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Wien, Österreichische Nationalbibliothek (ÖNB), Cod. 3072
KALENDER. BUCH DER KÖNIGE ALTER EE. SCHWABENSPIEGEL (deutsch)
Olim: Philos. 210    Papier   IV, 178 Bl.   289×200   Baden-Württemberg (Meßkirch), 1425
Provenienz/Letztbesitzer: Schloss Ambras
Literatur zur Handschrift: CMD-A II 49, Abb. 208 (online).
(IV+1)5 + 15.VI185. Die ursprüngliche Zusammensetzung von Lage 1 aufgrund der Restaurierung nicht mehr genau feststellbar, aller Wahrscheinlichkeit nach war Bl. 2 ehedem ein Einzelblatt. – Blattzählung: (14r-180r) für den Auszug aus dem Alten Testament und den Schwabenspiegel Nummerierung des 15. Jahrhunderts in roten römischen Ziffern (i-clxvii); parallel dazu Zählung (Vorschreibung) in schwarzen arabischen Ziffern bis 184r (1-171; Bl. 185, wohl ehem. 172, hat oben eine Fehlstelle). Von derselben Hand die nicht in nummerischer Reihenfolge aufeinanderfolgenden Seitenzahlen auf I-IV (Vorsatzblätter) und 1-5 (Tierkreiszeichentraktat): 175, 173, 183, 176 und 181, –, 174, 184, 182. Es liegt jedoch keine Störung des Textes vor. Tatsächlich wurden für diesen vorderen Teil der Handschrift 8 bereits nummerierte Blätter, nämlich die vier äußeren Doppelblätter des ursprünglich letzten, leer gebliebenen Sexternios (ehem. 173-176 und 181-184) sowie offenbar ein Einzelblatt ohne Folionummer (Bl. 2) verwendet. Zählung von Peter Lambeck durchgehend von der ersten bis zur letzten beschriebenen Seite (1-178), danach bis zum letzten Blatt moderne Bleistiftpaginierung. – Ab 17v, der letzten Seite der jetzigen zweiten (ursprünglich ersten) Lage, Kustoden (17v: p[rim]us, 29v: 2us ...) und Reklamanten. – (185r) Fehlstellen im Papier (offenbar beschriebener Teil des Blattes, siehe die Spuren von Beschriftung an den Rändern) ergänzt. – (185v) auf ein neues Blatt Papier aufkaschiert, dabei oben und unten je ein schmaler Streifen freigelassen, hier jeweils noch ein Textfragment zu lesen: oben ich (?) got ach... (?), unten das recht buoch.
Wasserzeichen: Joch, Typus Briquet, Nr. 7876 (1412-1435); Bl. IV: Ast, Typus Piccard, Blatt/Blume/Baum, Abt. I, Nr. 208-236 (1411-1440).
Schrift:
(1r-178v) Schriftraum: 215/220 × 135/140    Spaltenzahl: 2    Zeilenzahl: 36-42   
Schriftart: Bastarda
Ausstattung: Illuminiert   Rubriziert   Fleuronnéeinitiale(n)   Figürlicher Buchschmuck   Federzeichnung(en)   
Rote Überschriften und Satzstrichel. In Lostafel und Kalender rote und blaue Einträge, außerdem in ersterer die Überschrift in einer roten Banderole mit welligen Enden, in zweiterem rot-blaue KL-Ligaturen. Zur Textgliederung ein- bis achtzeilige, rote und blaue, gelegentlich zweifarbigen Lombarden, z. T. mit Aussparungen (Zickzack- oder kopfstempelförmigen Linien, Punkten, Vierblättern u. a.). Die größeren Lombarden und die Rubriken durch braune Doppellinien eingefasst, zwischen diesen z. T. eine farbig Linie. (14r, 57r) zu Beginn des Buchs der Könige und des Texts des Schwabenspiegels zehn- bzw. zwölfzeilig, mit breiten Initialrahmen in Blau, darin geometrischen Muster (vollfarbiger Stab, der Zickzackmotive durchläuft und von Blättern begleitet wird bzw. einfaches Muster aus Linien und Querstrichen); (57r) außerdem Knospenähre in Braun in einer der Rahmenleisten. – (1r, 1v) 2 Rotae mit rot-blauer Rahmung, rotem bzw. blauen Kreuzstab und roten und blauen bzw. nur roten Einträgen. – (2v-5r) 12 rechteckig gerahmte, kolorierte Federzeichnungen mit Darstellungen der Tierkreiszeichen (spaltenbreit, acht bzw. elf Zeilen hoch, 35/60×60 mm). Die Illustrationen dem jeweils zugehörigen Textabschnitt vorangestellt, jeweils zwei Bilder pro Seite. Die schwarzbraun konturierten Darstellungen in den Hauptfarben Rot und Grün sowie an einigen Stellen in Blau, Grau, (Ocker-)Gelb und Orangerot flächig (ohne Modulation) koloriert, nicht grundiert, mit breiten Rahmen in Rot, Grün oder Blau. Mit geringem Aufwand und von wenig routinierter Hand ausgeführt. Die meisten Tiere und Figuren sind auf einen grünen, weilligen und zu beiden Seiten hin leicht ansteigenden Wiesenstreifen platziert, bewegen sich dabei zumeist nach links.


Einband: Südwestdeutschland     um 1425     Schmucklos        
Einband restauriert
Helles Rauleder, braunfleckig (laut Modern 1899, 165: weiß). Stark beschädigt (zerkratzt, Fehlstellen), 1932 und offenbar auch später (s. Klebeschild auf dem erneuerten HDS) restauriert. Spuren von zwei Hakenschließen. Auf dem Rücken, unten, Reste des neuzeitlichen, gedruckten Titelschilds. – Bei der Restaurierung 2 Pergamentblätter eines Missales aus dem 12. Jahrhundert abgelöst (s. Hinweis auf dem erneuerten VDS), jetzt Wien, ÖNB, Cod. Ser. n. 9336 (s. Mazal/Hilmar 1997, 174 f.).


Schreibsprache: schwäbisch (Menhardt II, 862). – Geschrieben 1425 in Meßkirch im heutigen Baden-Württemberg, Landkreis Sigmaringen (s. Kolophon 178v). Bis 1576 im Besitz der Grafen von Zimmern, zu deren Herrschaftsgebiet die Handschrift gehörte. 1576 der größte Teil der Zimmernschen Sammlung an Erzherzog Ferdinand II. von Tirol geschenkt, der sie in die Ambraser Sammlung aufnahm. 1665, nach dem Erlöschen der Tiroler Linie des Hauses Habsburg, ging die Sammlung an den erbberechtigten Kaiser Leopold I. über, und die Zimmerschen Handschriften, darunter Cod. 3072, gelangten in die Wiener Hofbibliothek.
Vorbesitzer 1: Zimmern, Grafen von , bis 1576
Siehe Modern 1899, 164 f. (Nr. 54)
Vorbesitzer 2: Schloss Ambras , bis 1665
Siehe die Signatur 1r.
Vorbesitzer 3: Wien, Hofbibliothek, 1665, Ms. Ambras. 260
(1r) Ambraser Signatur von der Hand des Peter Lambeck, (Ir) ebenfalls von Lambeck stammende, später durchgestrichene Signatur M.S.Am. N. 8 (nach Menhardt II).
Christine Beier (Forschungsstand 2015, MeSch VI; Redaktion Katharina Hranitzky 2021/2022, mit Ergänzungen)
"CMD-A II", "Briquet", "Piccard", "KdiH 9,2-3", "Modern 1899", "Mazal/Hilmar 1997", "Menhardt II", "MeSch VI", "Zinner", "Klug 1912", "Daniels/Massmann 1863", "Oppitz, Rechtsbücher"
alle Initien
(Ir-IVv) Leer.
(1r-1v) Erläuterungen zur Bestimmung des Sonntagsbuchstabens und der Goldenen Zahl (mit zwei Rotae) sowie zur Bestimmung des Zeichens, in welchem sich der Mond an einem bestimmten Tag befindet (Zinner, Nr. 5361, 1rv; Nr. 12058 falsches Incipit).
   3
1ra Den sunnentaeglichen buochstaben soellent ir also suochen
1rb So ir aber wellend wissen was die guldin zal sy ains ieglichen iares
1v So ihr aber wellent wissen in welhem zaichen die mön sy
(2r) Lostafel (Zinner, Nr. 5361, 2r).
(2v-5r) Tierkreiszeichentraktat (Zinner, Nr. 8019; letzter Abschnitt des Incipits falsch wiedergegeben).
   1
2v Nun wil ich ettwas schriben von natur und aigenschafft der zwoelff zaichen und desz ersten von dem wider etc. Der wider ist ain zaichen und haut an dem mentschen das höpt
(5v-6v) Leer.
(7r-12v) Kalender, mit Kalenderversen und Gesundheitsregeln (Zinner, Nr. 5361, 7r-12v; Verse von Januar bis Juli wie bei Klug 1912, 27).
(13r-13v) Leer.
(14r-53ra) Buch der Könige alter Ee, Elisäus bis Judith (Daniels/Massmann 1863, Sp. XLVIII-CXX). Vorangestellt nummeriertes Inhaltsverzeichnis mit 35 Abschnitten (Von Heliseo bis Von Iudiht).
   2
14r Hie stant gebriefft was von den künigen und von der alten E an disem buoch geschrieben stant Und des ersten von heliseo von achbeo von iesahel
14v Von Heliseo. Hie vor was ain künig in Syria der hett ainen fürsten der hieß Neaman. ... — ... Da mit besitzen wir die ewigen froed das uns das allen widerfar des helff uns der vatter und der sun und der hailig gaist. Amen. Amen. (Schlussschrift) Hie haut diß buoch ain end Got uns synen segen send.
(53rb-53v) Leer.
(54r-114r) Schwabenspiegel: Schwäbisches Landrecht, Buch 1 (Oppitz, Rechtsbücher, Bd. I, 39: Klasse III (Normalform), Ordnung IIIc). Inhaltsverzeichnis vorangestellt.
(114r-114v) Reichstetralogie.
(114v-146v) Schwabenspiegel: Schwäbisches Landrecht, Buch 2. (Oppitz, Rechtsbücher, Bd. I, 39: Klasse III (Normalform), Ordnung IIIc). Inhaltsverzeichnis vorangestellt.
(146v-178v) Schwabenspiegel: Lehnrecht (Oppitz, Rechtsbücher, Bd. I, 39: Klasse III (Normalform), Ordnung IIIc). Inhaltsverzeichnis vorangestellt.
   1
178v Expl.   ... (Datierung, Lokalisierung) Dis buoch ich geschriben in dem iär da man zalt von gebūrt Cristi tusend vierhundert zwaintzig und fūnff iär [1425]. Amen. Und ward des selben iäres angevangen uff den naehsten zinstag näch dem ahtenden tag zuo wyhennaehten und ward geendet ouch des selben iäres uff den naehsten zinstag vor dem palmtag [27.3.1425] in der statt Messkirch [Meßkirch, Baden-Württemberg] als es vier ur schluog näch mittentag in des fruemessers hus. Amen.