitel-Fassungen, er führt in der gestörten/veränderten 7-Kapitel-Version sogar zu einer vermeintlichen Korrektur, indem die fahrbare Ebenhöhe dort plötzlich um 90 Grad gekippt wird, damit nun alle Räder auf dem Boden aufliegen können. Aus dem ursprünglich hohen Wagen wird auf diese Weise ein breiter. Ein anderer Fehler ereignet sich erst in Cod. 5278, in Chantilly ist er noch nicht vorhanden; er tradiert sich daher auch nicht in der kombinierten bzw. in der erweiterten/neu konzipierten Fassung fort: Die Spannjungfer auf 88v (Nr. 105) ist in Cod. 5278 versehentlich auf den Kopf geraten. Dieses vielleicht auf einen Sortier- oder Bindefehler zurückzuführende Missgeschick setzt sich nur in Straßburg und in den zur gestörten/veränderten 7-Kapitel-Fassung gehörenden Handschriften fort. Weitere Details, die für die Gruppierung des Materials ebenso aussagekräftig sind, lassen sich anführen, etwa, ob die einzelnen Wagen bei der Wagenburg (Nr. 14) perspektivisch von der Seite oder schematisch von oben dargestellt sind, ob der sogenannte Krebs (Nr. 20) Augen bzw. ein Gesicht bekommen hat, ob der Streitwagen Alexanders des Großen (Nr. 24) über ein oder zwei Eingänge verfügt, ob der Kampfwagen auf 29r (Nr. 32) an der Seite Planken aufweist, ob die zweistöckige Ebenhöhe auf 42r (Nr. 45) eine ausgefräste Zierkante erhalten hat, ob der Untersatz der drehbaren Steinschleuder (Nr. 52) rund, vier- oder sechseckig gebaut ist, ob die Überwurfstege (Nr. 53) mit Rosettenbeschlägen geschmückt sind usw. (vgl. Cermann 2013, 84 f., Anm. 420).
Aufschlussreich für die Überlieferung sind auch die Nachträge (siehe unter Bildprogramm), wie z. B. die verschiedenen Messgeräte (Nr. 144, 164) und Steigleitern mit Flaschenzügen (Nr. 207, 209-212, 214, 216), die über Parallelen im Bauhüttenbuch des Hans Hammer aus Werd verfügen (Wolfenbüttel, Herzog August Bibliothek, Cod. Guelf. 114.1 Extrav., 8r), oder die Bockwindmühle samt Mahlgetriebe (Nr. 219 f.), das in Weimar (I–IV) vorgebildet zu sein scheint. Sie verändern ein wenig den Charakter des Werks, denn sie bringen verstärkt einen Praxisbezug mit hinein, der dem Autor ursprünglich wohl kein vordringliches Anliegen gewesen ist. Plötzlich rücken Fragen der Anwendbarkeit in den Vordergrund: Kyesers Opus wird mit moderner Fachliteratur, dem 'Büchsenmeisterbuch' (siehe Wien 3069, München 600, Wien 5135, Nürnberg, Heidelberg, Wolfenbüttel, Erlangen), dem 'Feuerwerksbuch von 1420' (Straßburg, München 30150, Heidelberg, Göttingen 64, Rom 1889, New York 104, Tenschert, Wien 3062, Berlin 2041, Berlin 621) oder wie hier einem Fechtbuch (Cod. 5278, Kopenhagen, Wien 5342A zusammen mit Wien, KHM, KK 5342B, Erlangen) kombiniert.
Der Höhepunkt der Bellifortis-Überlieferung liegt etwa um 1430 (Rom 1986, Wien 3068, Göttingen 64, München 30150, Heidelberg, Rom 1888). Zu dieser Zeit wird der Bellifortis jedoch nur noch in einer Handschrift getreu den Intentionen des Autors bewahrt (Rom 1986).
Kapitel 7, Teil 2 (Fortsetzung von Handschriftenteil 1)
(203). 165r = Vierrädriger Kampfwagen. In Aufsicht, mit sechs Büchsen und umseitiger Sichelbewehrung. Nachtrag. Ohne Beitext. Vgl. Chantilly, 20v (mit vier Büchsen, drei Figuren, Beitext), Straßburg, 47r (mit sechs Büchsen, einer Figur, ohne Beitext), Wien 3068, Nr. 101 (mit sechs Büchsen, unfigürlich, ohne Beitext), Rom 1888, 129r (mit vier Büchsen, drei Figuren, ohne Beitext).
(204). 165v = Eisenbestandteile von Steiggeräten (?): Platte oder Scharnier, Haken und Schraube. Nachtrag. Ohne Beitext. Vgl. Straßburg, 98v, München 30150, 17v, Wien 5518, 23r, Göttingen 64, 18r, Wien 3068, Nr. 59, New York 104, 61v, Erlangen, 251r.
(205). 166r = Eisenbestandteile von Steiggeräten (?): Platte, Rohr und Rundhaken, jeweils mit eingesetzten Schrauben. Nachtrag. Ohne Beitext. Vgl. Straßburg, 98v, München 30150, 18r, Wien 5518, 23v, Göttingen 64, 18v, Wien 3068, Nr. 60, New York 104, 62r, Erlangen, 251v.
(206). 166v = Mauerkralle aus verschraubten Eisenbestandteilen, mit zwei Haken, einem Gabelstück und einer Laufrolle mit Seil. Nachtrag. Ohne Beitext. Vgl. Straßburg, 99r, München 30150, 18v, Wien 5518, 24r, Göttingen 64, 19v, Wien 3068, Nr. 51, Kopenhagen, 26v, New York 104, 62v, Frankfurt, 3r, Günther, 3r, Erlangen, 250r.
(207). 167r = Strickleiter an einem Flaschenzug, dieser auf einem Gestänge mit rollenbestückten Mauerkrallen montiert. Links zugehörige Gabelstange. Nachtrag. Ohne Beitext. Vgl. die Strickleiter im Bauhüttenbuch des Hans Hammer aus Werd, Wolfenbüttel, Herzog August Bibliothek, Cod. Guelf. 114.1 Extrav., 8r, sowie die Gabelstange mit Weimar (I–IV), 318v.
(208). 167v = Zwei Sprossenleitern. Die linke aus vier ineinander verstäbten Teilen, die rechte mit Schnallenriemen auf dem Gestänge, beide mit Laufrollen. Nachtrag. Ohne Beitext.
(209). 168r = Drei Flaschenzüge. Der mittlere mit Seilwinde und Lastenkorb. Nachtrag. Ohne Beitext. Vgl. die beiden äußeren Flaschenzüge mit Wolfenbüttel, Herzog August Bibliothek, Cod. Guelf. 114.1 Extrav., 8r, den mittleren mit Erlangen, 253r (links).
(210). 168v = Flaschenzug mit zwei rollenbestückten Mauerkrallen. Rechts eine Sprossenleiter aus vier ineinander verstäbten Teilen, mit Laufrollen und zugehöriger Gabelstange. Nachtrag. Ohne Beitext. Vgl. den Flaschenzug mit Wolfenbüttel, Herzog August Bibliothek, Cod. Guelf. 114.1 Extrav., 8r und die Sprossenleiter mit Weimar (I–IV), 318r.
(211). 169r = Einbaumsprossenleiter mit Seil, gegabelter Mauerkralle und zugehöriger Stange mit Laufrolle. Rechts eine Sprossenleiter mit eisernen Zwischenstücken und Laufrollen. Nachtrag. Ohne Beitext. Vgl. die Einbaumsprossenleiter mit Wolfenbüttel, Herzog August Bibliothek, Cod. Guelf. 114.1 Extrav., 8r sowie die Sprossenleiter mit Weimar (I–IV), 318r, 318v (erstere ohne Seil).
(212). 169v = Zwei Einbaumsprossenleitern. Die linke aus Schnallenriemen bestehend und durch ein Seil über Rollenlager mit einer Mauerkralle verbunden, die rechte mit Eisenmanschetten. Dazu rechts sechs Werkzeuge: Pickel, Bohrer, zwei Feilen, sogenannter Geißfuß, Doppelriemen mit Haken. Nachtrag. Ohne Beitext. Vgl. die linke Leiter mit Wolfenbüttel, Herzog August Bibliothek, Cod. Guelf. 114.1 Extrav., 8r, die rechte mit Weimar (I–IV), 318r, die Werkzeuge mit Weimar (I–IV), 317r.
(213). 170r = Zwei "gedoppelte" Sprossenleitern mit Laufrollen. Das Gestänge bei der linken abwechselnd seitlich und in der Mitte, bei der rechten durchgehend in drei Reihen montiert. Nachtrag. Ohne Beitext. Vgl. Weimar (I–IV), 318v, 319r.
(214). 170v = Strickleiter, an einem Stab mit gegabelter Mauerkralle aufgehängt. Rechts eine Sprossenleiter aus vier ineinander gesteckten Teilen, mit Laufrollen und einer gegabelten Mauerkralle. Nachtrag. Ohne Beitext. Vgl. die Strickleiter mit Wolfenbüttel, Herzog August Bibliothek, Cod. Guelf. 114.1 Extrav., 8r.
(215). 171r = Büchsenheber. Auf zwei Masten befestigter Flaschenzug mit einer Seilwinde. Nachtrag. Ohne Beitext. Vgl. Wolfenbüttel, Herzog August Bibliothek, Cod. Guelf. 114.1 Extrav., 4r.
(216). 171v = Strickleiter, durch ein Seil über Rollenlager mit einer Stange verbunden, diese mit einer gegabelten Mauerkralle. Rechts ein Schnallriemen mit Greifzange, ein kassettiertes Tor, vier Heb- und Brechstangen (u. a. Geißfuß) zum Sprengen solcher Tore sowie mehrere undefinierbare Gegenstände. Nachtrag. Ohne Beitext. Vgl. die Strickleiter mit Wolfenbüttel, Herzog August Bibliothek, Cod. Guelf. 114.1 Extrav., 8r und Weimar (I–IV), 319r. Gemäß der Beischrift in Erlangen, 255r stellt das Tor ein Tarntuch dar, um Wächter bei Nacht zu täuschen, während man Mauern aufbricht.
(217). 172r = Geißfuß. Darunter ein Eisenbeschlag (?) mit Ring und ein Eisenhaken. Nachtrag. Ohne Beitext.
(218). 172v = Mechanische Hebevorrichtung mit Hebel, Zahnrad und gezahnter Führungsstange (Armbrustspanner?). Nachtrag. Ohne Beitext. Vgl. Weimar (I–IV), 9v.
(219). 173r = Bockwindmühle. Nachtrag. Ohne Beitext.
(220). 173v = Zugehörige Darstellung des Mahlgetriebes. Nachtrag. Ohne Beitext. Vgl. Weimar (I–IV), 29r.
Kunsthistorischer Kommentar: Ikonographie: s. bei Teil 1, Ergänzungen
Auf 30 Folia unkolorierte, schwarz-braune Federzeichnungen von Fecht- und Ringkämpfen, jeweils in drei Zonen untereinander angeordnet; insgesamt 152 Kämpferpaare. Auf 4 Versoseiten Durchpausen von einzelnen Figurenpaaren (190v, 191v, 200v) bzw. einer Gesichtskontur (179v).
Bildprogramm:
II. Fechtbuch-Illustrationen
In der folgenden Auflistung sind die einzelnen Stücke in einer Reihe durch Gedankenstriche und die Register durch Schrägstriche getrennt. Wenn nicht anders vermerkt, handelt es sich um Kämpfe zu Fuß. Im Fall von eindeutigen Abhängigkeiten vom 'Flos duellatorum' wird in eckigen Klammern auf die neuere Edition des 1410 datierten sogenannten Pisani-Dossi-Codex (Corbetta, Museo archeologico Villa Pisani Dossi) von Rapisardi/Toran 1998 verwiesen; für bessere Reproduktionen der Handschrift siehe die Faksimile-Edition von Novati 1902). Konkrete Übereinstimmungen liegen z. T. auch bei 'Kämpfen im Harnisch' dieses Fechtbuches und mehreren Kämpfen in Cod. 5278 vor, die die Figuren ohne Rüstungen zeigen. Auf diese kostümlichen Abweichungen wird hingewiesen. Allgemeinere Ähnlichkeiten, die partiell bei weiteren Kampfstellungen bestehen, bleiben hier unberücksichtigt. Zu weiteren technischen Erklärungen der Kämpfe siehe auch den Online-Kommentar zum Pisani-Dossi-Codex von der Academy of European Medieval Martial Arts, Toronto sowie die Internetseiten 'Fiore de'i Liberi' und 'Die Blume des Kampfes' auf Wiktenauer (The free library of Historical European Martial Arts books and manuscripts) sowie jene zu 'Fiore dei Liberi' auf 'Schola Gladiatoria'.
1. 174r = Drei Kämpfe zu Pferd: Angriffsposition mit Lanzen [132, I–II] / Angriffsposition mit Schwertern [142, I] / Zielen mit dem Schwert auf den Hals des Gegners [144, I]. Vgl. zu den Stücken 2-3 Wien, ÖNB, Cod. 10799, 267r, 270r.
2. 175r = Fünf Kämpfe zu Pferd: Abwurftechnik mit Schwertern [146, I] – ebenso [146, III] / Abwurftechnik ohne Waffen [150, I] – ebenso [148, III] / Flucht vor angreifendem Reiter, mit Lanzen [136, I]. Vgl. zu Stück 1 Los Angeles, J. Paul Getty Museum, Ms. Ludwig XV 13, 44r und Wien, ÖNB, Cod. 10799, 271r; zu Stück 2 New York, PML, MS M. 383, 6v und Wien, ÖNB, Cod. 10799, 271r; zu Stück 5 Paris, BnF, Ms. lat. 11269, 3r und Wien, ÖNB, Cod. 10799, 279r.
3. 176r = Drei Kämpfe zu Pferd: Ein Reiter mit Lanze gegen einen Reiter mit Schwert / Ein Reiter mit Lanze gegen einen Schwertkämpfer zu Fuß / Ein Reiter mit Lanze gegen einen Lanzenkämpfer zu Fuß [Varianten: 152, II und 152, III]. Vgl. zu Stück 1 Wien, ÖNB, Cod. 10799, 264r (seitenverkehrt), zu Stück 2-3 ebd., 282r, 281r.
4. 177r = Drei Stellungen im Kampf mit Lanzen: Warteposition, Stab gegen Lanze [74, I] / Zielen auf die Füße [74, II] / Abwehr der Lanze [76, III].
5. 178r = Drei Stellungen im Kampf mit verschiedenen Waffen: Lanze gegen Lanze [74, IV] / Axt gegen Streitkolben / ebenso.
6. 179r = Vier Kämpfe und eine Stellung mit verschiedenen Waffen: Streitkolben gegen Axt – Streitkolben gegen eine Art Lanze / Streitkolben gegen Axt – Abringen einer Axt vom Gegner [128, I: Variante mit Geharnischten] / Stellung im Kampf mit dem beidhändig geführten Schwert [die linke Figur entspricht der Einzelposition 84, III].
7. 180r = Zwei Stellungen und zwei Kämpfe mit dem beidhändig geführten Schwert [Stellung wie 179r unten / linke Figur wie Einzelposition 116, III: Variante im Harnisch / 118, III: Variante im Harnisch – 120, II: Variante im Harnisch].
8. 181r = Sechs Kämpfe mit dem beidhändig geführten Schwert [118, IV – 122, II / 120, I – 120, III / 122, III –120, IV].
9. 182r = Drei Stellungen mit kombinierten Waffen: Schwert und Lanze gegen Lanze / ebenso / Schwert gegen eine Art Schwert (mit lanzenförmiger Spitze) [zur linken Figur vgl. Einzelpositionen 84, I und III, zur rechten vgl. Einzelposition 84, VI].
10. 183r = Sechs Schwert- und Ringkämpfe (teilweise kombiniert).
11. 184r = Sechs Schwert- und Ringkämpfe (teilweise kombiniert).
12. 185r = Sechs Kämpfe mit Schwertern bzw. mit einer Lanze (Stück 2).
13. 186r = Sechs Schwert-, Dolch- und Ringkämpfe im Harnisch (teilweise kombiniert, Stück 3 ohne Waffen). Vgl. Wien, Cod. 10799, 236r (Stück 4), 249r (Stück 6).
14. 187r = Sechs Ringkämpfe mit einem Dolch [42, III – 42, IV / 42, V – 44, I: Variante / 44, II – 44, IV].
15. 188r = Sechs Ringkämpfe mit einem Dolch [40, VI – 46, IV / 50, VI; Stücke 4-6 ohne Entsprechung].
16. 189r = Sechs Ringkämpfe: die ersten vier Stücke mit einem oder zwei Dolchen [Stück 3: 56, V], danach ohne Waffen.
17. 190r = Sechs Ringkämpfe ohne Waffen.
18. 191r = Sechs Ringkämpfe ohne Waffen.
19. 192r = Sechs Ringkämpfe ohne Waffen. Ringer in Stück 6 um 90° nach rechts gedreht.
20. 193r = Sechs Ringkämpfe ohne Waffen.
21. 194r = Sechs Ringkämpfe ohne Waffen.
22. 195r = Sechs Ringkämpfe ohne Waffen.
23. 196r = Vier Ringkämpfe ohne Waffen (Ringer in Stück 1 um 90° nach rechts gedreht; Stücke 3 und 4 dreifigurig; vgl. Erlangen, 42r, Wien, ÖNB, Cod. 10799, 119r, 120r) und eine Stellung im Schwertkampf [entspricht den beiden Einzelpositionen 86, I-II].
24. 197r = Drei Schwertkämpfe [die ersten beiden entsprechen den Einzelpositionen 86, III-IV / 88, I-II].
25. 198r = Sechs Schwertkämpfe [102, I – 102, II / 102, III – 102, IV / 100, I: Variante – 106, IV].
26. 199r = Sechs Schwertkämpfe, u. a. ein Kampf mit dem beidhändig geführten Schwert [104, III: Variante – 96, IV: Variante / 106, II: Variante – Stück 4 ohne Entsprechung / 110, III – 110, IV].
27. 200r = Fünf Schwert- und Ringkämpfe, u. a. Kämpfe mit dem beidhändig geführten Schwert [112, I – 104, III /104, I – 104, II / Stück 5 ohne Entsprechung].
28. 201r = Sechs Schwert- und Dolchkämpfe, u. a. Kämpfe mit dem beidhändig geführten Schwert: Mit zwei Schwertern – ebenso [94, IV] / ebenso [100, III] – Schwert und Dolch gegen Schwert [106, I: ohne Dolch] / Dolch gegen Schwert [158, II] – ebenso [158, III].
29. 202r = Sechs Kämpfe mit Dolch und Schwert [158, IV – 158, II / Stück 3 ohne Entsprechung – 156, IV / 156, II – Stück 6 ohne Entsprechung].
30. 203r = Zwei Kämpfe mit Dolch und Schwert [156, III – 156, II].
Kunsthistorischer Kommentar:
Ikonographie
Bei dem als Musterbuch verwendeten Codex liegt der bemerkenswerte Fall einer Rezeption von italienischen Fechtbuch-Illustrationen nördlich der Alpen vor. Vergleichbares ist aus der Frühzeit dieser Gattung, als deren ältestes Werk der hier teilweise kopierte 'Flos duellatorum' des friulanischen Fechtmeisters Fiore Furlan dei Liberi da Premariacco gilt, nicht bekannt. Die Illustrationen deutscher Fechtbücher setzen erst etwas später, nämlich im 2. Viertel des 15. Jahrhunderts ein (siehe zusammenfassend Wierschin 1965, Kobler/Reitzenstein 1981, 908 f., KdiH 4/2,1-2 bzw. KdiH digital, Stoffgruppe Nr. 38 [Rainer Leng]) – wenn man das älteste überlieferte Fechtbuch unberücksichtigt lässt (Leeds, Royal Armouries, Ms. I.33 [ehem. Gotha, Bibliothek des Herzogl. Hauses, Cod. Membr. I 115]: Süddeutschland, um 1320-1330), da es sich in keinerlei Tradition einfügt (vgl. KdiH 4/2,1-2, 124-126, Taf. XIII, Abb. 54; KdiH digital, Nr. 38.9.8). Johannes Liechtenauers einflussreiche 'Kunst des langen Schwerts' wurde lange Zeit nur mündlich, später dann meist unillustriert tradiert. Eine erste Kodifizierung seiner Merkverse erfolgte um 1389 (Nürnberg, GNM, Hs. 3227a), wo zwar Freiräume gelassen wurden, wobei aber offen bleiben muss, ob sie für eine Illustrierung gedacht waren (vgl. KdiH 4/2,1-2, 5-7, 16-18; KdiH digital, Nr. 38.1.4; Welle 2009, 39 f.).
Der 'Flos duellatorum', der vielleicht auf Liechtenauers Lehre basiert, ist neben dem von der Forschung erst jüngst mit einbezogenen Cod. 5258 noch in sechs anderen, unterschiedlich umfangreichen Codices erhalten (die nachfolgende Auflistung erfolgt in ungefährer chronologischer Reihenfolge):
1. New York, PML, MS M. 383 (20 Bll., Pergament, Fragment, italienischer Text, Venedig?, um 1405-1410, Platz für Widmung frei gelassen).
2. Los Angeles, J. Paul Getty Museum, Ms. Ludwig XV 13 (47 Bll., Pergament, italienischer Text, Venedig oder Padua?, um 1405-1410, Widmungsexemplar für den Marchese Niccolò III. d’Este [1383 oder 1384-1441], in erster Ehe [seit 1397] verheiratet mit Gigliola da Carrara [† 1416], Tochter der Taddea d’Este und des Francesco Novello da Carrara, bei dem Konrad Kyeser hoch in Ehren gestanden ist).
3. Corbetta, Museo archeologico Villa Pisani Dossi, ehem. im Besitz von Carlo Alberto Pisano Dossi, 1849-1910 (35 Bll., Pergament, italienischer und lateinischer Text, 10.2.1410, ebenfalls Niccolò III. d’Este gewidmet; siehe Novati 1902 sowie bei Bildprogramm).
4. Paris, BnF, Ms. lat. 11269 (44 Bll., Pergament, lateinischer Text, ohne Prolog, Norditalien, um 1410-20).
5. Cod. 5278 (30 Bll. [ff. 174r–203r], Papier, ohne Text, Süddeutschland, um 1416/17).
6. Erlangen (16r-43r, 51v, 54r-56r, 59r-61v in einer Sammelhandschrift mit 323 Bll., Papier, deutscher Text, Amberg?, 1510, für Ludwig von Eyb d. J. [1450-1521]).
7. Wien, ÖNB, Cod. 10799 (307 Bll., Papier, ohne Text, 1623 begonnen für Herzog Johann Friedrich von Württemberg [1582-1628]).
Zwei weitere Exemplare werden 1436 und 1508 noch in den Verzeichnissen der Biblioteca Estense in Ferrara erwähnt:
8. Ms. 110 (59 Bll., ebenfalls für Niccolò III. d’Este).
9. Ms. 84 (15. Bll.).
Auf ein weiteres Exemplar weist Fiore dei Liberi selbst in seinen Prologen in New York und Los Angeles hin: Anchora digo che nesuno de questi scolari aqui anommadi non aue may libro in larte de combater altro che miß galeaz di manthoa (New York, PML, MS M. 383, 2v) bzw. Anchora digo che nessuno di miei scolari inspeciale li sopradetti non aue may libro in larte de combattere altro che Missier Galeazo da Mantoa (Los Angeles, J. Paul Getty Museum, Ms. Ludwig XV 13, 3v). Dieser heute verlorene, wohl für alle anderen Handschriften modellgebende Codex wurde demnach für Galeazzo von Mantua gefertigt (eigentlich Galeazzo Cattaneo de Grumellis). Galeazzo war ein Schüler von Fiore, der 1395 in Padua gegen den Maréchal Boucicaut zum Zweikampf angetreten ist (ein zweites Mal 1406). Konrad Kyeser könnte bei diesem Spektakel seinerzeit zugegen gewesen sein (vgl. Cermann 2013, 52, 67 f.). Sowohl Boucicaut als auch Kyeser zogen ein Jahr später (1396) mit Sigismund von Luxemburg in den Kampf gegen die Türken, wobei alle drei die Katastrophe von Nikopolis überlebten. Fiores der Geheimhaltung unterliegendes Fechtbuch wollte dieser eigentlich nur im Kreise seiner Schüler verbreitet wissen, darunter befanden sich allerdings auch einige Deutsche. Der 1428 in Basel ausgetragene Schaukampf (siehe Geschichte der Hs.), bei dem der Besitzer von Cod. 5278 den ortsansässigen Kombattanten Heinrich von Ramstein unterwiesen hat, könnte bei der Verbreitung von Fiores Lehre diesseits der Alpen durchaus eine maßgebliche Rolle gespielt haben. Jedenfalls ist es bezeichnend, daß die beiden späten Ableger Erlangen und Wien, ÖNB, Cod. 10799 Reminiszenzen an Kyesers Werk enthalten (Nr. 12 Achthaben auf den Stand der Sonne beim Zweikampf; Nr. 10 wundersame Speerspitze Meufaton, Nr. 117 mit Spießen bewehrter rechteckiger Schild; vgl. Erlangen, 50v, 51r; Wien, ÖNB, Cod. 10799, 144r, 145r).
Es ist typisch für die Gattung, dass kein Exemplar dem anderen exakt gleicht. Stets wurde das Gezeigte den individuellen Bedürfnissen des zu Unterweisenden angepasst, d. h. das Material wurde den Erfordernissen entsprechend erweitert oder gekürzt (KdiH 4/2,1-2, 108 f.). Alle erhaltenen Codices variieren die Kampfpositionen und die Abfolge der behandelten Kampfarten; zudem unterscheiden sie sich auch formal in der Seitenaufteilung (von einer bis zu sechs Kampfdarstellungen pro Seite). Die hiesige Reihenfolge der Stücke entspricht nur vereinzelt dem Pisani-Dossi-Codex (Cod. 5278, 187r, 198r). Zudem wurden hier die zur Unterscheidung von Meistern und Schülern dienenden Kronen und Strumpfbänder fortgelassen; auch treten die Figuren seltener im Harnisch gegeneinander an (Cod. 5278, 179r, 180r).
Stil und Einordnung
Anders als die übrigen erhaltenen Exemplare von Fiores Fechtbuch ist dieses ohne künstlerische Ambitionen entstanden. Es will keinen Repräsentationsansprüchen genügen (drei der zehn oben angeführten Exemplare gehörten einst Niccolò III. d’Este, bei einem weiteren wurde zumindest Platz für eine Widmungsadresse gelassen; von dem schönsten – Paris, BnF, Ms. lat. 11269 – kennen wir den Erstbesitzer allerdings nicht), sondern allein der Weitergabe von Wissen dienen. Zahlreiche Gebrauchsspuren weisen zudem auf die Verwendung als Musterbuch hin: So wurden Teile des Bilderkatalogs mit einem Griffel durchgepaust, wie an Spuren von Blindlinien ersichtlich ist, die an den Verso-Seiten teilweise reliefartig hervortreten (deutlich sichtbar z. B. auf 183-185). Außerdem finden sich bei einigen Figuren Durchzeichnungen der Konturen auf der Versoseite, so auf 179v und 200v in schwarzer Tinte, auf 200v in schwarzem Stift oder auf 190v und 191v in roter Kreide (auf 191r auch Kreideflecken).
Die Fechtkunst zählte zu den artes mechanicae, zugleich gehörte sie aber auch zu den Hofkünsten. Das Wiener Exemplar befand sich offensichtlich in den Händen eines Meisters (siehe bei Geschichte der Hs.), nicht in denen eines Schülers. Die Bilder waren zum Memorieren der Griffe und Bewegungsabläufe gedacht. Auf den erläuternden Text konnte in diesem Fall daher verzichtet werden.
Die gezeigten Rüstungen entsprechen der Zeit um 1420; der Schnürleib ist für das späte 14. und frühe 15. Jahrhundert kennzeichnend. Vom Stil her vergleichbar sind die Akteure im ältesten Teil des Weimarer Ingenieurkunst- und Wunderbuches: Weimar (I–IV), 7r, 28r, 30r, 31r, 32v, 33r, 35r, 35v, 42r, 42v, 43r, 45v, 72r, 78v (Neumarkt?, 1. Drittel 15. Jahrhundert bzw. um 1410?), für das italienische Vorlagen existiert haben dürften (vgl. Metzger 2001, 261, Cermann 2013, 23, Anm. 84, 57 f.). Die Eigentümlichkeiten der Gewandung blieben in der ca. 100 Jahre später angefertigten Erlanger Kopie erhalten (Erlangen, 114r, 127r, 129r, 130r, 131r, 131v, 132v, 133r, 137r, 137v, 135r, 141v, 153r, 160v). Die mit gezaddelten Schößen und Ärmeln versehenen modischen Wämse im dortigen Fechtbuch-Teil sind demselben Stil der Zeit verhaftet (Erlangen, 20v, 22r, 23v, 25r, 26r, 51v). Erst die Erlangener Sammelhandschrift und nicht Cod. 5278 lassen die Idee aufkeimen, dass Fechtbuch und Bellifortis eventuell einer gemeinsamen Quelle entsprungen sein könnten. Während konkrete italienische Vorläufer für den Bellifortis heute nicht mehr greifbar sind, lässt sich das Fechtbuch sicher in Norditalien verankern. Der Bellifortis des Konrad Kyeser und das Fechtbuch des Fiore dei Liberi könnten möglicherweise beide ihren Ausgang am Hofe des an Waffen und Ingenieurskunst stark interessierten Francesco Novello da Carrara (1359-1406) in Padua genommen haben (vgl. Lohrmann/Kranz/Alertz 2006, Bd. 2, 81 f., 213, 254; Cermann 2013, 53, Anm. 274, 60 f.).
Einband: Wien (Hofbibliothek) 1753 Golddruck Supralibros
Einband restauriert
Weißes Pergament über Pappe aus der Amtszeit des Präfekten der Wiener Hofbibliothek Gerard van Swieten (1745-1772): kaiserliches Supralibros mittig auf VD und HD in Goldprägung, auf VD außerdem oben die Initialen der Hofbibliothek E[x] A[ugustissima] B[ibliotheca] C[aesarea] V[indobonensi] sowie unten diejenigen des Präfekten G[erardus] L[iber] B[aro] V[an] S[wieten] B[ibliothecarius], eingefasst von der Jahreszahl 1753. – VS und NS bilden Doppelblätter mit VDS und HDS. – (VDS) aufgeklebter Zettel mit Notiz. – (HDS) aufgeklebtes Blatt mit Exlibris und Schild. – Restauriert 2010.
Schreibsprache (deutsche Nachträge): niederalemannisch (Menhardt II, 1120). Geheimschrift auf 129r, 139r, 162v, 163v, 201v: phonetische Umschrift von lateinischen und mundartlich süddeutsch gefärbten Passagen in hebräischen Lettern (Loewe 1988). Die These von Quarg 1967 und Elsie 1986, bei der Beschwörungsformel (?) auf 163r handle es sich um Altalbanisch, ist nicht haltbar (vgl. Cermann 2013, 78 f., Anm. 396).
Die Nachträge lassen im Verbund mit dem 'Flos duellatorum' darauf schließen, dass der Bellifortis für einen Fechtmeister hergestellt bzw. spätestens 1428 in die Hände eines solchen gewechselt ist. Bevor der Codex in die Ambraser Sammlung gelangte, muss er im Besitz eines medizinisch bewanderten Praktikers gewesen sein, der des Hebräischen mächtig war (der Schreibverlauf von 202v nach 201v legt nahe, dass er ein trainierter jüdischer Schreiber war, der – wegen der neun Messen, die für einen Zauber gelesen werden sollen [163v] – später konvertiert ist). Die beiden illustrierten Teile waren bereits im 15. Jahrhundert vereinigt, wie die von derselben Hand herrührenden Zusätze auf 129r, 139r, 162v, 163v, 199v, 201v, 202v, 203v erweisen (eine zweite Hand fügte auf 12r, 27r und 185v Notizen hinzu). Vorbesitzer 1: Nicolaus de Eywensto[ck], magister (1r) zeitnaher Besitzvermerk: Liber maigisti (!) Nicolay de Eywensto... (Menhardt II liest noch "eywenstock", vielleicht Eibenstock im Erzgebirge?). Vgl. Eis 1974, 23. In der Cod. 5278 nahestehenden Bellifortis-Handschrift Straßburg nennt sich auf 1r ein Joh. Eybenstock, der wohl nicht mit dem 1461 im Salzburger Bürgerbuch eingetragenen, vermeintlichen Bildhauer Hans Eybenstock zu identifizieren ist (vgl. Czerny 1993, bes. 32). Einem Kaufmann Hans Eybenstock aus Salzburg erteilt Kaiser Friedrich III. 1473 für ein Jahr freies Geleit (vgl. Chmel 1858, 505 f., Nr. 6). Vorbesitzer 2: Cu/onrat (Conrad), Fechtmeister, Schwiegersohn des Fechtmeisters Bartolomeus, 1428 1428 im Besitz eines Fechtmeisters namens Konrad in Basel nachweisbar: (12r) Nachtrag: anno domini Mo cccc vicessimo octauo dominica antte lucie do vaht Ju[n]ckher Hainrich von Ramstain my/:t dem spany/:o/el, der sich na[m]pt her Johan Demerlan. da lert ich Ju[n]ckher Hainrich von Ramstain vnd dez selben nachtes kam ain erd bydem, daz die lút uß den hússern flu/echen. der kamen funff, die ich hort yettschlich lu/ot sprachen, ir weren súben. Do waz ich Cu/onrat Schirmaister (Fechtmeister), Bartolomeus dez schirmaisters sa/elligen tochterman, xliiij Jar alt. Der mit Spieß, Streitaxt, Schwert und Degen ausgetragene Zweikampf zwischen dem Basler Junker Heinrich von Ramstein und dem spanischen Abenteurer Johannes von Merlo fand am 12.12.1428 auf dem Basler Münsterplatz statt (vgl. Bernoulli 1890, 40-43, 155-160, 436 f.). Vorsitzender Kampfrichter war Markgraf Wilhelm von Hachberg, Herr zu Rötteln und Sausenberg. Ein her marggraff von Ro/ettelen wird in der 1443 datierten Bellifortis-Handschrift Köln, 84r genannt, vgl. auch Wien, ÖNB, Cod. 3064, 12v. Der Sieg des fahrenden Ritters Don Juan de Merlo fand noch 1605 im 'Don Quijote' des Miguel de Cervantes Erwähnung (Buch I, Kapitel 49). Ein 1367 in Bozen als Zeuge auftretender Chunradus mag. dimicatorum qui dicitur schirmmayster f. Chundradi de Paw/eren kann aufgrund seines Alters nicht der beim Basler Erdbeben anwesende 44-jährige Fechtmeister Konrad gewesen sein (vgl. Obermair 2005/2008, Bd. 1, 363, Nr. 743). Von einem Magister Bartholomäus Cyrurgicus aus Andlau im Elsass ist eine kenntnisreiche Abhandlung zur Behandlung von Rückenverletzungen durch Spieß oder Hellebarde überliefert; vgl. Broszinski 1978. Vorbesitzer 3: Maximilian I., Kaiser (1459-1519) Die Angaben bei Gottlieb 1900, 81, 84, 87, 89 (Ambr. 228), Cod. 5278 sei im 1538 datierten Inventar der im Schatzgewölbe der Innsbrucker Burg aufbewahrten Bücher (Innsbruck, ULBT, Cod. 909) ausdrücklich unter den Pergament-Handschriften "... in grosse[r] Form, ... mit illuminierten figuren, ... im Auftrage Ferdinands I. aus dem Schatzgewölbe ausgehobenen Bücher[n]" erfasst, beruhen auf der falschen Annahme, Cod. 5278 sei mit Ain pergamene gemalt buech von streitt instrument in rot gepunden von pogen plettern (vgl. Gottlieb 1900, 107, Nr. 306) gleichzusetzen. Tatsächlich dürfte es sich bei Cod. 5278 aber um das zweitgenannte Exemplar der im nachfolgenden Eintrag zusammengefassten Zway streittbuecher mit figuren auf papier in rot gepunden das ain hat pucklen (vgl. Gottlieb 1900, 107, Nr. 307-308) handeln. Gottlieb identifizierte den ersten der beiden Bände mit dem gleich großen Bellifortis Wien 3068. Cod. 5278 müsste demnach ursprünglich in rotes Leder eingebunden und mit Beschlägen versehen gewesen sein. Vorbesitzer 4: Schloss Ambras, bis 1665 Vorbesitzer 5: Wien, Hofbibliothek, 1665, Ms. Ambras. 228 1665 aus Schloss Ambras in die Hofbibliothek nach Wien transferiert; siehe Lambeck II, 847 (zusammen mit zwei weiteren Bellifortis-Handschriften und einem Büchsenmeisterbuch, Ms. Ambras. 229 bis 231 = Wien 5518, Wien 3068, Wien 3069). (1r) Ambraser Signatur sowie Bibliotheksvermerk von der Hand Peter Lambecks.
Regina Cermann (Forschungsstand 2014, MeSch VI, Korrektur zur Provenienz 8/2023; Vorarbeiten: Veronika Pirker-Aurenhammer; Redaktion Katharina Hranitzky 2022); Wasserzeichen Maria Stieglecker
Meyer, Wilhelm: Aufgeklebter Zettel mit Notizen zum Inhalt, 1900 dat. (laut Quarg 1965, 3, hat Meyer in den Jahren 1891-1893 umfangreiche Vorarbeiten für eine kritische Ausgabe des Bellifortis unternommen; seine Aufzeichnungen gelangten als Teil seines Nachlasses in die Göttinger UB).
(Ir)
Schulte, Heinrich: Notizen und Konkordanzlisten (März 1909).Es folgt eine Notiz von [Josef] Bick (1880-1952), dem späteren Generaldirektor der ÖNB, unterzeichnet von [Rudolf] Beer, Wien, 10.5.1911, über ein vom Antiquariat Hiersemann in Leipzig angebotenes Bellifortis-Exemplar (heute München 30150).
1
Ir
Tit.: (Notiz) der c. 5278 ist wohl das reichhaltigste Exemplar der älteren Ausgabe des Bellifortis von Kyeser, die von der späteren Ausgabe, s. c. 63 Göttingen Universität und 16 0 27 Ferdinandeum Innsbruck, abgesehen von den vielfachen kleinen Textänderungen sich dadurch unterscheidet, daß in der neueren Ausgabe das liber ignium des Marcus Graecus aufgenommen und der Stoff statt in 7 in 10 Kapitel eingetheilt wurde. ...
(Iv)
Leer.
Teil 1
(1r-164v)
Conradus Kyeser: Bellifortis, lat., geordnete 7-Kapitel-Fassung (Kopie nach Chantilly). Intermittierend themennahe Bildnachträge ohne Beitexte (weiter in Teil 2) sowie nachträgliche Ergänzungen auf schon vorhandenen Bildseiten.
(1r)
Zeitnaher Besitzvermerk. Ambraser Vorsignatur. Bibliotheksvermerk von Peter Lambeck.
1
1r
(Oben) Liber maigisti (!) Nicolay de Eywensto...
(1r)
Notiz zur Viersäftelehre.Temperamente und Elemente. Nachtrag.
1
1r
(Oben rechts) Sangwy/:uscolerycus flummaticus / de celo ingnis aqua terra etc.
(12r)
Namenmantik.Voraussage, wer in (gerichtlichen) Zweikämpfen siegt bzw. verliert. Vgl. 27r. Nachtrag.
1
12r
Si paribus vel inparibus constant elementis nomina pugnantum pars vincitur agredientis ...(Walther, Initia, Nr. 17832)
(12r)
Notiz von einem Fechtmeister namens Konrad, Basel 1428.Nachtrag.
(24v)
Leer.
(26v)
Leer.
(27r)
Namenmantik (laut Quarg 1967, XLIV, hingegen chiffrierte "mittelalterliche Grundregel für die Urteilsbildung eines Gerichtshofes", dazu bereits kritisch Heimpel 1971, 122). Voraussage, wer in (gerichtlichen) Zweikämpfen siegt bzw. verliert. Sinngemäße Übertragung von 12r, Worte z. T. rückwärts geschrieben. Nachtrag.
1
27r
Sind die name hcileg [gleich] der rehcerpsna [ansprecher] gewint / ist ainer dareg [gerad] und red [der] redna [ander] dareg/un [ungerad] der h/ercerpsna [ansprecher] teniweg [gewinet] Sind eid [die] eman [name] edeb [bede] ungerad [darunter: et] der ansprecher verlur
(49r)
Unverständlicher Text, Worte z. T. assonierend (in Sarnen, Benediktinerkollegium, Cod. membr. 25, 303r durch Beischrift als Heilzauber für brünstige Tiere ausgewiesen; vgl. Bretscher-Gisiger/Gamper 2005, 187). Nachtrag.
lieb haben und myden daz ist ain bider liden(Thesaurus proverbiorum, Bd. 7, 476)
(86v)
Leer.
(99v)
Leer.
(105v)
Kunstlose geometrische Zeichnung: Rechteck und Dreieck.Nachtrag. Zwei Zeilen Text (vom Hauptschreiber) kopfüber.
(123v)
Rezept zum Härten von Waffen, dt.Nachtrag.
(129r)
Magister Hugo von Gardimo (Gehrden?): Rezept für belebendes Öl, dt., lat., partiell hebräische Schriftzeichen.Nachtrag.
(129r)
Pestrezept, dt.Nachtrag.
(139r)
Aufgeklebter Zettel mit Notizen, teilweise in hebräischen Lettern.Nachtrag.
(153v)
Leer.
(154v)
Leer.
(162r)
Kryptischer Text (= Chantilly, 153v [vgl. Cermann 2013, 78 f. mit Anm. 396]; siehe auch Linz, OÖLB, Hs.-420, p. 16 f. [vgl. Hranitzky–Schuller-Juckes–Rischpler 2018, 110]; zu einer möglichen Deutung als lat.-altalbanischer Initiationsritus vgl. Quarg 1967, XLV und Elsie 1986; die Beschwörungsformel [?] ist jedoch bereits im 13./14. Jh. in Nürnberg, GNM, Hs. 23374, 212v, einem Brevier der Diözese Gurk aus dem 12. Jh., am Rande notiert worden; vgl. Hilg 1986, 21). Drei Absätze, ehem. größtenteils geschwärzt, heute wieder lesbar.
(Randnotizen) Rot niger rot [Bezugnahme auf den Tintenwechsel in Chantilly, 153v]
(162r)
Zwei Rezepte zur Herstellung von Wolfskugeln zum Vergiften von Tieren, dt. (ähnlich z. B. im 'Mühldorfer Haus- und Arzneibuch', Karlsruhe, BLB, Cod. Donaueschingen 793, 21v, 23r; vgl. Eis 1964b, 17 f. und Eis 1974, 23). Nachtrag.
(162v)
Anweisungen zum Füllen und Reinigen der Flüssigkeitsschleuder, hebr./lat. (Transkription und Übersetzung bei Loewe 1988 350 f., mit Abb. S. 367). Größtenteils in hebräischer Umschrift; dem vorhandenen Bild beigefügt. Nachtrag.
(163r)
Tabelle mit den sieben Planeten, den sieben Wochentagen und den Ziffern 1-24 (planetarische Stunden), lat.Nachtrag.
(163v)
Liebes- und anderer Zauber, hebr. (Loewe 1988, 353 ff., mit Abb. S. 367). In hebräischer Umschrift. Nachtrag.
(164r)
Leer.
Teil 2
(165r-173v)
Federzeichnungen.Themennahe Bildnachträge zum Bellifortis ohne Beitexte, siehe auch 1r-164v.
(173v)
Briefentwurf.Nachtrag.
1
173v
Mein freuntlichen / Mein freuntlichen dinst wist vor / liben hern [?] ich laz euch wissen daz / ich schuldick pin und gelten schol
Teil 3
(174r-203v)
Fechtbuch (fußend auf Fiore dei Liberi da Premariacco, 'Flos duellatorum', ed. Novati 1902 nach dem Pisani-Dossi-Codex [Corbetta, Museo archeologico Villa Pisani Dossi], siehe auch Rapisardi/Toran 1998). Bilderkatalog ohne Text, Illustrationen jeweils auf den Rectoseiten, Versoseiten leer bzw. nachträglich vereinzelt mit partiellen Durchzeichnungen (179v, 190v, 191v, 200v) oder inhaltlich nicht zugehöriger Beschriftung versehen (185v, 199v, 201v, 202v, 203v).
(185v)
Notiz zur Namenmantik.Nachtrag.
1
185v
Sy paribus vel inparibus (vgl. 12r, 27r)
(199v)
Beurteilung der Blutkonsistenz für den Aderlass, dt.Nachtrag.
(201v et 202v)
Zahlen- und Namenmantik, mit Zahlen-/Buchstabentabelle.Beginn 202v. Berufung auf Ptolemäus und Pythagoras. Hebräische Einsprengsel im letzten Absatz. Alphabet in der Tabelle ohne j, v, w. Nachtrag.
(201v)
Notizen zur Namenmantik.Nachtrag.
1
201v
P[ate]r diucius q[uam] m[ate]r / Iohannes diucius / Jerkg / vrsula / Ast aci[us] (?) ue[n]it (?) / Ravensp[ur]g(siehe auch Menhardt II, hier "Ast cicius" und "Ravensperg")
(203v)
Wirkungsweise zehn verschiedener Heilwässer, dt.Vorletzter Satz lat., letzte Zeile ps.-hebräisch. Nachtrag.
(204r)
Leer.
(204v)
Federproben, kalligraphisch.Nachtrag.
4
204v
Dem strengen und vesten herrn her Sigmund / von Pronow yetz zuo Lantzhuot minem
204v
Aambmcmdmemfmgmhmjmkmlmmmnmompmqmrmsmsmvmxm [das vorletzte s ein Schaft-s]
204v
Ich mayster Jorg Brayttnower bek[enn]
204v
(auf aufgeklebtem Zettel) Dem fursichtygen und weysen
NS
(I*r-I*v)
Leer.
(HDS)
Exlibris der ÖNB mit Nennung des Sponsors der Restaurierung 2010 (aufgeklebtes Blatt); kleines bedrucktes Schild mit Restaurierungshinweis (auf altem HDS).