Konkordanz der Bildseiten der Handschriften von
Udalricus Campililiensis (Ulrich von Lilienfeld), Concordantiae caritatis
Zusammengestellt von Martin Roland
Lilienfeld, Stiftsbibliothek,
Cod. 151 – Hauptmeister
Der Hauptmeister ist für die
Illustrationen aller Bildgruppen verantwortlich mit Ausnahme jener drei, die der 'Fortschrittliche Meister' geschaffen hatte.
Seine Szenen sind in
der Regel nicht besonders phantasievoll gestaltet. In vielen Faellen stehen sich
Jesus und eine Gruppe von Zuhoerern bildparallel aufgereiht gegenueber. Nur
selten werden die inneren Spannungen, die die Figuren der biblischen
Geschichten bewegen und die der ‚Fortschrittliche Meister‘ so gut wiedergeben
konnte, spuerbar. Nur selten werden die Szenen mit erzaehlerischem Beiwerk ausgestattet,
das den Betrachter zum genuesslichen Betrachten der Bilder verleiten koennte.
Obwohl
nicht ganz ohne Widersprueche, folgen die Illustrationen des Hauptmeisters dem
Text sehr genau, und ich habe schon 1996 ueberlegt (Roland 1996, S. 80), ob dieser Meister nicht
etwa mit Ulrich selbst oder zumindest mit einem engen Mitarbeiter identifiziert
werden koennte. Andernfalls – so habe ich vermutet – waere die Kommunikation zwischen dem Autor und einem
mit seiner Ideenwelt nicht eng vertrauten Buchmaler bei weit ueber tausend –
zudem meistens nicht allgemein bekannten – Szenen nur schwer vorstellbar.
Die
Figuren des Hauptmeisters sind schlank und etwas hoelzern bewegt. Die Gesichter sind fast immer zu
einem starren Laecheln verzerrt. Bei den Gewaendern handelt es sich meistens um
einfache sackartige Kleider, die um Arme und Oberkoerper eng geschnitten sind
und dann, meistens ungeguertet und ohne viele Falten auszubilden zu Boden
fliessen.
Seltener sind ueppige Gewaender, die den Koerper hinter einer Fassade aus
reichem Faltenwerk verstecken. Im Hueftbereich finden sich oft charakteristische
Schuesselfalten, deren Herkunft aus dem Repertoire des ‚Fortschrittlichen
Meisters‘ offensichtlich ist. Bei anderen Figuren umspannt das
Gewand den Oberkoerper hautnah, trotzdem gelingt es dem Maler nicht, den Figuren
Volumen zu verleihen.
So wie bei den Illustrationen des ‚Fortschrittlichen
Meisters‘ handelt es sich bei jenen des Hauptmeister um kolorierte Federzeichnungen.
Mit ganz feinen Tintenlinien legt er die Hauptzuege der Kompositionen fest und
zeichnet Details wie Augen, Nase, Mund und Haare ein. Dann wechselt er zum
Pinsel und folgt den Hauptlinien des Gewandes mit Pinselstrichen, wobei er gedeckte
Farben bevorzugt. Unterschiedlich intensiv bemalt er danach weitere Schattenzonen
mit weniger dichter Farbe. Oft bleiben große Teile der Oberflaeche unbemalt.
Das stilistische Umfeld des Hauptmeisters
hat Gerhard Schmidt bestimmt:
Er nennt den Meister der Budapester Biblia pauperum (um 1325/30) (Budapest,
Museum der schoenen Kuenste, Nachlass Stephan Delhaes: Schmidt, Armenbibeln, 1959, 13 f., Abb. 7–14b), die Fresken in der Kapelle des Frauenturmes
(Brauhausturm) in Enns (um 1330/40) und schliesslich eine Armenbibel in Wolfenbuettel (um 1340/50) (Herzog August Bibliothek, Cod. Guelf. 35a Helmst.: Schmidt, Armenbibeln, 1959, 17 f., 65 f., Abb. 21a, 22a, Roland 2002, Abb. 21, vergleiche auch die online Beschreibung von C. Heitzmann und das Digitalisat des Codex). Schmidt beschreibt damit jene mit der Zeit
immer provinzieller werdende Nachfolge der Malerschule von St. Florian, die bis
nach der Jahrhundertmitte nachwirkt.
Bei
den wohl etwa gleichzeitigen Illustrationen in Wolfenbuettel kommen wir
dem Stil des Hauptmeisters schon sehr nahe: die unauffaelligen, ziemlich flachgedrueckten
Figuren, die Art, wie mit Farbe die Hauptlinien betont werden und die Emotionslosigkeit
der Gestalten mit ihren immer gleichfoermig laechelnden Gesichtern sind
Elemente, die in beiden Werken vorkommen.
Die Falten der Gewaender stimmen zwar nicht bis ins letzte Detail ueberein, die
Grundtypen (z. B. die Schuesselfalten im Hueftbereich) sind jedoch gut
vergleichbar.
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