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Wien, Österreichische Nationalbibliothek (ÖNB), Cod. 12785
MISSALE FESTIVUM
Olim: Suppl. 224    Pergament   84 Bl.   220×155/160   Kärnten (?), 13. Jh. und 2. Viertel 15. Jh. ?   
Provenienz/Letztbesitzer: Villach, Sammlung Crusiz
Handschrift aus 4 Teilen zusammengesetzt: 1  (VDS) um 1300; 2  (1-6) spätes 13. Jh.; 3  (7-20) 2. Viertel 15. Jh.; 4  (21-HDS) spätes 13. Jh.
Literatur zur Handschrift (Anzahl: 8)

83 gezählte Blätter: zusätzlich der Pergamentstreifen Bl. 37a. Dieser wie Bl. 31 (Halbblatt) im 15. Jahrhundert eingebunden. In Teil 3 (ab Bl. 21) Kustoden. VS aus Papier (18. Jh.).

Teil 1VDS   Pergament   um 1300
Schrift:
(VDS) Vorform der älteren gotischen Kursive.
Teil 21-6   Pergament   spätes 13. Jh.
Lagen: III6
Schrift:
(1r-6v) Schriftart: Textualis
Ausstattung: Illuminiert   Rubriziert   Einfacher Dekor   
Kalender: Rote KL-Ligaturen mit grünlichen, konturbegleitenden Linien; die Binnenfelder teilweise grün ausgemalt. – Missale festivum: Rot gestrichelte Satzanfänge, rote Überschriften und ein- bis vierzeilige rote Lombarden; 21r (Weihnachten) mit grünen Begleitlinien mit Ausbogungen und einem in einer Halbpalmette endenden Fortsatz, 74r mit Palmettenfortsatz.
Teil 37-20   Pergament   2. Viertel 15. Jh. (?)
Lagen: IV14 + III20
Schrift: 2 verschiedene Schriften/Schreiber
Schrift 1(7r-12r, 20rv) Schriftraum: 160/165 × 100/105    Spaltenzahl: 1    Zeilenzahl: 21   
Schriftart: Textualis
Zwei Schriftgrößen.
Schrift 2(13r-19v) Schriftraum: 160/165 × 100/105    Spaltenzahl: 1    Zeilenzahl: 15   
Schriftart: Textualis formata (Textura)
13r-19v: 15 Zeilen.
Ausstattung: Illuminiert   Rubriziert   Fleuronnéeinitiale(n)   Figürlicher Buchschmuck   Graphik(en) (Holzschnitt, Kupferstich, Metallschnitt, Teigdruck)   
Rot gestrichelte Satzanfänge und rote Überschriften. Ein- bis vierzeilige rote Lombarden, (7r, 9r, 9v, 13r) mit Fleuronnée: in den Binnenfeldern Perlenreihen und einfache Knospengruppen, Perlenbesatz mit flüchtigen Fibrillen. – (12v) Kreuzigung, dreifigurig (170x115). Die Kreuzigungsgruppe samt Kreuz und Terrainsockel aus einem Einblattholzschnitt herausgeschnitten. Rote, grüne, blassgelbe und blassbraune Kolorierung. Die Darstellung von einem roten Doppelrahmen umgeben, der Hintergrund mit grob gezeichnetem roten Fadenrankenwerk und Sternen verziert. Das Schriftband über dem Kreuz von Hand ergänzt. Der Holzschnitt nicht bei Schreiber verzeichnet. – Das bescheidene Fleuronnée erlaubt keine genauere Einordnung des im 15. Jahrhundert ergänzten Teils. Der als Kanonbild verwendete Holzschnitt hingegen weist Stilformen auf, die eine Datierung des Blattes am ehesten in das 2. Viertel des 15. Jahrhunderts nahelegen (vgl. die stoffreichen Gewänder, die z. T. in spitz zulaufende Schüsselfalten gelegt sind und die zu Füßen der Figuren einen "Stoffsockel" bilden).
Teil 421-HDS   Pergament   spätes 13. Jh.
Lagen: IV28 + (IV+1)37 + (IV+1)45 + 3.IV69 + VI81 + I83 + 1HDS.
Schrift:
(21r-83r) Schriftraum: 165/170 × 100/110    Spaltenzahl: 1    Zeilenzahl: 22   
Schreiber: Chunradus – Schriftart: Textualis – Neumen
Schreibername auf dem HDS. Chunradus setzte als Textschreiber offenbar mit 59r ein, von seiner Hand aber vermutlich auch schon die Neumen ab 21r.
Ausstattung: Illuminiert   Figürlicher Buchschmuck   
(30v) Federzeichnung zum Nachtrag des Fronleichnamsoffiziums: auf dem Anfangsbuchstaben ein Kelch mit Hostie, in die ein Kruzifix eingezeichnet ist.

Einband: Streicheisenlinien        
Braunes Leder über Holzdeckeln, Streicheisengliederung. Spuren von zwei Schließen. Zwei Risse im Leder genäht.


Das bescheidene Missale, das aus ungleichmäßig beschaffenem und zumeist steifem Pergament besteht, entspricht dem geringen Rang der Filialkirche, für das es bestimmt war und in der es über Jahrhunderte verblieb. Während des 15. Jahrhunderts wurden zwei Lagen erneuert, die vor allem die gleichbleibenden Teile der Messe enthielten; der ersetzte Teil daher vermutlich bereits abgenützt. – Zu datieren ist das Missale festivum aufgrund von Schrift und Dekor spätestens zu Beginn des 14. Jahrhunderts. Dies wird durch das Fehlen des Fronleichnamsoffiziums bestätigt, das 30v-33v am unteren Rand und auf einem Zusatzhalbblatt nachgetragen wurde. – Im Kalender für die Kirchenprovinz Salzburg typische Eintragungen. Weitere, vom Hauptschreiber des Kalender stammende Fest- und Obiit-Einträge belegen die Bestimmung des Kalenders für die Kirche am Rupertiberg (Südkärnten): Dedicatio S. Rudperti in monte (19.6.), Diemodis uxor Heinrici scribe de monte sancti Rudperti obiit in Christo (28. März); des Weiteren Dedicatio Sancti Georgii in Chayschach [Keutschach] (24.8., rot), Dedicatio S. Egidii [St. Egyden an der Drau] (10.11.). Den weiteren Gebrauch vor Ort dokumentieren nachgetragene Nekrolognotizen (14. Jh.); dem 15. Jh. gehören unter anderem an: Johannes obiit de Monte (15.11.), Ebh [?] Johannes de Monte (11.12.). Siehe MGH Necrologia V, 598. – Auch der im 15. Jahrhundert ergänzte Teil weist aufgrund des darin enthaltenen Officium de Sancto Rudberto (9v-12r) auf eine Bestimmung für die Kirche am Rupertiberg hin. Klugseder 2014, 189 zur Entstehung der Handschrift: "Vermutlich nutzte man die Handschrift als Textvorlage, ohne die Notation zu gebrauchen. Der neumierte Teil des Missale enthält zudem keine Hinweise auf eine besondere Verehrung des hl. Rupert. Berücksichtigt man die (...) besonderen Angaben des Kalendars, könnte man als Entstehungsort ein Benediktinerkloster im freisingisch-salzburgischen Raum vermuten." – Die Auffindung der Handschrift anlässlich des Abbruchs der Kirche zusammen (?) mit den aus dem Altar geborgenen Reliquien ist auf einem vorgebundenen Papierblatt dokumentiert; darin werden der Bauherr Simon Rauscher, Vikar in St. Egyden, und der Viktringer Abt Bernhard Winterl, der den Kirchenneubau 1769 geweiht hatte, genannt. – (20v) stark verblasster Bleistifteintrag: das ist ... hat 1844 Joh. Pacher [?]. – 1847 von der Hofbibliothek aus dem Besitz von D. Crusiz, Villach, angekauft.
Martin Roland, nach Vorarbeiten von Veronika Pirker-Aurenhammer (Forschungsstand 2015, MeSch VI; Redaktion Katharina Hranitzky 2022)
"MGH Necrologia V", "Klugseder 2014", "MeSch VI", "Huemer 1886", "Lhotsky, Quellenkunde", "700 Jahre Schlacht bei Dürnkrut"
alle Initien
Missale zum Gebrauch der Filialkirche Rupertiberg (Ecclesia in Monte S. Ruperti).
(VDS) Rhythmus auf die Schlacht auf dem Marchfeld 1278 (ed. Huemer 1886; siehe Lhotsky, Quellenkunde, 267 f. und Alphons Lhotsky, in: 700 Jahre Schlacht bei Dürnkrut, Nr. 154). Einzige Überlieferung des Textes.
(VS) Vermerk über die Auffindung der Handschrift (18. Jh.).
(1r-6v) Kalender, mit nekrologischen Notizen der Filialkirche Rupertiberg.
(7r-9v) Ordo Missae: Gloria, Credo, Praefationes, Sanctus.
(9v-12r) Offizium des hl. Rupert.
(12v) Kanonbild.
(13r-20v ) Canon missae. Ordo Missae, Fortsetzung.
(21r-51r) Missale festivum (zu den Sequenzen siehe Klugseder 2014, 188). Offizien zu Weihnachten, Epiphanie, Maria Lichtmess, Maria Verkündigung, Ostern, Christi Himmelfahrt, Pfingsten, Johannes der Täufer, Petrus und Paulus, Maria Magdalena, Maria Himmelfahrt und Maria Geburt, Michael, Allerheiligen.
(51r-60v) Commune sanctorum (zu den Sequenzen siehe Klugseder 2014, 188).
(60v-82r) Offizien zur Kirchweihe und weitere Messen (zu den Sequenzen siehe Klugseder 2014, 188).
(82v-HDS) Oratio, Pater noster, Agnus Dei, Formular für die Salz- und Wasserweihe u. a.
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HDS Expl.   ... (Schreibername, Bücherfluch) Qui me scribebat Chunradus nomen habebat / Non videat Christum qui librum subtrahit istum.