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Admont, Benediktinerstift, Cod. 25
MAGNUM LEGENDARIUM AUSTRIACUM (PARS I)
Pergament   272 Bl.   395×275   Österreich oder Süddeutschland, 2. Hälfte 12. Jh.
 Volldigitalisat




 VIVARIUM — images (HMML)
Literatur zur Handschrift (Anzahl: 19)

Ausstattung: Illuminiert   Rubriziert   

Überschriften in Rot, vereinzelt nicht ausgeführt, zuweilen in schwarzer Tinte (von späterer Hand) ergänzt; Folgeinitialen gelegentlich rubriziert (z. B. f. 63v; f. 57vb rote Durchstreichung zur Hervorhebung; f. 128vb2 schwarze und rote Initialmajuskeln im Wechsel), f. 238rb etwas verzierte schwarze cadellenartige Initialmajuskeln mit etwas Dekor; Nummerierungen in roten oder schwarzen römischen Ziffern zur Kennzeichnung von Kapiteln bzw. Unterabschnitten (z. B. f. 133v, hier nachgetragen); ebenfalls nachgetragene schwarze Paragraphzeichen ff. 129vb-131ra und 218vb-219vb (jew. auf dem Seitenrand); selten Zeilenanschlusszeichen (schwarz); Zeilenschlussfüllsel in Rot (f. 152vb Ranke, f. 153ra flüchtige Wellenlinie). Im Kalender (ff. 2v-3v) drei rote K-Initialen (sieben- bis etwa neunzeilig, mit einfachen Aussparungen, f. 2v mit Blattausläufer), zudem Wochentagsbuchstabe A jeweils in Rot.
Die Initialenhierarchie in diesem Band etwas inkonsequent. Textunterabschnitte hat man zwar großteils durch rote, in der Regel ein- bis vierzeilige Initialmajuskeln (I-Initialen größer) mit einfachen Aussparungen, Punktverdickungen, wenig Dekor (f. 72rb dieser in Schwarz) und fallweise kurzen Ausläufern markiert, in den Abschnitten ff. 39va-116va (f. 116v Schreiberwechsel) und 220rb-261vb sind jedoch auch etliche Prolog- und Vitenanfänge durch Initialmajuskeln gekennzeichnet, die größer (z. B. f. 251ra, Mariä Verkündigung, 17-zeilig) ausfallen, und - von mehreren Händen (vgl. auch die von Orange- bis Dunkelrot variierenden Tintentöne) - reicher verziert wurden, z. B. mit vollfarbigen Blättchenranken (ff. 39vb, 224ra), die für Silhouetteninitialen typisch sind, mit binnengestricheltem Bogenbesatz sowie blütenartigen Punktverdickungen und freien Punkten (f. 105ra) oder auch Fleuronnée-Vorformen (f. 250vb). Vor allem die Initialen im Bereich ff. 220rb-261vb, die besonders groß angelegt sind, dürften explizit als Ersatz für Rankeninitialen eingefügt worden sein; hier auch zwei schwarze Initialen (ff. 220rb, 226vb; mit aufwändigeren Schaftaussparungen; f. 220rb im Binnenfeld Vorzeichnung erkennbar), die wohl später gezeichnet wurden (bei f. 220rb, Mathildis-Vita, deutet der diesbezügliche barocke Registernachtrag f. 3v darauf hin, dass man die Initiale in dieser Epoche ergänzte). Einige Initialen nur in Umrisszeichnung angedeutet (z. B. f. 218va); f. 230vb zwölfzeilige rote I-Initiale mit zerkratztem (?) Buchstabenkörper. Nachträge ff. 115v-116r und 235rv: drei zwei- bzw. dreizeilige schwarze Initialmajuskeln mit minimalem Dekor (ff. 115v, 235rb).
Viele der Prolog- und Vitenanfänge, aber auch einige Textunterabschnitte, mit insgesamt 108 vier- bis 20-zeiligen Rankeninitialen geschmückt, die von mindestens drei Händen stammen. Hand 1: routinierte Haupthand (insbes. ff. 1rb, 7rb-37vb und 118rb-192ra; f. 116 Beginn des zweiten Buchteils; von Hand 1 u. a. aufwändigere, 16-zeilige Rankeninitiale am Beginn der Vita des Stiftspatrons Blasius, f. 128vb2); Hand 2: in etwa Formenvokabular wie Hand 1, aber ungelenker und mit weniger Binnenzeichnung (insbes. ff. 1ra, 1vb, 46rb-113ra und 193va-265va, außer ff. 99ra, 100ra, 193vb, 265ra, die von Hand 1 gezeichnet worden sein könnten); Hand 3: schwarze Initiale f. 259rb; wohl jüngere Hand, vgl. Cod. 24, f. 173rb. - Zu Hand 1 und 2 siehe auch Cod. 24. Es muss berücksichtigt werden, dass die Händescheidung (insbesondere bei Hand 1) noch weiter differenziert werden kann. Initialen in roter Federzeichnung ausgeführt, zuweilen Details wie Blätter (z. B. f. 175ra1) oder Tiermaske (f. 192ra) in Schwarz; f. 24ra zusätzliche schwarze Details eingekritzelt.
Nur ff. 1ra und 1vb Polstergrund in Blau, grünlichem Ockergelb sowie (Dunkel-)Rot. Gespaltene Buchstabenkörper, bei Hand 1 fallweise mit Flechtbandmotiven (z. B. f. 128vb2) oder häufiger (bei knapp einem Viertel der von dieser Hand ausgeführten Initialen) mit Tieren bzw. Fabelwesen als Ersatzmotiven (z. B. ff. 18ra2, 154ra, Cod. 24, ff. 8vb, 128rb); Cod. 25, ff. 102vb und 133va S bzw. I nur aus Tierkörpern gebildet (f. 102vb wohl von Hand 2), auch in Cod. 24 etliche nur aus Tierkörpern bestehende Initialen (z. B. f. 22v von Hand 1, f. 198v von Hand 2); Spaltfüllungen meist vollfarbig rot, Cod. 25, f. 128vb2 mit Aussparungen (Kordel und Ranke); diverse Spangenformen (u. a. wulstförmig, immer wieder genietet), charakteristisch die dreieckigen Spangen; auf den Buchstabenkörpern Blattappliken mit rundbogige Rändern, seltener (spitz zulaufende) Blattappliken auf den Endstellen von Vertikalschäften, f. 7rb blütenförmige Applik, bei Hand 2 auch Blatttüten (z. B. f. 49va); nur selten Ablaufmotive (z. B. f. 155va2). Ranken in kräftige, teilweise dichte Voluten (z. B. f. 128vb2) gelegt; fallweise kurze Rankenstummel, die sich wie Daumen im Geäst festhalten (z. B. f. 124ra); Rankengabelungen durch Häkchen oder kleine Striche markiert, selten auch Häkchen auf dem Leistenstamm (f. 122ra); mehrere Blattformen: häufig (bei beiden Händen) kleinere knollenförmige Blätter (diese f. 1ra wie Krabbenbesatz auf dem Buchstabenkörper); vor allem bei Hand 1 palmettenartige Blätter mit gebogten Rändern (fallweise mit Binnenhäkchen und/oder in geschwungene Spitzen auslaufend), aber auch mit geradem (innen von kleinen Strichen begleitetem) Rand; Blattrücken durch Parallelstrichelung teilweise recht plastisch herausgearbeitet, wodurch die Blätter wie kleine Muscheln wirken; seltener spitz zulaufendes bzw. nierenförmiges Blatt, jeweils mit Kreis am Ansatz und zwei Riemchen (z. B. ff. 7vb, 17ra); vereinzelt (bei plastisch herausgearbeiteten Blättern) kreuzschraffierte Tropfen bzw. Scheiben (z. B. f. 160vb1, in Schwarz f. 265ra); auffällig das Motiv des vom Buchstabenkörper durchwachsenen Blattes (z. B. f. 1vb, oben, und Cod. 24, f. 171rb, beide Initialen Hand 2).

Drei sieben- bis 13-zeilige figürliche Initialen (ff. 24va, 269ra, 269va) in tintenfarbener bzw. schwarzer und roter Federzeichnung, f. 269va gelblich koloriert (jetzt verblasst). Foll. 269ra und 269va wohl von Hand 2; zu f. 24va s. Stil und Einordnung. f. 24va (Initiale T, Y-förmig angelegt) Severinus, der sich an die Initiale wie an eine Astgabel klammert. f. 269ra (Initiale F) Nonnosus, tonsuriert, mit Buch (?) und zum Redegestus erhobener Linker steht hinter dem Mittelbalken. f. 269va (Initiale S) Quirinus und Balbina. Quirinus als Dreiviertelfigur im unteren Binnenfeld reicht Balbina - diese als Halbfigur im oberen Binnenfeld mit zum Redegestus erhobener rechter Hand - den Märtyrer-Palmzweig.

Stil und Einordnung:
Während Paul Buberl bei der Lokalisierung der Admonter MLA-Bände eher vage blieb und sie als österreichische Arbeiten aus der zweiten Hälfte des 12. Jahrhunderts charakterisierte, vertritt Friedrich Simader in seinem rezenten Überblick über die Admonter Buchproduktion der Romanik die Ansicht, dass neben einer ganzen Reihe von Handschriften, die Buberl als österreichisch oder nur mit Vorbehalt als Admonter Arbeit einordnete, auch die beiden Legendarbände mit Sicherheit nach Admont zu lokalisieren seien. Zwar ließ sich in den ca. 150 illuminierten Admonter Codices des 12. Jahrhunderts (bislang) keiner der in Cod. 25 und 24 tätigen Zeichner nachweisen, doch kann man im Dekor so deutliche Affinitäten feststellen, dass der Buchschmuck der beiden Bände, wie von Simader vorgeschlagen, ohne Weiteres nach Admont gegeben werden darf. Von den fünf in den Admonter MLA-Bänden enthaltenen figürlichen Initialen sind drei eher dilettantisch gezeichnet ( Cod. 24, f. 158vb; Cod. 25, ff. 269ra, 269vb); abgesehen von dem kletternden Mann Cod. 25, f. 24va, wurde nur die Figureninitiale Papst Gregors VII. ( Cod. 24, f. 129va), sorgfältiger ausgeführt und lohnt einen Vergleich - beispielsweise mit der Figur des segnenden Christus im Admonter Cod. 62, f. 99r, einer von Abt Gottfried I. (reg. 1138-1165) verfassten Predigtsammlung, die um 1160 angelegt und vor Ort geschrieben respektive ausgestattet wurde.- Frontal dargestellte und statuarisch wirkende Figuren sind in der romanischen Buchmalerei keine Seltenheit, daher soll diese Kongruenz nicht zu sehr bemüht werden, allerdings wurde bei beiden Figuren der Gesamtumriss betont (in Cod. 24 mehr als in Cod. 62) und das Gewand linear, ohne Körpermodellierung, gestaltet;- darüber hinaus weisen sie ähnliche Gesichtszüge (insbes. Nase und Mund) und eine relativ große Segenshand auf. Der Zeichner der Papstfigur in Cod. 24, f. 129va dürfte sich an einer Darstellung wie in Cod. 62, f. 99 orientiert haben, was auf eine Entstehung nach 1160 deutet.

Überzeugendere Übereinstimmungen lassen sich für die Rankeninitialen aufzeigen. Insbesondere Hand 1 kann man beispielsweise gut mit einer Initiale vergleichen, die in Cod. 125 auf f. 118r begegnet. Dieser Codex mit Werken von Johannes Chrysostomus und Augustinus gehört zu einer Admonter Handschriftengruppe, die bis ca. 1180 in der Nachfolge der um 1160 anzusetzenden und eng mit der Person des Abtes Gottfried verbundenen buchmalerischen Blütezeit geschaffen wurde. Vergleicht man den Admonter Cod. 125, f. 118r, z. B. mit Cod. 25, f. 178vb (Hand 1), so ergeben sich folgende (markantere) Ähnlichkeiten: flüchtig schraffierte Blattappliken (auch auf den Endstellen des Vertikalschafts), annähernd identisch verzierte Spangen (Cod. 125 in Schwarz), Knollenblättchen mit gebogten Rändern (teilweise spitz auslaufend) und daumenartige Rankenenden. Blatttüten finden sich nicht nur im Admonter Cod. 16 (z. B. f. 3a1), einem ebenfalls von einem Admonter Abt, in diesem Fall von Gottfrieds Bruder Irimbert (reg. 1172-1177), stammenden Werk, das wohl um 1175 entstanden ist. Dieses Motiv ist, ebenso wie andere Admonter Rankeninitialen-Charakteristika - allem voran die kleinformigen, weichen, fallweise mit Häkchen versehenen Blattformen (vgl. z. B. die Augustinus-Hs. München, BSB, Clm 15810, f. 2r; Salzburg, Mitte 12. Jh., Klemm 1980, 170, Kat. 281) - in der österreichisch-süddeutschen, allem voran der Salzburger Buchmalerei der Zeit verankert, soll hier aber dennoch Erwähnung finden, weil sich damit ein erster Fingerzeig ergibt, dass die Ausstattung des Admonter MLA nicht nach 1180 entstanden sein dürfte.

Die qualitätvolleren Anteile in Cod. 25 und 24 (die Papstfigur in Cod. 24 und die über 100 in beiden Bänden von Hand 1 gezeichneten Rankeninitialen) weisen darauf hin, dass zumindest ein erfahrener Zeichner - wie oben angedeutet, ist eine weitere mögliche Scheidung von Hand 1 durchaus möglich - an der Ausstattung der MLA-Bände beteiligt war. Das Formenvokabular gehört zu der von ca. 1160 bis etwa 1180 währenden Blütezeit der romanischen Admonter Buchmalerei. Danach lässt sich bis 1200 ein Rückgang nicht nur in der Anzahl, sondern auch in der Qualität der Handschriften konstatieren. Doch sollten die nachlässigeren, nicht von Hand 1 stammenden Anteile in Cod. 25 und 24 nicht zum Anlass genommen werden, den Buchschmuck in die Nähe des Jahrhundertendes zu datieren. Vielmehr könnten diese Partien wie auch die Verwendung von fehlerhaftem Pergament dem Bestreben geschuldet sein, die Anfertigung der „Hauskopie“ des MLA (s. Einleitung) möglichst rasch und unaufwändig voranzutreiben. Der Buchschmuck der Admonter MLA-Bände dürfte also, mit der gebotenen Vorsicht, nicht nach 1180/85 und - geht man davon aus, dass Kompilations und Kopiervorgang nicht allzu früh anzusetzen sind (s. Einleitung) - nicht vor 1170 zu datieren sein.

Susanne Rischpler 2017 im Rahmen von VISCOM

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"CPL", "BHL", "Pettorelli 1998"
alle Initien
Magnum Legendarium Austriacum (01.01. - 31.03.).
(14r) Vita Genofevae.
(17r) Vita Clari abb. Viennensis.
(21r) Paulus FuldensisVita Erhardi ep. Ratisbonensis.
(24r) EugippiusVita Severini presb. (cum Epistola Eugippi).
(37v) Vita Pauli Thebaei primi eremitae (mit Prolog).
(39v) Vita Mochullei ep. Hibernensis.
(46r) Vita Hilarii Pictavensis.
(49v) Ps. FaustusVita Mauri abb.
(63v) AthanasiusVita Antonii (interprete Evagrio).
(79r) Vita Severi ep. Viennensis.
(92r) Vita Vincentii diaconi Caesaraugustani m.
(99r) Vita Praeiecti ep. Avernensis.
(100v) Vita Balthildis reginae.
(105r) Vita Gamulberti (Prolog II).
(107r) Ado Viennensis Martyrologium (Paula).
(107r) Passio Thyrsi et Leucii mart. (in Katalog unter Dormitio Paulae (v. Poncelet, p. 43)).
(114v-115r) Virgilius TridentinusEpistola ad Simplicianum de Sisinio et soc. mm. (Ed.: Enrico M. Sironi, Dall'Oriente in Occidente: I santi Sisinio, Martirio e Alessandro martiri in Anannia. Sanzeno 1989, 78-91, lateinisch/italienische Synopse. – CPL 212).
(115v) Vita Colomanni.
(128r) Passio Blasii ep. et mart.
(136v) Vita Mariani fundatoris monasterii Scottorum Ratisbonae.
(140r) Gregorius Magnus Vita Scholasticae (excerpta e Dial. lib. II [Vita s. Benedicti]).
(140v) Visio quaedam.
(153r) Gregorius TuronensisVita Frihardi inclusi.
(155v) Gregorius TuronensisVita Humilianae eremitae (BHL 1068??).
(160v) Wolfhardus mon. HaserensisVita Waldburgis abb. Heidenheimensis.
(173v) Gregorius TuronensisVita Lupicini et Romani (mit Prolog).
(175r) Passio Herculiani.
(178v) Gregorius TuronensisVita Senoch.
(182r) Vita Humberti.
(189v) Vita Ronani ep. Hibernensis.
(190v) Ionas BobbiensisVita Attalae abbatis Bobbiensis.
(193v) Iohannes Diaconus Vita Gregorii Magni.
(220r-223r) Eccardus UraugiensisVita s. Mathildis reginae matris Ottonis Magni imperatoris (Epitome) (BHL 5685).
(226r) Vita Abrahae abbatis.
(226v) Vita Patricii.
(230v) Vita Gertrudis.
(238r) Gregorius Magnus Vita Benedicti abbatis.
(244v) Iohannes abbasVita Glodesindis.
(255v) Visio Baronti monachi.
(260r) Vita Ruperti ep. (Vitae synopsis et Vita).
(265r) Gregorius TuronensisVita Guntramni regis.
(266r) Vita Eustasii abbatis Luxoviensis.
(269v) Vita Cunegundis imperatricis.
(270ra-Nachsatzblatt ra) Vita Adae et Evae, süddeutsche Redaktion (Ed.: Pettorelli 1998, 41-67).
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270ra Tit.: De eiectione Adam
270va Tit.: (Rot) De eiectione Adam
Adam et Eva quando expulsi sunt de paradiso fecerunt sibi tabernaculum et fuerunt septem dies lugentes et lamentantes prae magna tristitia. Post septem autem dies coeperunt esurire et quaerebant escam ut manducarent et non inveniebant ... — ... in paradiso annos septem.
  I n i t i e n
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