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Schlierbach, Zisterzienserkloster, Cod. 39
REGIMEN SANITATIS (DIÄTETISCHES HANDBUCH) (deutsch)
Papier   I, 95 Bl.   215×145   Österreich (Wien), 3. Jahrzehnt 15. Jh. (nach 1421, vor/um 1429)   
 Volldigitalisat



hebraica.at – Hebräisches Fragment in dieser Handschrift: Falz
Literatur zur Handschrift (Anzahl: 4)

Schrift: 5 verschiedene Schriften/Schreiber
Schrift 1(1r-90v)
Schrift 2(91r-91v)
Schrift 3(91v-94r)
Schrift 4(94v)
Schrift 5(95v)
Ausstattung: Illuminiert   Rubriziert   Deckfarbeninitiale(n)   Ranke(n)/Bordüre(n)   Wappen   Goldverwendung   
Buchmaler: Albrechtsminiator (?)
(1r) Deckfarbeninitiale und Ranke. Versuchsweise Neuzuschreibung an den Albrechtsminiatur, der seinen Namen von zwei für Herzog Albrecht V. bzw. als König Albrecht II. (1397-1439) hergestellten Gebetbüchern erhalten hat: Wien, ÖNB, Cod. 2722 (um 1437) und Melk, Benediktinerstift, Cod. 1080 (um 1438/1439). Eine 19 Nummern umfassende Werkliste findet sich bei Pirker-Aurenhammer 2002, 87-89 (basierend auf Holter 1955, Schmidt 1963, Schmidt 1967, Haidinger, Diss.). Susanne Rischpler hat dieser in MeSch V, 60 noch sechs Cuttings (historisierte Initialen mit Ranken) hinzugefügt (Moskau, Russische Staatsbibliothek, F 205, Nr. 951 [Fragmente aus verschiedenen Chorbüchern], Cuttings auf Bl. 2, 8; vgl. Mokretsova 2010, 356 und 358, Kat. 138, Nr. I und V [= Bl. 2, 8], mit Farbabb.). Fingernagel 2015b, 18 ergänzte eine 2013 von der ÖNB aus dem Kunsthandel erworbene Kreuzigungsminiatur (Cod. Ser. n. 55063) und ein bis dahin vollkommen unbekanntes Hauptwerk des Meisters, das 2014 versteigert worden ist (ehem. London, Christie's, 16.7.2014, lot 11). Der 2016 von Veronika Pirker-Aurenhammer auf dem Wiener Kolloquium "Unter Druck: Illuminierte Handschriften und Inkunabeln im Zeitalter Gutenbergs" hierzu gehaltene Vortrag (Eine Zimelie aus Wien: das neu entdeckte Missale des Albrechtsminiators für den Patriarchen von Aquileja?), ist leider nicht zum Druck gelangt.

Einband: 15. Jh.     Gotisch     Streicheisenlinien        


Vorbesitzer 1: Georg (Jörg) Enenkel von Albrechtsberg († um/nach 1429)
(Iv) Stammwappen der Enenkel (oberösterreichisches Kleinadelsgeschlechts), ohne Helmzier, nachträglich beschriftet: Jörge der Enenkel / 1409 (vgl. Hoheneck 1727-1747, Bd. 3, 122, Siebmacher IV/5, 40 f., Taf. 18 f.; das Wappen im Gräberbuch des Wiener Minoritenklosters [Wien, Stadt- und Landesarchiv, Hs. A 284/1, 13r] zeigt ebenfalls einen goldenen, keinen roten Schild wie im Siebmacher behauptet; Georg war ein Enkel des 1336 dort bestatteten Dietrich). Georg Enenkel selbst, der durch seine 1391 geschlossene zweite Ehe mit Barbara Flemming die Albrechtsberger Linie begründete, ließ sich in Mauer bei Melk begraben; zum Grabstein vgl. ÖKT III, 158, Nr. 4, Kunsthistorischer Atlas X (1894), 44 f., Nr. 4, Taf. XXII bzw. Lind 1881, 8 f., Fig. 5, wobei das genaue Sterbejahr seinerzeit vom Steinmetz ausgespart wurde: Hic est sepultura honesti Georii dict[i] Enenkckl de Albrechczperg uxoris et omn[ium] heredum eius fundatoris huius capelle Anno domini M CCCC [...] obiit predict[us] dominus Georius. Der Grabstein dürfte demnach noch zu Lebzeiten Georgs verfertigt worden sein, vermutlich 1407 als derselbe für die Kirche in Mauer einen Jahrtag aussetzte, vgl. Göttweig, Stiftsarchiv, Urkunde 1407 XI 12. Da er sich diese Meßstiftung 1429 nochmals vom Passauer Bischof Leonhard von Laiming (1381-1451) bestätigen ließ (Göttweig, Stiftsarchiv, Urkunde 1429 IX 09), kann er erst um/nach 1429 verstorben sein, nicht - wie bisher in der Literatur meist zu lesen ist - schon im Jahr 1400 oder 1415 bzw. 1416 oder 1419. Vgl. Perger 1978, 45, Hoheneck 1727-1747, Bd. 3, 131 f. Georg Enenkel fungierte zunächst als Hauptmann in Ypps, von 1390 bis 1413 dann als Mautner und Stadtrichter in Linz, anschließend bis zu seinem Tod als Amtmann in Gmunden (als Mautner zu Linz hatte Georg Enenkel seinem Landesherrn Herzog Albrecht V. 1413 1000 fl. vorgestreckt, deren Rückzahlung durch das Gmundener Amt sichergestellt wurde, vgl. Krackowizer 1898-1900, Bd. 2, 389, 406). Vermutlich über seine erste Ehe mit der Wiener Ratsbürgerin Anna von Eslarn verfügte er über Hausbesitz in Wien (1407-1412 Haus im Raubergässel bei St. Stephan, seit 1414 1/2 Haus in der Münzergasse). – Für die Falzstreifen wurde eine hebräische Handschrift zerschnitten (s. zwischen Bl. 83/84 und 94/95), weshalb eine Datierung nach der auf Befehl Herzog Albrecht V. 1421 erfolgten Wiener Gesera plausibel erscheint. Laut freundlicher Mitteilung von Neri Y. Ariel dürfte es sich um einen Pentateuch oder eine Torarolle gehandelt haben (Falz zwischen Bl. 83/84 enthält den Bibelvers Ex 12,42). – Mit Cod. 39 ist ein dritter Textzeuge einer unabhängigen deutschen Übersetzung des 'Secretum secretorum' gewonnen (1v-6v Fassung G4), der die von Forster 2006, 159 vorgeschlagene Datierung zu Beginn des 15. Jh. sowie Lokalisierung in den bairisch-österreichischen Raum bekräftigt. Der Albrechtsminiator illuminierte um 1435/40 nochmals eine Handschrift mit deutschen Übersetzungen des 'Secretum secretorum' (Krakau, BJ, Ms. Berol. germ. quart. 490), die aber anderen Fassungen zugehören (1r-65r sog. Zimmernsches 'Secretum secretorum', vormals Hildegard von Hürnheim zugeschrieben, 65v-71r Versbearbeitung des 'Secretum secretorum' von [Michel] Gernpaß?; vgl. Pirker-Aurenhammer 2002, 88, Nr. 13; Forster 2006, 167-183, 189-193; KdiH 9,2-3, 287 f., Nr. 87.4.2, Abb. 100).
Vorbesitzer 2: Enenkel, Job Hartmann (1576-1627) , 1624, Nr. 26
Entgegen Müller 1975, 250 läßt sich die Handschrift im "Catalogus omnium facultatum librorum, qui continebantur anno MDCXXIV bibliotheca Job-Hartmanni baronis Enenkelii s[acratissimae] Caes[areae] M[aiesta]ti a consiliis archiducalibus regimenti Austriarium" (Linz, OÖLA, Herrschaft Schlüsselberg, Familienarchiv Hoheneck, Nr. 169; vgl. Krackowizer 1899, 69) mit der unter Nr. 26 als Ein alt geschriben schön Medicinalisch vnd physidisch buech, etwo vor 200. Jahren Herren Georg Enenkel gewest verzeichneten identifizieren.
Regina Cermann, 13.3.2023
"Pirker-Aurenhammer 2002", "Holter 1955", "Schmidt 1963", "Schmidt 1967", "Haidinger, Diss.", "MeSch V", "Mokretsova 2010", "Fingernagel 2015b", "Hoheneck 1727-1747", "Siebmacher IV/5", "ÖKT III", "Kunsthistorischer Atlas X (1894)", "Lind 1881", "Perger 1978", "Krackowizer 1898-1900", "Forster 2006", "KdiH 9,2-3", "Müller 1975", "Krackowizer 1899", "Hayer 1982"
alle Initien
(VDS) Nachtrag.
   1
VDS Wan ainez der kholbin werden wil ...
(1r-88v) Regimen sanitatis in sechs Teilen, deutsch (vgl. Salzburg, Erzabtei St. Peter, b IV 8, 44r-87v [Hayer 1982, 224 f.]; Berlin, SBB-PK, Ms. germ. fol. 973, 4r-52v).
(1r-1v) Inhaltsverzeichnis.
   1
1r Dicz püch ist genomen das erst tayl von den zeiten oder tailen des Jares aus dem püch der haimleichait Aristotilis zu dem kunig Allexander ... — ... Die vor geschriben Sechs Tractat vindet man ein Register von zu leczist an dem püch.
(1v-83r) Regimen sanitatis, deutsch.
   1
1v Tit.: Von den vier czeiten des Jars
Zu dem ersten schreib ich von den vier czeiten des Jares nach der lere vnd ordnung als der höch Maister Aristotiles schreibt ... — ... gut sey fur den ubrigen flus des siechtumb.
(1v-16v) 1. Von den vier Jahreszeiten, vier Komplexionen, zwölf Monaten.
(1v-6v) Secretum secretorum, deutsch (vgl. Forster 2006, 159-161, 293-300 [Fassung G4], ohne diese Hs.).
(16v-44v) 2. Von der Ordnung der Gesundheit: vom Essen und Trinken, Schlafen, Baden, Aderlaß, von der Luft.
(44v-56r) 3. Von den Speisen: Fleisch, Geflügel, Wild, Innereien, Fisch, Krebse, Milch, Käse, Eier.
(56v-61v) 4. Vom Obst.
(62r-67v) 5. Von Kohl, Rüben, Hülsenfrüchten, Getreide, Honig, Salz.
(67v-83r) 6. Von Gewürzen, Kräutern, gebranntem Wein, vom Fieber, von der Menstruation.
(83v) Leer.
(84r-88v) Register. Unvollständig am Schluß.
(89r-90v) Vom Aderlassen.
   1
89r Von Orient. Es ist warmer vnd trukchner natur. Aries. Es ist güt lassen es ist Colerite natur ...
(91r-94r) Nachtrag.
   1
91r [H]ye ist czemerken wie sich ein mensch yn dem gemayn lauff halten sol mit erczney vnd mit weishait ...
(94v) Nachtrag: Zwei Rezepte für Gesichtswasser.
(95r) Leer.
(95v) Nachtrag: Gegen Fieber.