Konkordanz der Bildseiten der Handschriften von
Udalricus Campililiensis (Ulrich von Lilienfeld), Concordantiae caritatis
Zusammengestellt von Martin Roland
 
New York, Pierpont Morgan Library, M 1045 – Meister 1

Die Illustrationen der New Yorker Concordantiae wurden von drei Haenden ausgefuehrt.
    Meister 1 begann die Ausstattung des Codex mit kunstlosen aber ornamental sehr ueppigen Deckfarbenminiaturen. In die Ornamentzone hinter den Medaillons im oberen Seitendrittel verbergen sich in den Deckfarbenranken mitunter Tiere oder sogar Figuren. Die Rahmen der rechteckigen Bildfelder sind reich ausgestaltet, mitunter mutieren sie zu raeumlichen Gebilden, deren wechselnde Blickpunkte an die Raumphantasien des M. C. Escher erinnern.
    Die Figuren sind hingegen bildparallel aufgestellt und hoelzern bewegt. Die Gewaender werden nicht dazu genuetzt, die Koerper plastisch zu umspannen, sondern ihre Faltenlinien sind ornamentalen Prinzipien unterworfen.
    Die Kompositionen folgen den Lilienfelder Vorgaben sehr weitgehend, Veraenderungen sind selten, Kompositionen werden nur in Ausnahmefaellen modernisiert.
    Ab fol. 72v sind nicht mehr alle Teile ausgemalt worden, sondern Leerflaechen lassen die kaum differenzierte Unterzeichnung sichtbar. Dazu und zur moeglichen Mitarbeit des Hauptmeisters in diesem Bereich siehe den Abschnitt 'Technik der Deckfarbenminiaturen'.
    Meister 1 ist wohl auch fuer die Ausmalung im Abschnitt von foll. 109v–118v verantwortlich. Hier hat er offenbar nach anderen, wesentlich fortschrittlicheren Vorzeichnungen gearbeitet, die wohl dem Hauptmeister zugeschrieben werden koennen.

Die bescheidene Qualitaet von Meister 1 laesst eine stilistische Ableitung wenig sinnvoll erscheinen. Immerhin konnte ich schon 2003 auf eine 1472 datierte Historienbibel in Berlin (Staatsbibliothek zu Berlin Preußischer Kulturbesitz, Ms germ. fol. 1108) verweisen (Roland 2003,S. 527, Anm. 29). Es bestehen enge Beziehungen zwischen Meister 1 und einem der Meister, dieser bisher nicht naeher erforschten Handschrift (vgl. H. Wegener, Beschreibendes Verzeichnis der Miniaturen und des Initialschmuckes in den deutschen Handschriften bis 1500 [Beschreibendes Verzeichnis der Miniaturen-Handschriften der Preußischen Staatsbibliothek zu Berlin 5], Leipzig 1928, S. 104–109, Abb. von fol. 10r auf S. 103).
    Ein Vergleich der Abbildung bei Wegener mit fol. 11v (Tietze 1905, S. 43, Abb. 17) zeigt die aehliche Faltengestaltung, die hoelzenen Bewegungen, die ueppigen Hintergruende (die Blueten der Berliner Miniatur entsprechen den Hintergrundblueten des zweiten Typus der Concordantiae) und die seltsame Angewohnheit Nasen nur durch einen Basisstrich anzudeuten.

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