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Wien, Österreichische Nationalbibliothek (ÖNB), Cod. Ser. n. 4693 [olim Lambach, Cml CLXXXIX]
REGULA SANCTI BENEDICTI
Olim: Cml CLXXXIX    Pergament   III, 124, III Bl.   100×75/80   Salzburg, 1432 und Oberösterreich, 2. Drittel 15. Jahrhundert   
Provenienz/Letztbesitzer: Lambach OSB
Literatur zur Handschrift (Anzahl: 14)

(VS, NS) je 3 Blätter (Papier). – Lagen: 2.IV16 + (IV-1)23 + 11.IV111 + I113 + (VI-1)124. Vor Bl. 17 und 114 jeweils ein Blatt herausgeschnitten (Textverlust: Anfang fehlt). Bl. 87v Rest einer Reklamante.
Schrift: 5 verschiedene Schriften/Schreiber
Schrift 1(2r-111v) Schriftraum: 70 × 55    Spaltenzahl: 1    Zeilenzahl: 17   
Schreiber: Bartholomeus Brysnicz de Gotlavia – Schriftart: Bastarda
(110r) Schreibername in Rot. Gotlavia ist Gottleuba in Sachsen.
Schrift 2(112r-113v) Schriftart: Bastarda
Schrift 3(114r-118v) Schriftart: Bastarda
Schrift 4(118v-123v) Schriftart: Bastarda
Schrift 5(124r) Schriftart: Bastarda
Ausstattung: Illuminiert   Rubriziert   Fleuronnéeinitiale(n)   Deckfarbeninitiale(n)   Ranke(n)/Bordüre(n)   Figürlicher Buchschmuck   Goldverwendung   
Buchmaler: Jeremias-Meister
Rote Überschriften, Strichelung von Großbuchstaben am Satzanfang, Paragraphzeichen. – (2r-13r, 17r-109v, 109v-111v) 103 unfigürliche Deckfarbeninitialen, (4r) mit Fleuronnéebesatz; an Kapitel- und untergeordneten Abschnittsanfängen ein- bis dreizeilig (I-Initialen acht- und neunzeilig). – (21v, 60r) 2 historisierte Deckfarbeninitialen (elf- und neunzeilig) zu Beginn der ersten Regel und am Anfang der Vorschriften für den Kellermeister (Cellerar). (21v) ein Mönch, der auf einer durch braune Strichelung als hölzern charakterisierten Bank sitzt; ein Rutenbündel in der rechten Hand haltend, belehrt er einen vor ihm knienden, aufmerksam lauschenden zweiten Ordensbruder. (60r) das Binnenfeld von einem als Dreiviertelfigur wiedergegebenen Kellermeister mit großem Schlüsselbund eingenommen (sein Gesicht verwischt). – Die beiden historisierten Initialen sind dem sogenannten Jeremias-Meister der Grillinger-Bibel zuzuschreiben, die Handschrift daher nach Salzburg zu lokalisieren und um 1430 zu datieren; die unfigürlichen Initialen wurden dagegen von einem anderen, wesentlich weniger sorgfältig arbeitenden Illuminator vermutlich in Oberösterreich nachgetragen (Beschreibung und Einordnung siehe Kunsthistorischer Kommentar).


Einband: Oberösterreich     17. Jh.     Streicheisenlinien   Blindstempel   Platte        
Weißes Leder über Holz. Grünblauer Schnitt. VD und HD: Rahmen aus drei bis fünf Strei-cheisenlinien; diagonal ausgerichtete Blindstempel (ungerahmte Lilienpalmette) in den Ecken; in der Mitte von VD und HD jeweils ein Plattenstempel (Maria mit Kind im Strahlenkranz [Mondsichelmadonna?]; rautenförmige Ornamentplatte). Auf dem Rücken Reste eines Signaturschildes: [CL] XXXIX. – Otto Mazal (Mazal 1975, 323) ist davon ausgegangen, dass die Regula Benedicti um 1440 in Lambach gebunden und mit den vier Lilienstempeln geschmückt wurde. Von den beiden Plattenstempeln nahm er an, dass es sich um Ergänzungen aus dem 17. oder 18. Jahrhundert handelt. Die Lilienstempel sind jedoch von keiner der Lambacher Werkstätten, die Kurt Holter (Holter 1954) für das 15. Jahrhundert ausmachen konnte, verwendet worden, und für einen Blindstempeleinband des 15. Jahrhunderts wäre ihre diagonale Anordnung ohne Einpassung in ein Liniensystem ungewöhnlich, ebenso wie die Abschrägungen in der Mitte der Kanten. Die Zusammenstellung von Mittelplatte und Eckstempeln ist im 17. Jahrhundert hingegen verbreitet, ebenso wie die spezielle Form der beiden Platten.


Im Kalender rot hervorgehobene Feste u. a.: 27.3. Depositio Rudberti; 4.9. Translatio Erentrudis; 24.9. Rudbertus; 26.9. Virgilius. Die heilige Scholastica ist am 10.2. in Rot verzeichnet. Zeitnahe Ergänzungen von Benediktinerfesttagen (rot: 21.3. Benedictus; 28.3. Octava sancti Benedicti; 5.10. Placidus et socii eius) und anderen Heiligenfesten (rot: 22.5. Romanus abbas; 27.7. Martha); außerdem wurde am 27.11. der Salzburger Bischof Virgil in Rot nachgetragen (über getilgtem rotem Eintrag); die Festgrade sind ebenfalls nachträglich hinzugefügt worden. Am 6.2. ist das Fest des hl. Amandus in Rot verzeichnet, am 26.10. in Schwarz, mit dem Zusatz noster patronus: Amandus gilt als zweiter Kirchenpatron von St. Peter, ihm war die erste Kirche geweiht worden (Hahnl 1982, 34), was auf die Bestimmung der Benediktinerregel für eine Verwendung im Stift St. Peter in Salzburg hindeutet; das Kirchweihfest selbst ist nicht verzeichnet.
Von der ÖNB bei der Auktion des Züricher Antiquariats L’Art ancien 1967 erworben (siehe Cod. Ser. n. 2243, Zuwachsbuch V, 88v; Mazal 1975, 323; Stummvoll 1973, 216).
Vorbesitzer: Lambach, Benediktinerstift, 189
(Ir) Lambacher Signatur 189 und moderner Vermerk Monasterium Lambacense. Lambacher Signatur auch auf dem Einbandrücken. Die Handschrift wird bei Holter 1950, 62, Kat.-Nr. 107 und bei Holter 1959, 252 als Lambacher Besitz aufgeführt (Signatur: Cml CLXXXIX).
Christine Beier (Forschungsstand 2015, MeSch VI; Redaktion Katharina Hranitzky 2022)
"Holter 1959", "Holter 1977a", "Holter 1989", "Schmidt 1967", "Schuller Juckes 2009", "Karner 1913", "Schmidt 2002", "Mazal 1975", "Holter 1954", "Hahnl 1982", "Stummvoll 1973", "Holter 1950", "MeSch VI", "Walther, Initia", "Hanslik 1977"
alle Initien
(1r) Leer.
(1v) Drei lateinische Sprüche.
   1
1v (Quer auf dem linken Rand) Augmentum vero ...
(2r-13v) Liturgischer Kalender. Mit Salzburger Festen.
   1
2r In iano claris calidisque cibis potiaris ... (Walther, Initia, Nr. 8953: Monatsverse)
(14r) Leer.
(14v-16r) Chronologische Tabellen für die Jahre 1432 bis 1506.
(16v) Notizen zu Maßen und Gewichten von Brot und Wein nach der Berechnung von Monte Cassino. Nachtrag.
(17r-109v) Regula sancti Benedicti (Ed. Hanslik 1977). Anfang des Prologs fehlt, setzt in Absatz 5 ein.
   2
17r [Obsculta o fili praecepta magistri] ... [ac]tibus nostris contristari ...
109v Tit.: (Schreiber, rot) Bartholomeus Brysnicz de Gotlavia [Gottleuba in Sachsen].
(109v-124r) Empfehlung der Regel, Orationes, Capitula und Wortindex zur Regula Benedicti, Definition von "obedientia" und "stabilitas" u. a. (siehe Mazal 1975, 324). Anhänge und Nachträge.
(124v) Leer.
  I n i t i e n
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