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Wien, Österreichische Nationalbibliothek (ÖNB), Cod. 1913
MISSALE
Olim: Lunael. q. 122    Pergament   190, I* Bl.   180×130/135   Mondsee, 14. bis 15. Jh. (u. a. Mitte 15. Jahrhundert)   
Provenienz/Letztbesitzer: Mondsee OSB
Literatur zur Handschrift (Anzahl: 5)

Das kleinformatige Missale besteht aus mehreren Teilen des 14. und 14/.15. Jahrhunderts sowie aus Ergänzungen aus der Mitte des 15. Jahrhunderts. Der unsystematische Aufbau wird durch ein dem Ablauf des Kirchenjahres folgendes Inhaltsverzeichnis mit Verweisen auf die unkonventionelle Foliierung (Buchstabe und Zählung von I bis XII) und zahlreiche Querverweise erschlossen.
Ausstattung: Illuminiert   Rubriziert   Fleuronnéeinitiale(n)   Ranke(n)/Bordüre(n)   Federzeichnung(en)   
Rubrizierung, u. a. rote Reglierung (1r-76v, 94r-190v). Ein- bis siebenzeilige, rote, z. T. auch blaue Lombarden, davon einige der größeren mit (nachgetragenem) Dekor. - (1v, 3v, 25v, 65v) Umrisszeichnungen von Akanthusranken, unabhängig von Inhalt und Lombarden, musterblattartig. Die Formen sind jenen in Wien, ÖNB, Cod. 5373 nahe verwandt und stammen wohl von derselben Hand. Die dort angeführten Vergleiche haben auch für Cod. 1913 Gültigkeit. (65v) auffällige Sternblüte, die ähnlich z. B. auf 7v der sogenannten Ottheinrich-Bibel auftritt (München, BSB, Cgm 8010, Bd. 1). – (4v, 8r, 22r, 33v, 100r, 103v) minimale Akanthus- bzw. Filigranformen in kleinen Leerstellen im Schriftspiegel. Von derselben Hand wurden vermutlich auch die Lombarden eingesetzt und jedenfalls die Filigranfortsätze gezeichnet, die auf 33r (zu Petrus und Paulus) den Schriftspiegel umgeben; vgl. den filigranartigen Besatz bei Lombarden (174rv). Wann das Linienwerk 23r und die Pfingstinitiale 78r mit ihren unbeholfenen Aussparungen und dem stumpf braungelb ausgemalten Initialfeld eingesetzt wurden, kann nicht bestimmt werden.
Um 1450 wurden zwölf Lombarden von zwei Mondseer Floratoren mit Ornament versehen. "FL 1" ergänzt bei blauen Lombarden violett gezeichnetes Fleuronnée aus Knospen mit großen Köpfchen, die z. T. Schraffuren aufweisen: 25v (Johannes der Täufer), 94r (Te-igitur); 4r (Weihnachten) im Buchstabenkörper Blattdekor und im Binnenfeld Filigranornament. – Von "FL 2" stammt das zumeist braune, flüchtig gezeichnete Knospenfleuronnée auf 14r (Ostern, hier roter Dekor), 21r (Christi Himmelfahrt), 39v (hl. Laurentius), 84r (Marienmesse im Advent), 124r (Commune, ein Märtyrer), 164r-166v (Votivmessen); linksseitig häufig charakteristische Fadenfortsätze. "FL 2" begegnet u. a. auch in Wien, ÖNB, Cod. 3781 (ungefähre Datierung anhand der Wasserzeichen), was auf eine Entstehung auch der Fleuronnéeausstattung des Missales um die Mitte des 15. Jahrhunderts schließen lässt. Zu den Mondseer Floratoren siehe MeSch VI, Einleitung Mondsee.

Hs. enthält 1 Fragment
NSI*-HDS   Pergament   12. bis 15. Jh.
Lagen: Doppelblatt
Das Doppelblatt ist ein Fragment aus einem Sakramentar des ersten Viertel des 12. Jahrhunderts: siehe Fragmentarium, F-h1iy. Es wurde im 15. Jahrhundert auf der einen Seite (I*v-HDS) offenbar abgeschabt und neu beschrieben. – Weitere Bruchstücke des Sakramentars sind: Wien, ÖNB, Cod. Ser. n. 4227, Cod. Ser. n. 11941 (enthält Fragmente aus mehreren Handschriften), Fragm. 4b, Fragm. 9, Fälze in Cod. 3718, Fälze in Cod. 3708. Siehe Fragmentarium, F-aeg8, F-mwkw, F-z87a, F-daam, F-3wn3, F-ybfe. Außerdem zugehörig ein Fragment in Linz, Oberösterr. Landesbibl., Ink. 372 [Beschreibung]. Siehe auch Klugseder 2012, 28, Kat. Nr. 3.
Ausstattung: Illuminiert   Deckfarbeninitiale(n)   Ranke(n)/Bordüre(n)   
Die Initiale (45 mm hoch) und das von dieser ausgehende Rankenwerk, das sich auf dem linken Seitenrand um einen Rankenstab windet und sich oberhalb der Initiale sowie im Bas-de-page in verschieden große Schlingen legt, in brauner Federzeichnung vorgezeichnet und in Hellgrün und Altrosa flächig koloriert. Die Rankenblätter setzen sich jeweils aus mehreren unterschiedlich langen, schmalen, deutlich voneinander abgesetzten Blattzungen und -zähnen zusammen. Im Bas-de-page eine Profilblüte mit spitzem, andeutungsweise geschupptem Fruchtkolben. Wenig sorgfältige Ausführung.

Einband: Mondsee     2. Hälfte 15. Jh.     Gotisch     Streicheisenlinien   Blindstempel        
Einbandfragment oder Abklatsch vorhanden
Rotes Leder über Holzdeckeln, Verzierung durch Streicheisenlinien und drei Blindstempel (fünfblättrige Rosette in Kreis, vierblättrige Blüte mit gefiederten Blütenblättern, nierenförmiges Blatt). Davon der eine, nierenförmige (vgl. Holter 1984, 55 [503], Stempel Nr. 47), mit jeweils anderen Stempeln auf den Einbänden der Mondseer Handschriften Wien, ÖNB, Cod. 1976 (datiert 1458) und Cod. 4086 kombiniert. – Schrift und Buchschmuck auf der einen Seite des als NS und HDS dienenden Doppelblatts, I*v-HDS (ursprünglich 12. Jh.), ungefähr um die Mitte des 15. Jahrhunderts datierbar (vgl. den auch in seiner Farbigkeit ähnlichen Buchschmuck in ÖNB, Cod. 2957), der Einband daher frühestens um diese Zeit entstanden. Tatsächlich wurden zu Bl. I*r gehörige Fragmente in mehreren Mondseer Bänden als Makulatur verwendet, darunter die 1470 gedruckte Ink. 372 der Oberösterr. Landesbibl. in Linz. Nach Holter 1981, 214 (814) und Holter 1984, 53 (501) standen Blindstempel in Mondsee erst ab ca. 1475 in Gebrauch. – Spuren von je vier drachenförmigen Eckbeschlägen und einem Mittelbeschlag in Form eines auf die Spitze gestellten Vierecks sowie von zwei Hakenschließen. Zahlreiche Blattweiser aus hellem und rotem Leder. Der Rücken mit weißem Papier überzogen (Mondsee, 17. Jh.). Darauf Titel und Formatangabe Q sowie, auf einem später angebrachten Papierschildchen, die Signatur 122.


Die Bestimmung der Handschrit für Mondsee ergibt sich nicht nur aus ihrer Provenienz, sondern auch aus der Stellung des Offiziums zur Kirchweihe (9.5.) im Inhaltsverzeichnis zwischen Lancea Domini (Freitag nach dem weißen Sonntag) und Christi Himmelfahrt, außerdem durch das Fragment aus einem Sakramentar des 12. Jahrhunderts, dessen weitere erhaltene Bruchstücke allesamt aus Mondseer Codices stammen bzw. sich dort noch in situ erhalten haben (siehe bei Fragment).
Martin Roland (Forschungsstand 2015, MeSch VI, Kurzbeschreibung; Redaktion Katharina Hranitzky 2022 [IN BEARBEITUNG])
"MeSch VI", "Klugseder 2012", "Holter 1984", "Holter 1981", "Pfaff 1967", "AH 53"
alle Initien
Missale dioecesis Salisburgensis in usum monasterii Lunaelacensis (Klugseder 2012, 260, 277-285 [hier zu den Sequenzen]). Mit Lectiones.
(1r-3v) Inhaltsverzeichnis.
(I*r) Sakramentar, Fragment (Pfaff 1967, 35, Nr. 91; Klugseder 2012, 28, Kat. Nr. 3; Fragmentarium, F-h1iy).
(I*v-HDS) Notkerus Balbulus OSB Sequenz zu Maria Himmelfahrt (AH 53, Nr. 104).