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Wien, Dominikanerkonvent, Druck 13274, Einband
ST. PAULER REIMBIBEL (FRAGMENT) (deutsch)
Pergament   1 Doppelbl.   250/255×170/175   Österreich (Donauösterreich), 2. Drittel 14. Jh.
 Volldigitalisat




Hs. enthält 1 Fragment
EAußenseite-Innenseite   Pergament   2. Drittel 14. Jh.
Lagen: 1 Doppelblatt der makulierten Handschrift, leicht beschnitten.
Gesamtmaße des abgelösten Fragments: 310/315x475/485.
Schrift:
(Außenseite-Innenseite) Schriftraum: 250/255 × 180/185    Spaltenzahl: 2    Zeilenzahl: 40   
Schriftart: Textualis
Ausstattung: Illuminiert   Rubriziert   Fleuronnéeinitiale(n)   
Rote Strichelung der herausgerückten Anfänge der Reimpaare. – (Ehem. HD außen, VD außen, VD innen) 4 Fleuronnéelombarden, davon eine (ehem. VD innen, Sp. a) fragmentarisch erhalten: (ehem. HDb und VD innen, Sp. b) jeweils blaue Lombarde mit rotem Fleuronnée, (ehem. VDb und VD innen, Sp. a) rote Lombarde mit blauem Fleuronnée. – Das Ornament unsorgfältig und schnell gezeichnet, aber charakteristisch. Das Binnenfeld durch mehrere Bogenlinien aufgeteilt bzw. mit nebeneinander gesetzten vierteiligen Sternblüten gefüllt; nach oben und nach unten je zwei leicht gewellte Fadenfortsätze, die durch Dreiperlpyramiden unterbrochen werden und deren jeweils rechte mit zwei C-förmig gebogenen Knospen besetzt ist. Zwischen Buchstaben und Fadenfortsätzen jeweils Zwickelmotiv aus je zwei zur Seite gebogenen Knospen und einem tropfenförmigen Mittelelement. An die Dreiperl- und Zwickelmotive schließen Fibrillen mit schnell gesetzten Häkchen an.
Die Formensprache (siehe auch Katharina Hranitzky, in: MeSch II 2002, 388 f., Kat. 206, Abb. 518) entspricht dem Fleuronnéedekor in den übrigen bekannten Fragmenten der St. Pauler Reimbibel (siehe Geschichte der Handschrift); vgl. z. B. die Initiale auf dem ehem. VD außen mit Beinecke Rare Book and Manuscript Library, MS 975.

Einband:
Pappdeckel, im Zuge der Ablösung des Fragments im April 2024 der ehemalige Trägerband in weißes Papier eingebunden. Das ehemals auf dem Fragment aufgeklebte Rückenschild aus Papier (Titel, neuzeitlich) auf den neuen Einbandrücken geklebt.


Schreibsprache: "bair.-österr." (Handschriftencensus). – Doppelblatt aus einem Codex discissus, von dem sich weitere Fragmente erhalten haben: Innsbruck, ULBT, Frg. B 8; Klosterneuburg, Stiftsarchiv, Hs. 37; New Haven (Conn.), Yale University, Beinecke Rare Book and Manuscript Library, Beinecke MS 975; Pürglitz/Křivoklát (Tschechien), Schloßbibliothek, Cod. I a 23; St. Paul im Lavanttal, Benediktinerstift, Cod. 2/5 (namensgebendes FragmentI); Steyr, Sammlung Ludwig Pullirsch, ohne Sign.; Wien, ÖNB, Cod. 15294, Cod. 15338, Cod. Ser. n. 4400, Cod. Ser. n. 32699; ehem. London, Christie's, 11.7.2018 (live auction 16018: Valuable Books and Manuscripts), lot 13. Virtuelle Rekonstruktion der Reihenfolge der bislang (vor Entdeckung des vorliegenden Bruchstücks) bekannt gewordenen Blätter in Fragmentarium, F-x75u. – Das Fragment der Wiener Dominikanerbibliothek wurde im April 2024 von der Papierrestauratorin Frau Dr. Bettina Dräxler, Wien, vom Trägerband (Druck 13274: Benito Arias Montano, In XXXI Davidis psalmos priores commentaria, Antwerpen 1605, siehe DNB) abgelöst. Im Zuge dessen wurde auch das ehemalige Rückenschild des Bandes entfernt, dadurch sind der direkt auf das Pergament geschriebene Titel und der Anfang der dreizeiligen Vorsignatur (No. VIII/Li: 1/K, neuzeitlich) nun zur Gänze lesbar.

Zum Inhalt: Vorläufige, germanistisch noch nicht verifizierte Transkription der Autorin. Die hier angenommene Reihenfolge der Seiten (VD-VDS-HDS-HD) bleibt zu prüfen (Stand 16.7.2025).

Katharina Hranitzky (7.12.2023/22.8.2024/16.7.2025)
"MeSch II 2002", "Handschriftencensus", "Kornrumpf 2004", "Glaßner 2014", "Glaßner 2020", "Jackel / Kaska 2020"
alle Initien
(Ehem. VD außen-Ehem. HD außen) St. Pauler Reimbibel, deutsch (Fragment) (zum Text siehe Kornrumpf 2004; Glaßner 2014; Glaßner 2020; Jackel / Kaska 2020; Handschriftencensus, Werk 651). Verse eigenständig, d. h. nicht aus Rudolf von Ems, Weltchronik; aufgrund des Inhalts am ehesten in Ex 12 einzuordnen (so Christine Glaßner).
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ehem. Rücken+VDa A... daz igleich christen / ... sullen ... fr...ren // ... liute (?) versigelen / ... zaihnhaften rigelen // ... ben under und en ...ebn / ... urchunde gebn // ... an seinem uber tur / des lambes blut gerne spur // Der soll alrest wizzen / wie er sich hab geflizzn // Mit loutterleichm mut / und in rechter hut // Sein frey gedanch hab / daz si icht twerches wenchn ab // Seu (?) pringen e di gierde / das gute werch mit wirde // Nach den guten willen tugn / un nach in in gedringen mugn // Get (?) lautter (?) will und andacht vor / daz machet phat und spor // Guten werchn hin nach / hie von lat eu nicht sein zegach // Zu (?) des lambes plut / irn (?) habt e mit rainem mut // Und (?) mit suzzer andacht / ... werch hin zu der tur bracht // Alsus schulle wir ze war / ... ...der luminar // das ober und das under / ... plut sunder // ... lambes roten / ... von noeten // ... zur benebn / ... plut chlebn // ... / ... // ... / ... verswindet // ... / ... alten e //
ehem. VDb Swa er daz selb zaichn vant / von dan chert er zehant // Nu lat euch nicht verdriezzen / swen ier daz lamp welt niezzn // Ir enhabt euch so gewarnt / mit puzze vor hin gearnet // Ob iz des leibes munt nem / daz iz des hertzn munt auch zem // Ob iz di auzzern ougen sehn / daz auch die innern ougen iehn // Der volge mit dem hertzn / daz diseu sel den smertzen // Icht von der schuld enpfach / ob sich der leip vergach // Und des lambes wirtschaft neme / anders dan der sele zeme // Durch seines houses porthen / deu liecht an allen orten // Belibn ist an in sigele / der zaichnhaft rigele. //
(Initiale) Nu was den iuden daz gepotn / daz si daz lamp ro nach gesoten // azzen niwan gepraten / daz selb sie ouch raten // Pei der nacht si iz azzen / nu lat eu eben mazzn // waz dise rede maine / unser lamp daz raine // Daz von ienem lambe geit / geleiches pilde daz wart seit // Von den iuden gevangen / und dar nach auf erhangen // Als iz da marter fewer gebriet / daz uns von hellen panden schiet // Swaz (?) die iuden begiengen / an ir lambe daz si hiengen // Auf do iz gebraten wart / daz wart allez her gespart // Auf unser lamp daz an schult / unser schuld mit gedult //
ehem. VD innen, Sp. a An widerunge truch / do manz durch unser schuld fluch // Pei der nacht wart iz verzert / deu selb nach dem nach vert // Die iz noch heut niezzent / und nicht auf entsliezzent // Ier hertz e daz si giengen / daz si das lamp enpfiengen // Si gent wol in der selben acht / in der vinster pei der nacht // Die nicht erchennen wellent e / wie iz in ier hertzn ste // Si mugen sich wol gesellen / den iuden ob si wellen // Die pei der nacht dar chamen / und ier wirtschaft namen // Nu lat eu paz tun bechant / wie iz um das fewer sei gewant // Da pei daz lamp gepraten wart / des fewers hitze hat die art // Daz iz sucht sache / mit hitze hertter mache // Swaz flaesches fewr gepraetet / daz hettet und staetet // Ez sterchet und samen wol / swaz iz samen habn sol // Swaz aber in wazzer wellet / vil leichte daz zevellet // Und schaidet fleisch von paine / siet weder groz nach chlaine // Von dem lambe solt chomen / als ier e habt wol vernomen // So wart iz pei dem fewer / gepraten durch die stewer // Daz pede fleisch und baine / gar und ganz beleib ein aine // E man die red bedoute / so habnt iz die loute // Sumleich fur ein spel / waer ich an sinne nu so snel //
ehem. VD innen, Sp. b Daz ich eu zerloste / von des tiefels roste // Da unser lamp der war christ / mit martter gepraten ist // Daz taet ich nu en waiz ich noch / ob iz mir heng und tun iz doch // Als in der martter fewer durch gie / do von wart er geminnert nie // Hie wart di red bewaeret / di von im ver maeret // Was vor vil manigen tagen / vil lange von dem weissagen // Der sprach von seinem tod also / vos non minuetis exeo // Daz er icht minner wurde / von des todes purde // Wan daz er ward getoubet / der menschait beroubet // Der martter fewer gab un[...]m wider / staeten und vesten sider // Also den regel deu glut / von seiner waich herten tot // Sein menschleich chraft war auzgebrant / als er uns selbe tut bechant // Er sprichet von im selbn da // exaruit virtus mea.
(Initiale) Sus hat geschriben nach mer / Gregorius durch ler // von dem lambe raine / er gicht wer in gemaine // Mit bewollen mut / dem chom iz nicht ze gut // Swie senften namen iz hie hab / da zittert himel und erd ab // Swen iz uns her nach lat sehn / waz im durch uns ist geschehn // Swer seinen munt dar peutet / er enhab iz getroutet // Mit vor getaner minne / daz chumt von unsinne //
ehem. HD innen, Sp. a Swer dar gient mit munde / er enhab von herzngrunde // Raine werch dar zu geladen / der enpfaeht so getanen schaden / Der al rein hail zerbrichet / und ewichleich richet // Die iuden azzen derbez brot / als in Moyses gepot // Und ein chraut daz ist bechant / velt lattoch ist iz genant // Zu ir lambe pey der zeit / ir lamp dem unser lamb geit // Ein vor geschehntz pilde / die rede waer und wilde // Wan daz si wart betwungen / mit der gos zungen // Der heiligen loute / die prahten si ze doute // Nu sult ir recht wizzen / Er ist vil wol enbizzen // Swer zu dem lambe daerbez brot / izzet als uns Got gebot // Nu merchet alle gemeine / Waz dise rede maine // Der ich maister ob mir han / daz daerb prot ist zu getan // Da ist nicht urhabes under / iz ist von im selb sunder // An under mische ainvaltich brot / urhab bezaichnt sunden lot // Und bezaichnt ouch die hochfart / di alrest erhabn wart // Swaz mit urhab ist durch varn / daz chan sich ninder des bewarn // Iz en tu an hochfert schein / urhap haizzet in latein // Fermente ein under mische / erhabn brot auf tische // Ist mit fermente ersturzzet (?) / do von iz auf deuzzet (?) //
ehem. HD innen. Sp. b Daz daerb ist nicht gemenget / mit luppe under drenget // Ditz pispel hab wir hie genomen / von dem prot und wellen chomen // Furbaz an die loute mit / Sleichsner habnt di sit // Daz si gern wol behagent / auzzen unde chinnen tragaent // Ir under mische da pei / des wirt ir hercz selten frei // Iz engin ot immer und ger / wo manz der welde lobs gewer // Ir mut gefermentirt ist / fermente daz ist ein menge list // Ein uberzogen kunterfait / und der missewend ein chlait [mit Korrekturen] // Die Got gemain wellen / di sullen e gesellen // Hercz und mut zesamne / daz sucht verdamne // Ir under varn gemenget mut / ubel tun und schinnen gut // Daz ist Got ungenaem / und dem lambe wieder zaeme // Gefermentirt opfer / ist et mer den halbs chopfer // Swer Got sein opfer pringet / da von daz er ertwinget // Mit gewalt den louten ab / daz ist ouch von urhap // Mit fermente durch brochn / iz hat urhap durch stochn // Mit der sunden mische / wir sullen zu Gotes tische // Unser daerbez prot tragen / well wir daz lamb mit hulden (?) n[...] // Wan daerbes prot ein lotich ist / an under varn lupp ist // Sei wir alsam so ist uns [...] / daz lamp und ouch des [...] //
ehem. HDS+HDa (Initiale, Rest) Nach ist ine geschriben da / von der oster pasca // Wie si die iuden begiengen / do si daz lamb aufhiengen // Velt lattoch azzen si do mit / ich waen iz sei ouch nach ir sit // Daz siz dar zu ezzen / si haben sein (?) dan vergezzen // Daz selb wild pitter chraut / sol uns christen wesen traut // Gregorius der gut gicht / wir suln iz aber so ezzen nicht // Si azzen in des leibes munt / wir suln iz in des herzen grunt // Andaehtichleich enpfahen / e wir dem lambe nahn // Si enpfiengen iz in des laibes magn / wir suln es in den munt tragn // Sein pitter sol uns puzzen / der foul und sol uns suzzen // Gedanch willen und mut / sein pitter foul sunder tut // Der verlegenden sunden / di nieman chan durch grunden // Sunden rewe alaine / ob uns die ame raine // Mit staeter und muzze / in taegleicher puzze // Mit wainenden ougen / so wier got vil tougen // Von hertzn unser schulde chlagn / so hab wir den mut gedwagn // Mit des chroutzes pitter / swie unser hertz zitter // Segen der pittern peicht / iz waer iedoch vil leicht // Betun chaem et rewe dar / si benaem uns die pitter gar // [U?]nd geb (?) uns suzze andacht / ... bracht //
ehem. HDb Mit glos werden her fur / zu des lambes tempel tur // Do man die wirtschaft inne nimet / die dem leib und ouch der sele zimet. //
(Initiale) Umb daz lamb stund iz also / daz iz gesoten nach ro // Die iudenschaft ezzen solde / got iz nicht en wolde // Er hiez in daz gepieten / daz siz pei fewer prieten // Iz ist uns christen ouch verpotn / daz wir daz lamp ro nach gesoten // Dehainen weis icht niezzen / di red lat eu besliezzen // Unser lamp der ware Christ / der immer unerstigen ist // Von menschleichen sinnen / swer den wil beginnen // mezzen wie er wurde / von wort muter purde // fleischleiches pildes / so en wart nie nicht so wildes // Er moht iz e gevahn / mit menschn sinnen ergahn // Swer Gotes tougen an ein zil / mit menschn sinnen pringen wil // mit seiner wunder (?) wunder / achten wil besunder // wie einer magde wambe / dem warn gotes lambe // Ench almusse gaeb / wer daz zesamne waeb // Daz tochter vater gepaer / und daz der vater waer // Pedeu vater und chint / der mohte sanfter wint // Ze suzze mit snelle erspringen / swer an disen dingen // Ein ende wil betrachten / [...] //