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Wien, Österreichische Nationalbibliothek (ÖNB), Cod. 1767
GEBETBUCH FÜR FRIEDRICH III.
Olim: Theol. 8    Pergament   I, 316, I* Bl.   525/535×360/370   Österreich (Wien), 1447-1448
Provenienz/Letztbesitzer: Schloss Ambras
Literatur zur Handschrift: CMD-A II 30, Abb. 459 (online).
Blattzählung fehlerhaft: 314, zusätzlich II, 134*. – Lagen: II + 7.V69 + IV77 + V87 + 2.IV103 + 2.V123 + IV131 + V140 + IV148 + V158 + 2.IV174 + 2.V194 + (V-1)203 + V213 + IV221 + 2.V241 + IV249 + 4.V289 + (IV+1)298 + 2.IV314 + II*. 197 und 294 Einzelblätter, 294 mit 295 verklebt. VDS und HDS Gegenblätter zu I und I*. Kustoden (ab 19v) und/oder Reklamanten, ab 174v nur Reklamanten, 279v stattdessen Jahreszahl 1448. Zählung der Doppelblätter innerhalb der Lagen.
Schrift:
(2r-299v) Schriftraum: 335/385 × 220/245    Spaltenzahl: 2    Zeilenzahl: 37   
Schreiber: Hauptflorator der Friedrichshandschriften – Schriftart: Schlaufenlose Bastarda
Maße des Schriftspiegels 2r-7v (Kalendar) 335/345×220/240, 10r-299r 375/385×225/245; 257r-279v 45-52 Zeilen.
Der Schreiber ist identisch mit dem Schreiber von Wien, ÖNB, Cod. 326, Cod. 1854 und Cod. 2700. Er ist in diesen Handschriften jeweils auch für die Rubrizierung und das Fleuronnée verantwortlich.
Ausstattung: Illuminiert   Rubriziert   Rankeninitiale(n)   Fleuronnéeinitiale(n)   Deckfarbeninitiale(n)   Ranke(n)/Bordüre(n)   Figürlicher Buchschmuck   Miniatur(en)   Wappen   Goldverwendung   
Buchmaler: Martinus opifex  
Martinus opifex ist der Schöpfer der Frontispiz-Miniatur (1v), des Dekors auf der ersten Seite des Kalenders (2r) sowie der meisten großen historisierten Deckfarbeninitialen, die von üppigem und meistens figürlichem Randschmuck begleitet werden. Diese sind meistens in Lagen enthalten, deren übriger Deckfarbenschmuck jeweils von anderer Hand stammt (Lagen 1, 9-13, 27-30; in den Lagen 18 und 32 arbeitete er mit "Hand X" zusammen, die nur hier vorkommt, und für Lage 31 war ausschließlich Martinus verantwortlich; unfigürliche Initialen dieses Buchmalers finden sich in den Lagen 18, 27, 28, 31 und 32). Martinus scheint von allen beteiligten Hauptilluminatoren am längsten an der Handschrift gearbeitet zu haben (neben "Hand X").
Der Name Martinus opifex ist überliefert in Wien, ÖNB, Cod. 2773; zu Illuminator und Oeuvre-Zusammenstellung s. dort.
Buchmaler: Albrechtsminiator
Vom Albrechtsminiator wurden die historisierten und unfigürlichen Initialen in den Lagen 2, 5, 7, 16 (144/145), 17 (151/156), 19 (167/174), 21 (zum Teil 186r, 187v?), 22 (96/202), 23 (206/211, 207/210), 25 (226/227, 223/230) und 26 (234/239) ausgeführt. An Lage 19 waren auch der Illuminator Michael und Martinus opifex beteiligt, in den Lagen 16, 17, 21-23, 25 und 26 stammt die restliche Deckfarbenausstattung jeweils vom Meister der Klosterneuburger Missalien.
Das Gebetbuch für Herzog Albrecht V., ÖNB, Cod. 2722, ist die namensgebende Handschrift; zu Illuminator und Oeuvre-Zusammenstellung s. dort.
Buchmaler: Meister der Klosterneuburger Missalien
Der Meister der Klosterneuburger Missalen arbeitete an den Lagen 1, 9, 10, 12-17, 20-23, 25-30 mit. Er tritt im Zusammenhang mit allen anderen Illuminatoren auf (mit Ausnahme der "Meisters der vierten Lage"). Einige Initialen wurden von Alois Haidinger (zuletzt in: Der Meister der Klosterneuburger Missalien, in: MeSch V, 80-83, hier 82) einem "Sebastiansmeister" zugeschrieben, der auch in der Schwesterhandschrift zu Cod. 1767, Wien, ÖNB, Cod. 326, sowie in Klosterneuburg, Stiftsbibliothek, Cod. 616 auftritt.
Namensgebend sind die ganz oder teilweise von diesem Illuminator ausgeschmückten Missalien Klosterneuburg, Stiftsbibliothek, Cod. 606, Cod. 609, Cod. 960 (Alois Haidinger, in: MeSch V, 83). "Leiter der Arbeitsgemeinschaft", der auch der Meister der Klosterneuburger Missalien angehörte, war laut Haidinger (ebd.) der "stilistisch engstens dem Albrechtsminiator verpflichtete Illuminator des CCl 72" (Klosterneuburg, Stiftsbibliothek, Cod. 72).
Buchmaler: Illuminator Michael (Meister Michael)  
Mit figürlichen und unfigürlichen Initialen des Illuminators Michael wurden die Lagen 3, 8 und 24 ausgeschmückt.
Zum Illuminator Michael s. Rischpler 2009 und Susanne Rischpler, in: MeSch V, 36-40.
Buchmaler: Josefsmeister  
Verantwortlich für die unfigürlichen Deckfarbeninitialen in Lage 20 (179/180). Der Josefsmeister führte außerdem einen Teil der Miniaturen in der Historienbibel Wien, ÖNB, Cod. 2774 aus. Zum Illuminator s. Alois Haidinger, Die Handschriftengruppe um den 'Josefsmeister' in Wien, Österreichische Nationalbibliothek, Cod. 2774. Codices Manuscripti H. 48/49 Textband [= Festschrift Gerhard Schmidt] (2004) 35-43; Tafelband (2004) 27-41.
Buchmaler: Hauptflorator der Friedrichshandschriften
Verantwortlich für die Niederschrift und die Korrektur des Texts, einen Teil der Rubrizierung ("Lombardenzeichner 3") und den größeren Teil des Fleuronné-Dekors. Vgl. Wien, ÖNB, Cod. 326, des Weiteren Cod. 1854 und Cod. 2700 (zum Hauptflorator der Friedrichshandschriften s. Katharina Hranitzky, in: MeSch V, 83-86).
Außerdem an der Deckfarbenausstattung beteiligt ein "Meister der vierten Lage" (der stilistisch eng mit dem Meister der Klosterneuburger Missalien und dem Albrechtsminiator zusammenhängt) und eine "Hand X"; beide steuerten jeweils nur einige unfigürliche Deckfarbeninitialen zur Ausstattung bei. Eine weitere Hand der Gruppe Albrechtsminiator / Meister der Klosterneuburger Missalen / Meister der vierten Lage dürfte auf den von diesen Illuminatoren ausgeschmückten Seiten die Tierdarstellungen ausgeführt haben ("Drolerien-Hand").
Die Ausführung des Fleuronnéedekors teilten sich der Hauptflorator der Friedrichshandschriften und eine zweite Hand, die auch in den Missalien Klosterneuburg, Stiftsbibliothek, Cod. 606 (141v), Cod. 616 (163v) und Cod. 960 (84v) begegnet (jeweils Besatzfleuronnée an Miniaturen). Außerdem stammt das Besatzfleuronnée auf 220r vom "Michael-Florator". Die Lombarden schließlich können drei bis vier Lombardenzeichnern zugewiesen werden, die jeweils mit einem der Hauptilluminatorenteams zusammenarbeiteten (LZ1 mit dem Albrechtsminiator oder dem Meister der Klosterneuburger Missalien, LZ2 mit dem Illuminator Michael, LZ3 mit Martinus opifex).
Die vier Hauptilluminatoren und der Hauptflorator waren auch für die Ausstattung der Schwesterhandschrift zu Cod. 1767, Wien, ÖNB, Cod. 326 verantwortlich.

Cod. 1767 und Cod. 326 sind Hauptwerke der Wiener Buchmalerei des 15. Jahrhunderts und gehören zu den wichtigsten und am prächtigsten ausgeschmückten Handschriften, die für Friedrich III. hergestellt und dabei sowohl inhaltlich als auch ikonographisch auf die Person des Königs abgestimmt wurden.

Einband: Wien     Mitte 15. Jh.     Gotisch     Streicheisenlinien   Blindstempel        
Werkstatt: Herz frei (Holter 1977: Gruppe D. 8)
Einband restauriert
Restaurierung 1911.


Vorbesitzer 1: Friedrich III., Kaiser (1415-1493)
Die Handschrift wurde 1447-48 für Friedrich III. (zum König gewählt 1440, gekrönt 1442; ab 1452 röm.-dt. Kaiser) hergestellt: (10r, 25r) im Randschmuck Embleme des Königs: (10r) in rechteckigem Feld auf Tüchern Namenszug Fridricus rex etc., Jahreszahl 1447, Monogramme und Devise AEIOU samt Schlinge, im Zentrum Dreipass mit Wappen: Reichsadler, Bindenschild und Steiermark; (25r): Reichsadler, Kärnten und Steiermark als Einzelwappen, Steiermark mit Jahreszahl 1447, Monogrammen und Devise samt Schlinge kombiniert. – Im Kalender (6.3.) Friderici episcopi als Abwandlung des hl. Fridolin. – (1v, 261v, 272r) bildliche Darstellungen Friedrichs III.: Friedrich inmitten der Kurfürsten, Friedrich als Betender in der Initiale zu den Lobpsalmen und Fürbitten (dazu 266v Nennung Friedrichs: Ut me indignum famulum tuum Fridericum custodire digneris te ro[go]), Friedrich bei der Beichte. – (279v) Datierung 1448 samt Schlinge auf dem unteren Rand.
Vorbesitzer 2: Maximilian I., Kaiser (1459-1519)
Cod. 1767 vermutlich mit Nr. 109 im Inventar einer Büchersammlung in einem Gewölbe der Innsbrucker Burg zu identifizieren, die höchstwahrscheinlich "eine Sammlung Maximilians I. darstellt" (s. Gottlieb 1900, 76 und 96, Nr. 109).
Vorbesitzer 3: Schloss Ambras , um 1574
Vorbesitzer 4: Wien, Hofbibliothek, 1665, MS. Ambras. 62
Von Peter Lambeck nach Wien verbracht.
Katharina Hranitzky
"CMD-A II", "MeSch V", "Rischpler 2009", "Holter 1977", "Gottlieb 1900"
alle Initien
(Ir) Vermerke zu Vorsignaturen und zur Restaurierung.
(Iv-1r) leer.
(1v) Frontispiz-Miniatur (Friedrich III. im Kreis der Kurfürsten).
(2r-7v) Kalendar mit komputistischen Angaben. Festeinträge im Grundbestand passauisch, dazu auf Friedrich III. hinweisende Eigenheiten (z.B. Friderici episcopi statt Fridolin am 6.3.).
(8r-8v) leer.
(9r) Tabula signorum.
(9v) leer.
(10r-247r) Officium de tempore et sanctis.
(247r-256v) Vigiliae mortuorum (Diözese Passau), Lectiones minores, Vesperae mortuorum.
(257r-261v) Cursus de compassione Mariae.
(261v-267r) Lobpsalmen mit Litanei und Fürbitten. Fol. 266v: Ut me indignum famulum tuum Fridericum custodire digneris te ro(go).
(267v-271r) Gebete an Christus, den hl. Geist, Heiligensuffragien und Heiligengebete. (De maiestate Christi, De facie salvatoris, De sancto spiritu, De angelo etc.).
(271r-271v) Kommuniongebete.
(272r-279v) Beichtspiegel. (Modus et forma confitendi).
(280r-299r) Offizien zu den heiligen Martin, Katharina und Andreas.
(299v) Inhaltsverzeichnis.
(300r-314v) Blätter liniert, unbeschrieben.
(I*r-I*v) leer.