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Stams, Zisterzienserkloster, Cod. 12
GEBETBUCH DES JOHANN VON BUCCA, BISCHOF VON LEITOMISCHL
Pergament   III, 93, I* Bl.   285×200   Prag und Konstanz, um 1390 und 1459   
Handschrift aus 2 Teilen zusammengesetzt: 1  (III, 1-88) Prag, um 1390; 2  (89-93, I*) Konstanz, um 1459
 Volldigitalisat



Literatur zur Handschrift: Hermann 1905, 239-241, Taf. XXI Fig. 106 (online).
Durchgehende Foliierung 1-93 in arabischen Ziffern und Tinte 16. Jh., möglicherweise von Hand von Johannes Franciscus de Wehingen (vgl. Besitzeintrag Bl. Ir 1557). Lagen: 1(I) + I(III) + 8.V80 + IV88 + (III-1)93 + 1(I*). Vorsatzblatt bzw. Nachsatzblatt klebten ursprünglich am VDS bzw. HDS, jetzt separat eingehängt. Gegenblatt zu Bl. 89 ursprünglich herausgeschnitten. Jetzt ist Bl. 94 dort am Falz aufgeklebt. Falz des ursprünglichen Pergamentblattes am Spiegel des HD zwischen Bl. 88 und 89. Darüber heute ein Papierblatt geklebt.

Teil 1III, 1-88   Pergament   Prag, um 1390
Lagen: 1(I) + I(III) + 8.V80 + IV88
Sorgfältiges (italienisches) Pergament. Kleine Risse bzw. Nähte; Schnitte. Kustoden am Lagenende; Reklamanten beschnitten.
Schrift:
(1-88) Schriftraum: 200 × 115    Zeilenzahl: 34-35   
Schriftart: Textualis formata (Textura)
Von Tintenlinien gerahmt und auf Tintenlinien.
Ausstattung: Illuminiert   Rubriziert   Fleuronnéeinitiale(n)   Deckfarbeninitiale(n)   Ranke(n)/Bordüre(n)   Figürlicher Buchschmuck   Wappen   Goldverwendung   
Buchmaler: Siebentage-Meister (Siebentage-Werkstatt)  
Buchmaler: Frana  
Zum Buchschmuck vgl. Kurzinventar Stams 2010.
Teil 289-93, I*   Pergament   Konstanz, um 1459
Lagen: (III-1)93 + 1(I*)
Pergament dicker und weniger sorgfältig bearbeitet. Später hinzugefügte Lagen.
Schrift:
(88v-93r) Schreiber: Hermannus (Rast), decanus in Zurzach, Augustiner-Chorherr (†1480)  
Bl. 88v Zeile 5 Schreiberwechsel: Bl. 93r Schreibervermerk und Datierung für 88v-93r (30.03.1459, Hermannus decanus in Zurzach); Am VDS Nachtrag in deutscher Kurrentschrift von späterer Hand; Ebenfalls von späteren Händen die Bemerkungen auf Bl. Ir, IIIv und I*.
Ausstattung: Illuminiert   Rankeninitiale(n)   Fleuronnéeinitiale(n)   Deckfarbeninitiale(n)   Ranke(n)/Bordüre(n)   
Zum Buchschmuck vgl. Kurzinventar Stams 2010. – Der im Kurzinventar Stams 2010 von Maria Theisen nicht weiter spezifizierte Buchmaler, der die Deckfarbeninitialen samt Ranke auf 88v sowie die Einzelblüte auf 93r und die sechs Fleuronnée-Initialen auf 88v-90v in dem 1459 vom Zurzacher Dekan Hermann Rast nachgetragenen Text (88v-93r) verantwortet hat (vgl. zum Schreiber Neuhauser 1984, 70 f.), läßt sich mit dem Illuminator gleichsetzen, der 1460 in Konstanz den zweiten Band eines franziskanischen Breviers (pars aestivalis) ausgestaltet hat: Schaffhausen, Ministerialbibliothek, Min. 99 (auszunehmen sind nur die Initialen auf f. 249r, 292r, 370r, 394r, 401v, die von derjenigen Hand stammen, die den ersten Band des Breviers übernommen hat: Schaffhausen, Ministerialbibliothek, Min. 98). [Regina Cermann, 6/2024].

Einband: Deutschland (Augsburg?)     15. Jh.     Gotisch     Streicheisenlinien   Blindstempel   Golddruck        
Leder über Holz, restauriert. Im Zuge der Neubindung in rotbraunen Leder gebunden. Das ursprüngliche Einbandleder wurde am neuen VD bzw. HD im Zuge der Restaurierung außen aufgeklebt. Dieses ist mit Streicheisenlinien und Blindstempeln geschmückt. Verzierungen in Gold. Der VDS und HDS sind jeweils ein Aufgeklebtes Papierblatt, welches vermutlich bei einer neuzeitlichen Restaurierung aufgeklebt wurde. Zwei Leder-Metall-Schließen mit Aufschrift „OMA?“. Der neuzeitliche Rücken besteht aus 6 Einfachbünden. Am VD ein kleines Papierschildchen, auf welchem in blauer Tinte die Signatur 12 zu finden ist.


Als Auftraggeber des Cod. 12 kann Bischof Johannes IV. von Bucca, der Bischof von Leitomischl zwischen 1388 und 1418 identifiziert werden. Auf Bl. Ir findet sich zum einen das Wappen des Bistums Leitomischl, zum anderen das persönliche Wappen von Bischof Johannes IV.
Anhand des Schreibervermerks auf Bl. 93r lässt sich der Kodex weiter nach Zurzach im Aargau verfolgen. Hierhin gelangte er vermutlich durch Johannes Rast, Probst von Zurzach und Domherr von Konstanz, der am Konzil von Konstanz wohl Kontakt zu Bischof Johannes IV. von Leitomischl hatte, und so an den Kodex gelangte. Hermann Rast, wohl ein Verwandter des Johannes Rast und Stiftsdekan des Augustiner Chorherrenstifts Zurzach erwähnt sich selbst im oben genannten Schreibervermerk und ist wohl auch der Schreiber, der den Codex von Bl. 88v-93r zu Ende schrieb.
Auf Bl. I*v Hinweis auf den Rottweiler Stadt- bzw. Hofschreiber Johannes Hermann. Anhand der Besitzeinträge auf Bl. IIr und IIIv lässt sich feststellen, dass der Codex 1550 bzw. 1557 im Besitz des Adelsgeschlechts der Wehinger war. Konkret werden auch einige männliche Vertreter dieses Geschlechts genannt, jedoch lässt sich nicht genau feststellen wer von ihnen nun der eigentliche Besitzer war.
Wie Cod. 12 nun in den Besitz von Stift Stams kam ist unklar, jedoch hatten die Wehinger einige Kontakte nach Tirol, wodurch sich ein Übergang ins Stift Stams erklären lassen könnte.
Vgl. Neuhauser 1984 und Kurzinventar der illuminierten Handschriften bis 1600 in der Bibliothek des Zisterzienserstiftes Stams in Tirol.
Vorbesitzer 1: Johannes von Bucca, Bischof von Leitomischl (†1430)
Vorbesitzer 2: Johannes Rast, Probst von Zurzach und Domherr von Konstanz (†1429) (?)
Vorbesitzer 3: Hermannus (Rast), decanus in Zurzach, Augustiner-Chorherr (†1480)
Bearbeitung und Digitalisierung: Universitäts- und Landesbibliothek Tirol, Projekt Libri Stamsenses 2023-2024 - Kulturerbe digital.
Vorläufige Beschreibung: Walter Neuhauser, 1983/1985; Felix Mairhofer, April 2024
"Hermann 1905", "Kurzinventar Stams 2010", "Neuhauser 1984", "PL", "Bloomfield", "PLS", "Glorieux RT"
alle Initien
T. I (III, 1-88)
(Ir) Leer.
(Iv) Notizen zu Augustinus und Hieronymus. In deutscher Kurrentschrift.
(IIr) Besitzvermerk.
(IIv-IIIr) Leer.
(IIIv) Auflistung mehrerer Namen der Familie von Wehingen.
(1r-32v) Zwanzig Gebete und Hymnen.
(1r-8r) <Ps.-Bernardus> = <Ecbertus Schonaugiensis OSB> Meditatio de humanitate Christi (Stimulus amoris) (PL 184, 953-966, hier 955, Z.24-966).
   1
1r Adoramus te christe rex Israel dux gentium princeps regum terre
(32v-44v) Richardus de Sancto Victore Tractatus de quattuor gradibus violentae caritatis (PL 196, 1207-1224. Ed. G. Dumeige, Ives. Épitre à Séverin sur la charité. Richard de Saint-Victor. Des quatre degrés de la violente charité [Textes philosophiques du Moyen Age III]. Paris 1955, 127-177. - Bloomfield Nr. 6550).
(44v-77v) Ps. AugustinusLiber soliloquiorum animae ad Deum.
   1
44v Cognoscam te domine cognitorem meum... - ...ut aquile canos meos. (Portalie, E, Guide to the Thought of St. Augustine, p. 43.)
(44v-77v) Ps.-AugustinusSoliloquia animae ad Deum (PL 40, 863–898. – PLS 2, 1365. Oberleitner, Die handschriftliche Überlieferung I 166 und II 35 [Nennung der Hs.]).
(77v-93r) Bonaventura Lignum vitae (Ed. Bonaventura, Opera Omnia VIII. Quaracchi 1898, 68-86. - Glorieux RT Nr. 305ak).
   2
93r Schlussschrift: Et sic habet finem sermo fratris Bonaventure de arbore ligni vite etc.
93r Schreibervermerk mit Datierung für Bl. 88v-93r: Anno 1459 completus est sermo iste per me Hermannum decanum in Zurzach sexta feria pasce post horam vesperam (30.03.1459)
(93v) Leer.
(I*r) Einige Gebete von späterer Hand.
(I*v) Federproben. Eintrag: Johannes Hermann prothonotarius iudici curie imperialis in Rotwill.