Buchmaler: Morandus-Meister Rote Strichelung von Majuskeln. Die weitere Rubrizierung in Rotdruck, jedoch auf ir die Form der zweizeiligen Lombarden von Hand in einem etwas dunkleren Rot verbreitert. – (ir) zum ersten Psalm unfigürliche Deckfarbeninitiale auf farbig gerahmtem Goldgrund, mit Rankenausläufern auf dem linken Rand. Auf dem oberen, dem unteren und dem rechten Rand von der Initiale unabhängiges Rankenwerk (beschädigt und unvollständig). – Verwendete Farben sind ein helles Rosa, ein mittleres Grün, Mittelblau, Rotbraun, Hellrot und Hellgelb sowie Weiß und Schwarz, außerdem Blattgold. – Der Schmuck ist dem sogenannten "Morandus-Meister" (zu dessen Oeuvre siehe bei Wien, ÖNB, Cod. 1946) bzw. dessen engstem Umfeld zuzuweisen, obgleich das Rankenwerk etwas geschmeidiger wirkt als bei den meisten Werken dieses Buchmalers; zur Formensprache siehe "Kunsthistorischer Kommentar".
Kunsthistorischer Kommentar: Auf Schaft und Bögen der Initiale liegen Blattfriese mit gezahntem Rand auf. Am Zusammenlauf der beiden Bögen des B sitzt ein Motiv aus drei grünen Perlen. Schmaler grüner Initialrahmen. Das Initialfeld mit Blattgold belegt, durch Doppellinien blind gerautet und mit Punzen in Form kleiner vierteiliger Blüten verziert.
Den Serifen entwachsen randseitig zwei kurze Ranken, zwei weitere, einander zu Beginn überkreuzende Ranken setzen auf dem oberen Seitenrand an den inneren Ecken des Textblocks an. Den unteren und den rechten Seitenrand schließlich bedekcne die beiden längeren Ranken, die sich aus einem im unteren Teil des Interkolumniums ansetzenden, "abgeschnittenen", sich in der Mitte des Bas-de-page gabelnden Rankenast entwickeln. Alle Ranken machen einen sanften Schwung durch bzw. sind einer leichten Wellenbewegung unterworfen und rollen sich an ihrem blattförmigen Ende leicht ein. Lediglich die Ranke, die sich aus dem linken Trieb des Astes auf dem Bas-de-page entwickelt, ist zuerst in die Form eines Spitzovals gewzungen und knickt dann unterhalb der Astgabel im spitzen Winkel um, so dass sie gemeinsam mit diesem eine Rautenform bildet, bevor sie wieder nach oben schwingt und diesmal zusammen mit ihrer in die andere Richtung gebogenen Schwesterranke ein Spitzoval beschreibt; die Rankenkonfiguration im rechten unteren Seiteneck ist nicht mehr zu sehen.
Die Ranken treiben verschiedenförmige Blätter: Neben schmalen, gerade abschließenden Blattzähnen bzw. Blattnadeln finden sich "fischschwanzförmige" und bandartige, mehrfach scharf umknickende Blätter, schließlich dreiteilige Blätter mit tropfenförmigem Inneren. Auf dem rechten Rand mündet ein fadendünner Rankenarm in eine kugelige Blüte mit langem dünnen Fruchtkolben oder Ausläufer und zwei dreiteiligen "Manschetten". Neben den Ranken dreistehende Goldperlen, eine weitere im Zentrum der Raute auf dem Bas-de-page, hier von punktiertem Blattgold auf schwarzem Grund umgeben. Insbesondere die dreiteiligen Rankenblätter zeigen die für den Morandus-Meister charakterische Form: Das gesamte Blatt verdickt sich zu einem plastisch modellierten Tropfen, bevor es drei kurze Zipfel (oberer Seitenrand) bzw. zwei kleine Blattsicheln und eine eingerollte mittlere Blattzunge (unterer Seitenrand links) bzw. drei kugelige Endblätter (unterer Seitenrand rechts und rechter Seitenrand unten) ausbildet; dabei wird der obere Begrenzungsstrich des Tropfens von der einen seitlichen Kontur des Blattes zur anderen durchgezogen (Sonderform der üblichen tropfenförmigen Erhebung in der Mitte des Blattes).
Herkunft oder Trägerband sind nicht bekannt.
Katharina Hranitzky (26.1.2024) [IN BEARBEITUNG]
"GW"
alle Initien
Breviarium fratrum praedicatorum, Druck, Fragment (GW5228: Venedig 1494). Proprium de tempore, Teil II, Bl. i (=A1).