I und 330 etwas kleiner als der restliche Buchblock: 290/300×205. – Lagen: (V+1)10 + 2.VII38 + 4.VI86 + V96 + 9.VI204 + V214 + 5. VI272 + V 282 + VI294 + (II-2)296 + 2.VI320 + (V-1+2)331. Bl. I um die erste Lage gelegt, zwischen 296 und 297 zwei Blätter herausgeschnitten (vermutlich leer, da auch 296v leer), zwischen 329 und 330 ein Blatt entfernt, 330 um die letzte Lage gelegt, ebenso das Pergamentfragment 331. Reklamanten.
Schriftart: Schlaufenlose Bastarda Anfänge der Abschnitte (Buchstaben des Alphabets) in vergrößerter Textualis. – Kurze schräge Doppellinien zur Trennung von Paragraphen.
(1r, 48r, 104v, 285r, 293r u. a., 328v) Schreiber: Leonardus Huntpichler de Valle Brixinensi OP (†1478) Von der Hand Leonhard Huntpichlers stammen die Überschriften auf den Seitenrändern und die Besitzvermerke (1r, 328v).
Zu den Lemmata zweizeilige, ab 228v oft auch einzeilige, abwechselnd rote und blaue Lombarden. Bis 50v sorgfältig, ab 51r (Anfang von Lage 5) weniger präzise gezeichnet, 51r mit Dekor wie im Folgenden. – (1r, 26r, 34r) drei Fleuronnéeinitialen eines sorgfältig arbeitenden Florators (Buchstaben A-C). Danach (ab Buchstabe D: 78r, 95v, 104v, 107r, 111v, 129r[1], 129r[2], 138r, 158v, 163v, 174v, 217r, 218r, 228v, 253v, 261r sowie 297r und 305r) Initialen mit sehr flüchtig gezeichnetem, kritzeligem, kleinteiligem Fleuronnée- bzw. Liniendekor sowie vielfach auch figürlichem und/oder zoomorphem Dekor (95v, 104v, 107r, 129r, 228v, 297r); dazu Darstellungen kleiner Burgen oder Landschaften mit Kapellen (104v, 129r, 297r) sowie vier verschiedene Wappen, z. T. mit Helmzier (95v, 104v, 129r[1], 129r[2], 158v, 217r, 253v, 261r). Der Buchschmuck stammt somit von zwei verschiedenenen Händen: Nachdem der mit dem Lombardenzeichner identische, professionelle Florator der ersten drei Initialen ausgeschieden war, übernahm ein ungeschulter, aber einfallsreicher Zeichner (man vergleiche nur den den von unten mit gespreizten Beinen gezeigten Drachen, der das S auf 228v bildet) die Ausstattung der restlichen Handschrift (ab Lage 5).
Auf eine Herkunft der Handschrift aus Böhmen oder Mähren oder einer von der Kunst dieser Landschaft beeinflussten Region könnte die Formensprache der ersten drei Fleuronnéelombarden hindeuten (regelmäßige Anordnung gleichförmiger Knospen und Perlen, quer über die parallelen Fadenfortsätze gelegte Schlaufen). Eventuell ist das mehrmals wiederkehrende Wappen, das an dasjenige Sachsens erinnert, farblich jedoch von diesem abweicht (95v, 104v, 217r, 253v, 261r), als Indiz für eine Entstehung des Codex in diesem Herzogtum zu deuten. Ob die anderen drei Wappen identifiziert werden können, bleibt zu prüfen.
Hs. enthält 1 Fragment
NS
331r-331v Pergament
Quer eingebundenens Doppelblatt aus einer Pergamenthandschrift, an einer Seite (jetzt unten) die Textspalte stark beschnitten.
Einband: Wien nach 1454 Gotisch Streicheisenlinien Blindstempel
Braunes Leder über Holzdeckeln. – Verwendete Stempel: s016064, s016065, s016076, s016083, s016087, s016110 sowie drei weitere). – Auf VD und HD Spuren von je fünf runden Buckeln. Beide Hakenschließen erhalten, auf dem HD durch je fünf Nägel befestigt. Auf den Schließenhaken und Schließenlagern Schriftverzierung. Auf dem HD oben Spuren einer Kettenbefestigung; unten, auf dem Kopf stehend, Papierschild mit Titelaufschrift in Textualis: Index in Decretum. Catalogus Sanctorum (I und C rot). – (VD) unten Schild mit der roten Doppelpultbezeichnung P, die Signatur nicht mehr lesbar/erhalten. – Auf der Unterkante der Deckel je zwei Metallfüßchen. – Blattweiser aus braunem Leder.
1454 durch den Wiener Dominikanerkonvent angekauft: (1r) im Bas-de-page zweizeiliger Besitzvermerk und Kaufvermerk (untere Zeile durchgestrichen, das Ende der Zeile unleserlich) Liber iste est conventus Wiennensis fratrum ordinis predicatorum in Austria / Emptus per eundem Anno domini 1454 ... (identischer Eintrag in Cod. 2/2, siehe Traxler 2014, 95). Einband der für die Wiener Dominikaner tätigen Buchbinderwerkstatt. – (1r, 328v) ganz am unteren Seitenrand bzw. direkt unter dem Textende jeweils Besitzvermerk von der Hand des Leonardus Huntpichler († 1478): Iste liber est conventus Wiennensis ordinis predicatorum in Austria; weitere Randnotae (Titel) Huntpichlers 48r, 104v, 285r, 293r ... – Olimsignatur im Purkawser-Katalog von 1513 (Cod. 232/260): P 14 (Hötzel 2015, 104; MBKÖ I, 387), vgl. auf dem VD das Schild mit der Doppelpultbezeichnung P (zur Aufbewahrung der Handschriften in Doppelpulten zur Zeit Martin Purkawsers siehe Hötzel 2015, 9).
Repertorium in Decretum Gratiani (bis 284r z. B. wie Uppsala, UB, C 554, siehe Andersson-Schmitt/Hallberg/Hedlund 1993, 8 f.).
3
1r
A A A. Triplicatum A in scriptura significat humilitatem qua quis propriam recognoscit ignorantiam ... — ... (283r) Zona monachis in monasterio zona et peplo uti non licet 25.q.1 monachorum revertere.
283r
Tit.: Ista debent poni ubi bigamus in principio dictionis Bigamus post baptismum ... — ... In rebus dubiis iudicium ... d.33. habuisse. Et sic est finis.
284r
Aaron suo sacerdotio representat statum papae ... — ... (293r) Ypocrita dicitur qui festucam in oculo alterius videt et trabem in suo non considerat 32.q.6.c. primo.
(1r)
Besitzvermerke.
(296v)
Leer.
(297r-328v)
Flores temporum ('Martinus Minorita') (Ed. Holder-Egger 1879, 230-249; zum Text siehe Mierau/Sander-Berke/Studt 1996; Geschichtsquellen [Flores temporum]; jeweils ohne diese Handschrift). Recensio A.
1
297r
Mariae virginis indignus ego sacrista vel...Mariae virginis indignus ego sacrista vel aedituus ordinis fratrum Minorum scire desiderans ... — ... (328v) Nicolaus IIII de ordine fratrum minorum doctor theologiae anno domini M.CC.LXXXVIII sedit annis V. Bis electus cum lacrimis resignavit. Tertio compulsus ab omnibus cardinalibus acquievit. – (Rot) Virgo Maria ora pro nobis...