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Wien, Österreichische Nationalbibliothek (ÖNB), Cod. 2675*
SCHONDOCH (deutsch)
Olim: Hist. prof. 545    Pergament   8 Bl.   275/290×185/215   Salzburg, um 1415/1425
Literatur zur Handschrift (Anzahl: 24)

Lage: (V-2)8. Nach Bl. 8 wurden zwei (wahrscheinlich leere) Blätter entfernt; die Gegenblätter 1 und 2 mittels ihrer gefalzten Ränder um die Lage gelegt, daher deutlich weniger breit. Nach der alten Zählung früher folgende Blattreihenfolge: 1, 2, 4, 5, 6, 7, 3, 8; offenbar bei der Neubindung im 19. Jahrhundert die richtige Reihenfolge wieder hergestellt. – VS (I-III) und NS (II*-IV*) zum Einband gehörig: 3 Doppelblätter, um die Lage aus Pergament gelegt (ebenso die Ansetzfalze); VDS und HDS jeweils ohne Gegenblatt. Zusätzlich I* (kleiner Zettel) an den umgebogenen Falz nach dem letzten Pergamentblatt angeklebt.
Schrift:
(1v-8r) Schriftraum: 210 × 145   
Schriftart: Bastarda
Ausstattung: Illuminiert   Rubriziert   Fleuronnéeinitiale(n)   Figürlicher Buchschmuck   Miniatur(en)   Federzeichnung(en)   Goldverwendung   
(1r) schnelle dilettantische Federzeichnung eines Ritters, Wappenschild mit Kreuzen und Halbmond: 16. Jahrhundert (Wappen mit Datierung 1503). – (1v-8r) Abgesetzte Verse rot gestrichelt. – (2r, 8r) blaue Überschriften. – (2r) vierzeilige, kopfstempelförmig rot-blau gespaltene Fleuronnéeinitiale; im Binnenfeld blaues Ornament aus zwei kreisrunden Blattspiralen und zwei schneckenförmigen Zwickelmotiven; kein Besatz. Vereinfachung der Formensprache der um 1420/1425 zu datierenden Wiener Handschriftengruppe ÖNB, Cod. 5294, Cod. 4170, Cod. 4181, Cod. 4574 (siehe MeSch V, 181 f.: Einleitung Wiener Fleuronnée-Gruppe I). – (1v, 2v, 3r, 4r, 5v, 6v, 7v, 8r) 8 Miniaturen, doppelspaltig, jeweils in der oberen (8r: unteren) Hälfte des Schriftspiegel; (1r) Titelminiatur, ganzseitig. Dreidimensional wirkende rosa Rahmen. Dunkelblauer Grund. Weitere Farben: ein sattes Grün (Terrain, Bäume, Vorhang des Bettes der Königin, Gewand des Marschalls, dieses nur 1v rot); Blau (Gewand von Königin und König, dieser auch Altrosa gekleidet); Grau (Gewand des Köhlers und der Königin während ihres Aufenthalts bei diesem); leuchtendes Orangerot (Gewänder, Dachziegel); Hellbraun und Hellgrau (Pferde, Architektur). – In der Literatur wird allgemein eine Entstehung der Handschrift in Salzburg angenommen, eng verwandte Werke konnten jedoch bisher nicht namhaft gemacht werden (s. Kunsthistorischer Kommentar). Datiert wird das Werk seit Schmidt 1967 um 1420 bzw. um 1420/1425. – Cod. 2675* ist die einzige erhaltene illustrierte Schondoch-Handschrift.



Einband: Wien (Hofbibliothek)     19. Jh.     Golddruck   Supralibros   Schmucklos        
Weiß bezogener Pappband der Hofbibliothek. Als Supralibros gold geprägter kleiner Doppeladler mit Bindenschild als Brustschild.


Bairisch-österreichisch (Menhardt I, 87; Strippel 1978, 42). Peter Wiesinger (schriftliche Mitteilung 2012) bestimmt das Schreibverhalten als "mittelbairisch" und sieht keine Möglichkeit einer näheren Lokalisierung innerhalb des geographischen Gebiets zwischen München und Wien. Die sprachliche Einordnung von Schwarzinger 1969 laut Wiesinger nicht zutreffend. – (1r) verschiedene Eintragungen vor allem des 16. und 17. Jahrhunderts: Der vermutlich älteste ist ein 1503 datierter Schild mit den Begleitbuchstaben I und S mit einer an ein Notariatssignet erinnernden Zeichnung; etwa gleichzeitig auch die dilettantische Federzeichnung eines Ritters mit Helmzier. Unter schwer lesbaren Merkversen (?) des 16. Jahrhunderts befinden sich Schriftreste, die Kurt Holter und Hermann Menhardt jeweils als Namen deuten: "Jerig von Presann" (Holter/Oettinger 1938, 100; Holter 1972, 223/617) bzw. "Iorig von Hor[n]stein" (Menhardt I, 87). (8v) weitere Federproben, eine davon 1543 datiert.
Vorbesitzer: Wien, Hofbibliothek, Q 4738, Hist. 443
(8v) Blotius-Signatur 4738 (umrahmt), die belegt, dass sich die Lage bereits 1576 in der Hofbibliothek befand. Der entsprechende Eintrag bei Blotius lautet: "Q 4738: Reginae Galliae, Ducissae Bavariae, historia mutila (ut videtur) et imperfecta cum imaginibus, in folio scriptus liber in charta [recte: membrana, s. das Original des Katalogs von Hugo Blotius, ÖNB, Cod. 13525, 154r], iunctis multiis aliis scriptis germanicis et francis. Regis Henrici Galliarum an die Reichs Chuer- und Furssten, auch Stette, sambt derselben Anntwort, in folio in charta" (Menhardt, Blotius, 87). Demzufolge war der jetzige Cod. 2675* ursprünglich mit Schriftstücken des 16. Jahrhunderts zusammengebunden, die später vom älteren Teil getrennt und mit einer Einheit, die Blotius unter der Signatur Q 4762 verzeichnete, vereint wurden. Diesen Zustand dokumentiert bereits der Katalog des Sebastian Tengnagel (ÖNB, Cod. 9531): Hist. 139 (Cod. 9531, 119v) bezeichnet die späteren Teile (heute Cod. 7646), Hist. 443 (Cod. 9531, 140v) den Schondoch. (1r) Tengagel-Signatur No 443 Hist. und Titel.
Martin Roland (Forschungsstand 2016, MeSch VI; Redaktion Katharina Hranitzky 2022 mit Ergänzungen)
"MeSch V", "Schmidt 1967", "Weingartner 1928", "Kurth 1915", "Rapp Buri/Stucky-Schürer 1990", "Cantzler 1990", "Ott 2002", "Jefferis 2004", "Stange", "REALonline", "Schmidt 1986", "Roland–Wiesinger 2015", "Menhardt I", "Strippel 1978", "Schwarzinger 1969", "Holter/Oettinger 1938", "Holter 1972", "Menhardt, Blotius", "MeSch VI", "Heintz 1908", "Arnold 1992"
alle Initien
(1r) Vorsignaturen, Titel, Federzeichnung, Bürgerwappen, Christus-Monogramm, Notizen, Namen (siehe Menhardt I, 87).
(1v-8r) Schondoch Die Königin von Frankreich (Ed.: Heintz 1908, 2-19, 77–142; Strippel 1978, 211-345; vgl. Arnold 1992; dieselbe Textüberlieferung in Wien, ÖNB, Cod. 2800, 143v-147v [Wien, 1410/1434], und Cod. 10100a, 11v-17v [16. Jahrhundert], des Weiteren in Innsbruck, Jesuitenkolleg, Cod. 40024, 140r-144v [um 1470]).
(8v) Notizen, Vorsignaturen (siehe Menhardt I, 87).
(I*) Abdruck eines Siegels.