Lagen: 1
I + 4.IV
32 + V
42 + 5.IV
82 + 2
84 + 1
85; der VD-Spiegel wurde vom Buchdeckel abgelöst, an einen Pergamentstreifen geklebt und mit diesem als f. I um die erste Lage gebunden; die vorletzte Lage besteht aus zwei auf einen Pergamentfalz geklebten Einzelblättern; der abgelöste HD-Spiegel als f. 85 beigebunden; Abdrücke beider Vorsatzblätter auf den Buchdeckeln sichtbar (siehe „Inhalt“). Die rechte untere Ecke von f. 27 ist herausgerissen, geringfügiger Textverlust.
Kustoden (I-X) auf der Verso-Seite der jeweils letzten Lagenblätter.
Vorsignatur (1r) oben
I in no D.
Bleistiftfoliierung
I, 1-85 des 20. Jh.
Einband: Gebräunter, weißer Schweinsledereinband über Eichenholzdeckeln, 245x150 mm. Beide Deckel durch je 3 von gestrichenen Linien begrenzten Diagonallinien (Doppellinien) in Rautenfelder geteilt. Die drei Doppelbünde am Buchrücken kaum sichtbar.
HD: Eisenhaken als ehemalige Catena-Befestigung am oberen Schnitt; eine Metall-Schließe am Lederband, deren Verschluss fehlt. Am HD-Spiegel Abklatsch des mittlerweile abgelösten ehemaligen Spiegelblattes (f. 84, Sakramentar-Fragment, s.u. „Inhalt“).
Am VD 3 Schilder: oben Mitte Pergament-Titelschild in Eiseneinfassung mit der Aufschrift
Ieronimus super Cantica canticorum omelie xii, die sich mit dem Eintrag in den Bibliothekskatalog des Johannes Holveld (1433-35) deckt; die obere Eisenleiste der Einfassung fehlt, darüber Spuren des für die Holveld-Einbände typischen Pergamentschildchens mit der roten Katalognummer. Oben links, weißes Signaturschild
1095 (Böhm) und rotes Schild
139, beide HHStA. Am VD-Spiegel Abklatsch des ehemaligen, mittlerweile abgelösten Spiegelblattes (f. I, s.u. Inhalt).
Der wahrscheinlich ursprünglich karolingische Einband dürfte im 2. Viertel des 15. Jh. im Zuge der Neuorganisation der Salzburger Dombibliothek neu bezogen sowie mit einer Schließe und Kettenbefestigung versehen worden sein. Am VD- und HD-Spiegel sind noch Reste der ursprünglichen karolingischen Lederschließbänder. – Restauriert im 20 Jh.
Ausstattung: 7 dreizeilige und 4 zweizeilige tintenfarbige Zierinitialen mit gelben (ocker) und grünen Binnenfüllungen (abgesehen von V auf f. 34r) zu Beginn der einzelnen Homilien; einfache Initialen am linken Textrand; Versalien zu Satzbeginn.
Initiale V mit Achtern (f. 1r); I mit Punktreihe (f. 6v); Q mit an einem Faden hängenden Herzblatt (f. 72r).
In der Überschrift (f. 1r) ist das erste
O von
expositio mit einer Maske versehen, in den Buchstaben
O von
libro und
canticorvm sind jeweils zwei Punkte.
Drei zum Teil schwer sichtbare antikisierende Federzeichnungen von sehr niedrigem Niveau (f. 84r: Unterköper mit Saiteninstrument; f. 84v: Mann mit Toga; Torso mit Rebec-artigem Instrument und Bogen).
Schrift: Schriftraum 175x90 mm, 20 Zeilen. Blindlinierung vom innersten Doppelblatt der Lage nach außen gedrückt, Einstiche nur am innersten Doppelblatt. Schriftraum von durchgezogenen, doppelten Vertikallinien flankiert.
Karolingische Minuskel des Salzburger Arn-Stils in St. Amand (1. Viertel 9. Jh.) von mehreren sehr ähnlichen Händen. Auszeichnungsschriften: Die 7 Zeilen des Titels (1r) Monumentalkapitalis abwechselnd in brauner und roter Tinte. Incipit und Explicit in roter und brauner Unziale; die tintenfarbenen Auszeichnungsschriften sind mit grün und ocker ausgemalt (16v, 55r, 60v, 72r). – VD-Spiegel: Bastarda (Ir).
Geschichte: Die Hs. ist im Holveld-Katalog (1433-1435) als Nr. 109 angeführt. – Das Wiener Haus-, Hof- und Staatsarchiv (HHStA) war im Jahr 1806 für die Übermittlung von Handschriften aus Salzburg in die Wiener Hofbibliothek (heute Österreichische Nationalbibliothek) verantwortlich. Am 23. Oktober 1806 ist der Codex im HHStA eingelangt und sollte an die Hofbibliothek abgeliefert werden, was – aus heute nicht mehr nachvollziehbaren Gründen – nicht passiert ist. Bereits 1858 konnte einer Anfrage über den Verbleib einiger Salzburger Handschriften vom Archivar Erb, der sich „in Ermangelung gehöriger Nachweisungsbehelfe ganz im Unklaren“ (Antonius, S. 210) befand, nicht nachgegangen werden. Von Ottokar Lorenz wurde die Handschrift im Archivbehelf 447, fol. 120 Anfang der 1860er Jahre zu den „belgischen Manuskripten“ gesetzt, um später zu den geistlichen Manuskripten des Bestandes „Belgisches Archiv“ gestellt zu werden. – Zum Sakramentar-Fragment: A. Dold konnte 19 Blätter der im 15. Jh. zerschnittenen Handschrift wieder finden.
(Irv) Abgelöstes Spiegelbatt (mit Abklatsch auf VD-Spiegel): Sermo Augustini de Symbolo / contra iudeos et ego Chunratus etc. / Nolite iudicare ut non uidicemini (Mt 7,1) / In qua mensura mensi fueritis in eodem remetietur et vobis (Augustinus: De civitate Dei, Liber XXI, [XI], dort: In qua mensura mensi fueritis, in ea remetietur vobis). Bastarda, 15. Jh. – (Iv) Federproben (vgl. f. 84rv).
Martin Haltrich − 2013-11-04