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Kurzinventar der illuminierten Handschriften bis 1600 und der Inkunabeln 
in der Bibliothek des 
Augustiner-Chorherrenstiftes Herzogenburg in Niederösterreich

Version 2 (November 2009)

Armand Tif, Martin Roland
unter Mitarbeit von Maria Theisen und Alois Haidinger

Online-Veröffentlichung mit freundlicher Genehmigung der Leitung der
http://www.stift-herzogenburg.at/index.php?content=200

Einleitungseite


Einleitung zu den illuminierten Handschriften bis 1600



Zur Stiftsbibliothek und den Handschriftenkatalogen

Das Augustiner-Chorherrenstift Herzogenburg wurde 1112 vom Passauer Bischof Ulrich gegründet und 1244 an den heutigen Ort verlegt. Das Stift und seine Bibliothek überstanden sowohl die Reformation als auch die josefinischen Klosteraufhebungen ohne nennenswerte Verluste. Trotzdem ist der überlieferte Handschriftenbestand nicht besonders umfangreich und inhomogen. Winner katalogisiert inklusive der zahlreichen neuzeitlichen Werke bis Nr. 434. Davon stammen allerdings nur etwa 100 Codices aus dem Mittelalter.

Auffällig ist, dass sich kaum Handschriften aus der Zeit vor der Mitte des 14. Jahrhunderts erhalten haben, von denen belegbar ist, dass sie zum Altbestand der Bibliothek gehören. Dieser Nachweis ist mit vergleichsweise großer Sicherheit möglich, da die Bücher im 15. Jahrhundert offenbar ziemlich konsequent mit Besitzvermerken versehen wurden. Die bis etwa Signatur 90 vorhandenen Codices bilden den Kern einer stark pastoral (praktisch theologisch) ausgerichteten Bibliothek. In diesem Bestand gibt es zwischen ca. Cod. 60 und Cod. 90 zahlreiche kleinformatige liturgische Bücher. Einige davon stammen allerdings aus dem benachbarten Chorherrenstift Dürnstein und gelangten nach dessen Aufhebung 1788 in die Herzogenburger Bibliothek.

Im Bereich zwischen etwa Cod. 90 bis Cod. 110 hat sich ein Bestand erhalten, der vor allem Ankäufe des 18. Jahrhunderts umfaßt und die Zimelien der Sammlung enthält. Ab Cod. 111 dominiert neuzeitliches Material, in das nur einzelne mittelalterliche Handschriften eingestreut sind. Die Entwicklung des geistigen Lebens im Stift vom 16. bis ins 20. Jahrhundert wird durch diesen Bestand dokumentiert. Eine nennenswerte Erweiterung erfuhr die Handschriftenbibliothek schließlich 1905 durch die Übernahme der Schlossbibliothek Walpersdorf, die auch einige vor allem deutschsprachige mittelalterliche Codices enthielt.


Kataloge

Der Handschriftenbestand wurde zuletzt drei Mal katalogisiert:
Gerhard Winner, Katalog der Handschriften der Stiftsbibliothek Herzogenburg. St. Pölten 1976 (masch.), erfasst den gesamten Bestand, während Hope Mayo, Herzogenburg (Descriptive Inventories of Manuscripts Microfilmed for the Hill Monastic Manuscript Library 3). Collegeville MN 1985, sich auf die mittelalterlichen Handschriften beschränkte. Zuletzt wurden die datierten Codices von Franz Lackner, Datierte Handschriften in niederösterreichischen Archiven und Bibliotheken bis zum Jahre 1600. Wien 1988, 30–58, 101–104, beschrieben.


Einleitung zu den illuminierten Inkunabeln



Zur Stiftsbibliothek und den Inkunabelkatalogen

Der Inkunabelbestand der Stiftsbibliothek Herzogenburg weist erhebliche bibliotheksgeschichtliche Unterschiede zum oben besprochenen Handschriftenbestand auf. In erster Linie fällt auf, dass Herzogenburger Besitzvermerke in illuminierten Inkunabeln nicht vor dem 16. Jahrhundert (Ink. 62 und Ink. 123/2) nachgewiesen werden können. Ob die Bibliothek bereits im 15. Jahrhundert Druckwerke besaß, lässt sich nicht mit Sicherheit feststellen. Die mehrheitlich fremden frühen Provenienzvermerke in den Inkunabeln deuten eher auf neuzeitliche Erwerbungen hin. Als Vorbesitzer können unter anderem die Stifte Säusenstein (Zisterzienser), Lilienfeld (Zisterzienser), Melk (OSB) und Dürnstein (Augustiner-Chorherren), sowie der Theologe Johannes Plümel (Dekan der Artistenfakultät Ingolstadt an der Wende vom 15. zum 16. Jahrhundert) genannt werden. Herzogenburger Bibliotheksvermerke sind vor allem aus dem 18. und 19. Jahrhundert nachweisbar.

Im Jahr 1887 besaß die Stiftsbibliothek insgesamt 253 Inkunabeln, von denen aber ein großer Teil in den Krisenzeiten des 20. Jahrhunderts verkauft wurde, so dass der Bestand derzeit nur mehr etwa 150 Exemplare zählt (vergleiche dazu die Ausführungen von Ulrich Mauterer und Christoph Steiner sowie von Wolfgang Payrich).

Die Titel- und Druckerschließung wurde durch Franz Reininger vorgenommen und 1908 veröffentlicht. Die dort enthaltenen Informationen dienten als Basis für die Erfassung des Bestandes im Inkunabelzensus Österreich, wobei dieser eine revidierte und nach neuesten Erkenntnissen korrigierte Fassung bietet. Beide Kataloge wurden als bibliothekarische Grundlage bei der Erschließung des Buchschmucks verwendet, der hier erstmals inventarisiert wird.


Kataloge

Franz Reininger, Die Wiegendrucke der Stiftsbibliothek Herzogenburg. In: Mitteilungen des Österreichischen Vereins für Bibliothekswesen 12 (1908), 109127.

Inkunabelzensus Österreich