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Wien, Österreichische Nationalbibliothek (ÖNB), Cod. 5393
KONZILSBEZOGENE MATERIALIEN. MNEMOTECHNISCHER TRAKTAT U. A. (lateinisch/deutsch)
Olim: Salisb. 292    Papier   354 Bl.   295×205/215 (Bl. 114, 155, 156: 200)   Bairisch-österreichischer Sprachraum, um 1400/1476
Provenienz/Letztbesitzer: Kartause Gaming (?)
Handschrift aus 3 Teilen zusammengesetzt: 1  (1-328) 15. Jh.; 2  (329-339) um 1445/1449; 3  (340-351) um 1400
 Wasserzeichen:  Metadaten zu Teil 1, Teil 2, Teil 3  |  Vorschau Bilder zu Teil 1, Teil 2, Teil 3  |  Einzelbilder: fol. 333, 338, 341, 342, 346, 347, 351.
Literatur zur Handschrift (Anzahl: 38)

Fehlerhafte Zählung: 351, zusätzlich 121*, 161*, 200* (nicht foliiert); nach 95 eingehängter Zettel, als 95a bezeichnet. – Lagen: 4.VI48 + (VI–5+5)60 + (VI–1+1)72 + (V–2+2)82 + 80161* + 3.V191 + (V-3)198 + 3200* + VI212 + (VI–2)222 + 4.V262 + (III–1)267 + 60327 + 1328 + (VI–2+1)339 + VI351. Aufgrund der Neubindung ist der Lagenverbund z. T. schlecht erkennbar.

Teil 11-328   Papier   15. Jh.
Lagen: 4.VI48 + (VI-5+5)60 + (VI-1+1)72 + (V-2+2)82 + 80161* + 3.V191 + (V-3)198 + 3200* + VI212 + (VI-2)222 + 4.V262 + (III-1)267 + 60327 + 1328. – (3-161*) Faszikel mit Einzel- und Doppelbl., meist ursprünglich gefaltet (Akten und Originalbriefe mit Siegellackspuren: 60v, 100r, 160v); (268-327) weiteres Faszikel; (285v) mit zwei Zetteln beklebt, der obere aufklappbar; (87-94, 145, 148-153, 284, 268 f., 297 f., 340-351) im 15. Jh. mit Papierstreifen verstärkt/vergrößert; (247, 248) Klebe- und gelbe Farbspuren. – Kustoden: in den Lagen 1-5 am Lagenbeginn (1-5), 107r überklebt; die Texte z. T. aus größeren Zusammenhängen herausgelöst, vgl. die Kustoden 122r (33), 131r (29), 286r (dd), 298r (2). Reklamanten 12v, 24v, 36v, 48v, 191v, 212v, 232v, 242v, 262v.
Fragmente: In den Lagen 1, 2, 4 sowie zwischen 218/219 und 227/228 Falzverstärkungen mit Text (Lagen 1 und 2: 14. Jh.?, dt., zweispaltig, Erklärungen zum Kalender; die anderen Textfragmente lateinisch, unidentifiziert). – Wasserzeichen: Im Bereich 323r-325v ein Wasserzeichen von 1476 (Waage im Kreis: Piccard, Waage, Abt. IV, 354). – Leerseiten: 55v, 60v, 80v, 97v, 100v, 103v, 111v, 117v, 121*, 148v, 161*, 198v, 200*, 214v, 281v, 283v, 317v, 322v.
Schrift: 2 verschiedene Schriften/Schreiber
Schrift 1(Teil 1) Schriftart: Bastarda
Vorwiegend Bastarda. Schriftspiegel, Spalten- und Zeilenzahl wechselnd; in den ersten fünf Lagen, Bl. 104r, 105v sowie 122r-130v und 286r-305v zweispaltig. Diverse Schreiber; längere Passagen, die jeweils dieselbe Schrift zeigen: 1r-55r / 61r-71r / 73r-80r / 87r-94v / 118r-121v / 122r-130v / 131r-144v / 145r-148r / 149r-153r / 155r-160v / 162r-198r / 201r-222v / 272r-279v / 286r-297v / 298r-305v / 306r-317r / 318r-322r. Außerdem: 200rv, 282r–283r / 223r–267v, 270r–272r.
Schrift 2(61r-71r) Schreiber: Peter Deckinger – Schriftart: Bastarda
Zuschreibung mit Fragezeichen, s. Simader, Bücher Universität Wien. Zu Mag. und Dr. iur. Peter Deckinger / Dekkinger (Universität Wien, †1424) s. auch RAG.
Ausstattung: Illuminiert   Rubriziert   Federzeichnung(en)   
Nur wenige Texte mit Rubrizierung (rote Strichel, Unterstreichungen, Paragraphzeichen): 1r-55r, 107r-108v (blassrot), 118r-144v, 268r-269v (kritzelige rote Strichel), 286r-305v, 326r-327v (rote Überschriften); einige sehr flüchtige Zeigehände (z. B. 53v, 175r, 195v). Selten Lombarden: 52r und 53r (zwei- bis dreizeilig, rot), 286v-305v (ein- bis vierzeilig, rot und grün, ab 300v mit geringer Verzierung), 327rv (einzeilig, rot). (162r-198r) meist zweizeilige tintenfarbene Initialen, teilweise nur Umrisslinien, fallweise mit flüchtigem Dekor. – (83v) Blattanken in brauner Feder auf den unteren Rand gezeichnet (83, 84r: 1415 dat.). – (131r) rot-grüne Fischinitiale (der Text 1433 datiert).
Teil 2329-339   Papier   um 1445/1449
Lagen: (VI-2+1)339.
Datierung nach Wasserzeichenbefund.
Ausstattung: Illuminiert   Figürlicher Buchschmuck   Federzeichnung(en)   
(329r-339r) 11 ganzseitige kolorierte Federzeichnungen, mnemotechnisch (jeweils auf den Rectoseiten). Jeweils eine Hauptfigur, die von 10 Einzelbildern besetzt ist bzw. umgeben wird: Alltagsgegenstände, Tiere, Pflanzen, kleine Figuren und ebensolche Szenen. Als Einzelbild ist jeweils auch der Kopf der zentralen Figur zu werten. Räumliche Verankerung der Figuren durch Bodenandeutungen. – Die Kolorierung ist einfach, zuweilen nachlässig ausgeführt, vgl. den Regenbogen über dem Haupt des Kanonikers (331r). Die Palette mit den Hauptfarben Gelb, Ocker und Beige ist erdig. Orange, der auffälligste Farbton, wurde für die Gestaltung des Königsmantels (336r) und des Kreuznimbus Christi (335r) eingesetzt. Wenig Binnenzeichnung. Die Faltenwürfe und der Metalleffekt der Rüstung wurden mit wenigen Farb- bzw. Grauabstufungen erreicht. Das Inkarnat fleischfarben.
Die stilistischen Charakteristika des Figurenzyklus in Cod. 5393 (s. Kunsthistorischer Kommentar) lassen keine allzu eng gefasste geographische Einordnung zu. Vielmehr erstreckt sich der zeichnerische Kontext vom Elsass entlang bzw. südlich der Donau bis nach Wien. Da die Dokumentensammlung (Teil 1) und der Figurenzyklus (Teil 2) entstehungsgeschichtlich als voneinander unabhängige Teile zu sehen sind, dürfen die mittelbairischen Einsprengsel im Aktenkonvolut (s. Geschichte der Handschrift) nur mit Vorsicht als Indikator gewertet werden. Ebenso ist das in der illuminierten Lage (Teil 2) feststellbare Wasserzeichen, für das in der 1449 datierten Handschrift Wien, Schottenstift, Cod. 272 (Hübl 277) Parallelen nachweisbar sind, zu unspezifisch, um als lokalisierungsrelevantes Indiz gelten zu können.


Teil 3340-351   Papier   um 1400
Lagen: VI351.
Datierung nach Wasserzeichenbefund.
Schrift:
(340r-351v) Schriftart: Bastarda
Ausstattung: Illuminiert   Rubriziert   Einfacher Dekor   Federzeichnung(en)   
(340r-350v) tintenfarbene I-Initialen in Fischform. – (340r) auf dem unteren Seitenrand 2 unkolorierte Federzeichnungen in Braun: Gedächtniszimmer-Schemata, mit den Figuren in Teil 2 (vorletzte Lage, Bl. 329-339) zusammenhängend.

Einband: 20. Jh.     Schmucklos        
Einband restauriert
Holzdeckel; das ursprüngliche Leder (s. RTA 10, XCIII, dort von einem "dünnen, stark verwitterten Schweinsleder" die Rede und als Datierung mit Fragezeichen das 16. Jh. angegeben) wohl im Zuge der Restaurierung 1932 durch gelbes Rauleder ersetzt. – (VDS) zwei aufgeklebte Blatthälften, die obere u. a. mit der Recentes-Signatur der Hofbibliothek (Nus 3680), die untere mit Einträgen und Verweis auf abgelöste Fragmente in der Fragmentensammlung der ÖNB (sowie Klebeschild zur Restaurierung). – (HDS) 2 Blatthälften mit Beschriftung, Klebeschild mit Restaurierungshinweis (2012).


Schreibsprache: z. T. mittelbairisch (72rv, 115r-116r, 286va-287rb). – Die Handschrift setzt sich aus drei Teilen zusammen, von denen sich der weitaus größte (1-328) wiederum aus Dokumenten und Texten aus verschiedenen Jahren (alle 15. Jh.) zusammensetzt. Im Bereich mit der jüngsten Textdatierung (323r-325v: 1466) lässt sich ein Wasserzeichen von 1476 (Waage im Kreis: Piccard, Waage, Abt. IV, 354) feststellen, das einen terminus post quem für die Zusammenstellung dieses Handschriftenteils und zugleich für die endgültige Konstituierung des gesamten Codex liefert. In dieser Zeit wurde vermutlich auch der Text des mnemotechnischen Teils (328v-329v) ergänzt. Der Teil 329-339 (vorletzte Lage) kann aufgrund der Wasserzeichen um 1445/1449 datiert werden, der Teil 340-351 (letzte Lage) um 1400. – VDS: zwei eingeklebte Blatthälften, auf der unteren durchgestrichene Einträge mit Nennung des Jahres 1441.
Vorbesitzer 1: Gaming, Kartause, 15. Jh.
Ausgangspunkt der Dokumentensammlung war wohl das Kartäuserkloster Gaming, s. die beiden Briefe (113rv, 114rv) des Petrus von Pulkau vom Konstanzer Konzil an den Gaminger Prior und Visitator Leonhard II. Petraer (Prior von Gaming: 1406–1411, 1413–1422; †1435) – s. RTA 10, XCIII f. In Gaming hat sich die Sammlung wahrscheinlich bis in 1430er Jahre befunden, worauf das Schreiben 100r (1435) an Friedrich, 1430-1443 Prior von Gaming hindeutet. Wo die Zusammenführung der mnemotechnischen Lage mit dem Aktenkonvolut erfolgte und wo sich die Handschrift befand, bevor sie in die Hofbibliothek gelangte, ist ungeklärt.
Vorbesitzer 2: Wien, Hofbibliothek, Wende 18./19. Jh., Rec. 3680 / Salisb. 292
Die Handschrift erhielt zuerst eine Recentes-Signatur (VDS), bevor sie in die Salisburgenses-Reihe einsigniert wurde (s. Simader, Salisburgenses). Weitere Beispiele für Gaminger Handschriften mit Salisburgenses-Signatur: Wien, ÖNB, Cod. 1519 und Cod. 1655. – Fragmente abgelöst, jetzt ÖNB, Fragm. 849: sechs Stück Wildleder und 16 Stück Pergament aus einer Musikhandschrift (mit Quadratnotation) sowie aus mindestens einem anderen Codex (13./14. Jh.).
Susanne Rischpler (Forschungsstand 2013, MeSch VI; Redaktion Katharina Hranitzky 2021/2022); Wasserzeichen Maria Stieglecker

"Piccard", "Simader, Bücher Universität Wien", "Hajdu 1992", "Heimann-Seelbach 2000", "Khan 2007", "Rischpler 2009a", "Volkmann 1929", "Rischpler 2004a", "Rischpler 2013a", "Gabriele 2006", "Vom ABC bis zur Apokalypse 2012", "Rischpler 2013", "Häussermann 2008", "Saurma-Jeltsch 2001", "Aderlass und Seelentrost 2003", "Handschriftencensus", "Herrlinger 1967", "Blume 2006", "Fritz 1987", "", "Durand 1952", "Devisse–Mollat 2,2", "Darmstaedter 1922", "Gamber 1953", "Moser E. 1997", "RTA 10", "Simader, Salisburgenses", "MeSch VI", "Tschackert 1877", "Mansi XXVII", "Palacký, Hussiten 2", "RTA 9", "Bellaguet 1940", "RTA 19,1", "Mansi XXIX", "Hofmann, Concilium 2", "Finke IV", "Girgensohn 1964", "Firnhaber 1856", "RTA 13,1", "Lhotsky, Quellenkunde", "Hofmann, Concilium 3", "Mansi XXX", "Hofmann, Concilium 1", "Kurze 1975", "Gretser 1613", "VD 17", "Välimäki 2018", "Wolkan, Piccolomini", "Pribram 1890/1894"
alle Initien
(VDS) Vorsignaturen.
(VDS) Einträge. Durchgestrichen.
   1
VDS Tit.: Item anno 41o [1441] qui tenentur m[?]nam [?] Item Jans M[?]inkg auf der vorstat qui [?] taliter [?] … Domini autem nativitatis Marie [?] anno 41o [1441].
Teil 1
(1r-328v) Materialien und Schriften vorwiegend zu den Konzilien von Basel, Pisa und Konstanz (siehe im Detail unter 'Weitere Beschreibung'). Zwischen den Texten zahlreiche Leerseiten, siehe oben, Teil 1.
(1r-45v) Petrus de Alliaco Apologia concilii Pisani contra tractatum Bonifacio Ferrerii, 10.1.1412 (ed. Tschackert 1877, App., XII, 31-41).
(286r-287r) Petrus Zwicker OSBCoel Contra errores Waldensium; Vier Schwurformeln, dt.; Absolutionsformel, lat. (ed. Kurze 1975, 73-75 und 75-77).
(287v-305v) Petrus Zwicker OSBCoel Liber contra Waldenses (erste Ed. Gretser 1613, 201-276; s. Välimäki 2018, 159, Anm. 38, 167).
   1
287v Cum dormirent homines ...
Teil 2
(328v-329v) Mnemotechnischer Traktat (ed. Khan 2007, 13-20; Teiled. Volkmann 1929, 124-131).
(329r-339r) Figurae zu 328v-329v. Jeweils auf den Rectoseiten.
(329v-339v) Versoseiten leer.
(339r) Textergänzungen zu 328v-329v.
Teil 3
(340r) Zwei Schemata: Gedächtnis-Zimmer. Auf unterem Seitenrand.
(340r-351v) Sammlung von Mustern für Rechtsgeschäfte an der Kurie, mit Bezügen insbesondere zur Diözese Passau 1388-1400 (RTA 10, XCIII f., Nr. 14).
   1
340r Tit.: Procuratorium generale ad causas et ad Romanam curiam et alibi
(1400)
(HDS) Notizen.