| Rote Überschriften, rote Unterstreichungen, rote Seitentitel, rote Randhinweise. Zu den Unterabschnitten des Bibeltextes zweizeilige, im Kommentar einzeilige rote und blaue Lombarden. Aus einzeiligen rote und blauen Lombarden auch der Anschlusstext an die Deckfarbeninitiale (s. u.) zusammengesetzt. – (Recto) zu den ersten beiden Textabschnitten des Kommentars zwei Fleuronnéelombarden, vier- bzw. dreizeilig (ohne Unterlängen), blau bzw. rot, jeweils mit Ornament in der Gegenfarbe. Die obere, größere, mit annähernd symmetrisch organisiertem silhouettierten Filigrandekor im Binnenfeld und einer Begleitilinie, die an mehreren Stellen durch vereinfachte Palmetten (gebogte Linien) unterbrochen wird. Die untere Fleuronnéelombarde mit analogem einfachen Palmettenfleuronnée im Binnenfeld und entlang des Buchstabenschaftes. – Zum Beginn von 2 Tim im Bibeltext eine historisierte Deckfarbeninitiale, 13-zeilig (ohne die aus dem Schriftblock herausgerückte Unterlänge gezählt).
Im Binnenfeld der Deckfarbeninitiale, vor Goldgrund, ein Mischwesen mit dem Kopf, dem Rumpf und den Armen eines Menschen, dem Hinterteil eines Vogels und den Pranken eines Raubtiers. Sein Kopf und seine Extremitäten sind in Blau gegeben. In seiner Rechten hält das Wesen ein Messer, mit seiner Linken ergreift es einen der beiden langen Flügel, die von seinen Beinen in die Höhe wachsen. Vielleicht versucht es gerade, sich mit Hilfe seines Werkzeugs seiner tierischen Körperteile zu entledigen. – Der Buchstabenkörper wird von rankenartigen Leisten eingerahmt, die in der Mitte des Bogens des P sowie am oberen Ende des Schaftes flechknotenartig miteinander verschlungen bzw. verknüpft sind; in letzterem Fall wird dies durch ein aus den Leisten herauswachsendes, andersfarbiges Rankenstück bewerkstelligt, an dessen Austrittstellen aus den Leisten sich Wülste bilden. Der obere Teil des Buchstabens wird von einem blauen Feld hinterfangen, das Innere seines Bogens ist in Grün ausgemalt. Die Unterlänge des P schließlich ist aus mehreren wiederum von Leisten gerahmten, hochrechteckigen Segmenten zusammengesetzt, deren Binnenfelder mit blauer Farbe bzw. Blattgold gefüllt sind. Alle blauen Flächen sind streumusterartig mit Dreipunktmotiven und kleinen Kreisen verziert. Der P-Schaft läuft unten in einer kurzen Blattranke aus, der zwei Blätter mit gepunketem Rand (Halbpalmetten) entwachsen; auf dem Blattrücken weisen sie dunkel eingezeichnete Blattadern auf. – Neben Blau wurden die folgenden Farben verwendet: ein dunkles Olivgrün, Altrosa, Orangerot und Weiß. Die Motive sind schwarz konturiert. Die Modellierung der Motive erfolgt durch Auftragen dicker Striche in einem dunkleren Ton der jeweiligen Lokalfarbe für die Schatten und durch Weißhöhung; die Leisten und länglichen Farbflächen sind an einer Seite mit einer dunklen, an der anderen mit eine weißen Linie versehen. Nicht modellierte Flächen – das orangerote Gewand des Mischwesens, seine rosafarbenen und weißen Flügel und seine weißen Schwanzfedern – haben eine weiße Binnenzeichnung.
Die Handschrift, aus der das vorliegende Fragment stammt, wurde aller Wahrscheinlichkeit nach im späteren 12. Jahrhundert in Nordfrankreich oder in Südengland illuminiert. Als Vergleichsbeispiele seien vorläufig die folgenden genannt: Klosterneuburg, Augustiner-Chorherrenstift, Cod. 758 (Epistolae catholicae cum glossa ordinaria, Frankreich, Ende 12. Jh.); Paris, Bibliothèque nationale de France, Latin 16744 und Latin 16746 (Bd 2 und 4 der vierteiligen Bibel Latin 16743-16746, Nordfrankreich, zweite Hälfte 12. Jahrhundert); Cambridge, Corpus Christi College, MS 048 (St. Albans, 4. Viertel 12. Jh.). |