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Lilienfeld, Zisterzienserstift, Cod. 59
MAGNUM LEGENDARIUM AUSTRIACUM (PARS II)
Pergament   113 Bl.      1. Drittel 13. Jh.
 Volldigitalisat



Literatur zur Handschrift:

Handschrift ist Teil des Magnum Legendarium Austriacum

Schimek 1891, 501 (online). — Haidinger—Lackner 1997, 52.


Ausstattung: Illuminiert   Rubriziert   Rankeninitiale(n)   Fleuronnéeinitiale(n)   

Selten Auszeichnungsstriche (dunkelrot); einige Zeilenanschlusszeichen in Rot und Schwarz; rote Überschriften; passagenweise Kapitelnummerierung in Rot (römische Zahlzeichen); wenige Paragraphzeichen, Verweiszeichen, Durchstreichungen und Rahmungen auf ff. 61ra und 69ra. Abschnittsweise Repräsentanten für Initialmajuskeln.
Textanfänge (und Unterabschnitte) durch unverzierte Initialmajuskeln und gelegentlich durch Initialen mit Fleuronnée-(Vor )formen (s. u.) gekennzeichnet:
Ein bis 17-zeilige rote Initialmajuskeln (rote Tinte oft dunkelfleckig); gerade die größeren Initialmajuskeln recht schwungvoll und elegant; häufig mit Konturlinien (diese fallweise mit kurzen gebogten Abschnitten, z. B. f. 90va), einfachen Schaftaussparungen, Punktverdickungen und kürzeren Ausläufern.

Bei 20 Textanfängen Rankeninitialen, sieben bis 17-zeilig, zumeist in roter Federzeichnung (ff. 2rb, 4ra, 6rb, 10va, 11rb, 11va, 14ra, 14vb, 24vb, 25ra, 32ra, 33rb, 41va, 64vb, 76ra, 81ra, 99va, 103vb, 106vb, 109va; f. 62v auf dem Bas-de-page Blattformen in Umrisszeichnung). Gestaltung etwas einheitlicher als in Cod. 58. Die unsicher angelegte und nicht vollendete Initiale f. 76ra könnte von anderer Hand stammen (vgl. das singuläre Lilienmotiv an der Endstelle rechts oben), ebenso die Folgeinitiale (f. 81ra), die zwar etwas mehr ausgearbeitet wurde, aber einen ebenso tastenden Federduktus (auch bei f. 103vb) zeigt. Bei etwa der Hälfte der Rankeninitialen die typischen geperlten, entweder mittig oder schräg eingezeichneten Blattadern (siehe bei Cod. 58); die schräge, häufig von Parallelstrichen begleitete Variante kann sich zu einem banderolenartigen Motiv entwickeln (z. B. f. 14ra, Cod. 58, f. 10ra). Zu den Charakteristika der Rankeninitialen siehe ausführlicher bei Cod. 58.

Stil und Einordnung: Die mehrzeiligen Initialmajuskeln sowie die Rankeninitialen wurden jeweils von derselben Hand ausgeführt wie Cod. 58. Gerade die etwas ungelenkere Initiale f. 81ra (ebenso f. 76ra) erinnert mit ihrem einfach gespaltenen Buchstabenkörper, durch die Organisation der Rankenspiralen und durch ihre Blattformen an die Rankeninitialen (ff. 1r, 125r) im Lilienfelder Cod. 52.
Dieser Codex, der auf f. 247v das älteste Lilienfelder Bibliotheksverzeichnis enthält, dürfte um 1230 in Lilienfeld entstanden sein. Somit könnten die flüchtigeren Initialen in Cod. 59 (speziell ff. 76ra und 81ra) um diese Zeit nachgetragen worden sein, oder der gesamte Rankeninitialschmuck des Lilienfelder Legendars entstand erst gegen Ende des ersten Jahrhundertdrittels. Durch die Struktur des Rankenwerks und die Blätter mit feinen Rückenschraffierungen verraten die Rankeninitialen des Cod. 52 ihrerseits Einflüsse aus dem oberösterreichischen Zisterzienserkloster Baumgartenberg, wie sie beispielsweise auch für die Einleitungsinitiale (f. 3va) des zweiten Zwettler Legendarbands (Cod. 24) nachweisbar sind.

Die verbleibenden Rankeninitialen zeigen starke Bezüge zum Brevier St. Florian, StiB, Cod. XI 384. Im hinteren Drittel dieser Handschrift arbeiteten zwei im Formenvokabular verwandte Illuminatoren (erstes Drittel 13. Jahrhundert), deren Rankeninitialen – vornehmlich handelt es sich um die Initialen der ersten der beiden Hände (Hand 1) – deutliche Affinitäten zu den Initialen des in St. Pölten entstandenen MLA-Bands Wien, ÖNB, Cod. 336 beweisen. Im Lilienfelder Legendar begegnet ebenfalls Formengut wie es Hand 1 verwendet, man vergleiche zum Beispiel die charakteristischen leiterartigen (geperlten) Blattadern und die lanzettförmigen Einzelblätter in Cod. 59, f. 41va und im St. Florianer Cod. XI 384, f. 321rb.
Vergleicht man des Weiteren die etwas ungelenke Initiale Cod. 58, f. 92va mit der zugegebenermaßen nicht nur durch die schwarze Federzeichnung (und die Farbigkeit des rudimentär ausgeführten Polstergrundes) aus der Reihe der Rankeninitialen im St. Florianer Brevier herausfallenden, aber auch nicht Hand 2 zuzuweisenden Initiale f. 349ra, dann ergibt sich ein noch stärkeres Nahverhältnis zum Lilienfelder MLA. Darüber hinaus lassen sich auch bei den größeren Initialmajuskeln Verbindungen zum St. Florianer Cod. XI 384 (hinteres Handschriftendrittel) erkennen.

Susanne Rischpler 2017 im Rahmen von VISCOM


"Schimek 1891", "Haidinger—Lackner 1997"
alle Initien
Magnum Legendarium Austriacum (16.02. - 29.03.).