Konkordanz der Bildseiten der Handschriften von
Udalricus Campililiensis (Ulrich von Lilienfeld), Concordantiae caritatis
Zusammengestellt von Martin Roland
New York, Pierpont Morgan Library, M 1045 – Der Hauptmeister als Zeichner
Der Hauptmeister hat die Bildseiten von fol 102v bis 108v mit bemerkenswerten Deckfarbenminiaturen ausgestattet.
Die Kompositionsprinzipien, die seine Miniaturen
kennzeichnen (raumhaltige Kompositionen und Figuren, die sich frei im
Raum bewegen) bestimmen auch die folgenden Bildseiten bis fol. 128v
(siehe Meister 1, Meister 3).
Ab fol. 129v werden die Deckfarbenminiaturen durch detailliert ausgefuehrte Federzeichnungen ersetzt (siehe Technik der Federzeichnungen).
Die Kompositionsprinzipien der Zeichnungen entsprechen jenen, die wir
bei den Miniaturen des Hauptmeisters beobachtet haben, sodass die
Zuschreibung der in unterschiedlichen Techniken ausgefuehrten
Bildseiten an denselben Kuenstler gerechtfertigt erscheint.
Ausfuehrlich wird dies von mir in einer gemeinsam mit Ferdinand Opll verfassten Publikation ueber die New Yorker Concordantiae argumentiert. Hier sei bloss auf einige Details verwiesen:
Das Fehlen von rein dekorativem Dekor ist fuer Miniaturen und
Zeichnungen des Hauptmeisters charakteristisch. Die Szenen wirken auch
ohne jeglichen ornamentalen
Hintergrund (den man bei Vorzeichnungen auch gar nicht erwarten
duerfte)
keineswegs leer.
. Die Figuren stehen sicher im Raum. Es werden Standmotive gewaehlt,
die bewusst das Parallelstellen der Fuesse vermeiden: vgl. z. B. den gemalten Samson
fol. 103v (Roland 2002, Abb. S. 41) mit der Zeichnung eines jungen Mannes im 1. Typus auf fol. 137v oder den zwei jungen Maennern auf fol. 181v (Roland 2002, Abb. S. 18).
Vergleichbar sind auch jene massigen alten Herren,
die bei den Zeichnungen zunehmend dominant werden: vgl. den gezeichneten Isaak (fol. 108v,
erster Typus) mit dem gemalten Mose (fol. 139v, erster Typus).
Das ueberreich gefaltete Gewand Mariens, das gleichsam
autonom die Bildmitte des Verkuendigungsmedaillons füllt (Zeichnung fol. 175v – Roland 2002, Abb. S. 18) hat seine schuechternen Vorlaeufer im unruhig gefaeltelten Gewand des
unglaeubigen Thomas (Miniatur fol. 108v).
Grundbestandteile sind jeweils Dreiecke (oft mit langer Hypotenuse), die nicht
flach sondern spezifisch aufgewoelbt erscheinen.
Ueberzeugend lassen sich die schweren
Roehrenfalzen vergleichen, die in eine Richtung umgebogen werden und so
gleichsam einen Sockel fuer die Figuren bilden: fol. 106v, 2. Typus (Zeichnung) mit fol.
166v, 1. und 2. Typus (Miniatur).
Zur Darstellung nackter Koerper siehe Opll–Roland 2006, S. 56 f.
In seinen Zeichnungen geht der Hauptmeister
zunehmend ueber das Niveau hinaus, das er in seinen Miniaturen erreicht hatte. Man vergleiche die bemerkenswerte Rueckenfigur (Miniatur fol. 104v, 2.
Typus) mit gezeichneten Rueckenfiguren: z. B.
fol. 163v, wo zusaetzlich reiche Bewegung ins Spiel kommt.
Die gezeichneten Figuren lernen sich schwungvoll
und glaubhaft zu bewegen und gehen durch diese Dynamik über die Miniaturen
hinaus (vgl. z. B. den Moerder des Amon fol. 150v).
Auch entwickelt er eine sehr
liebenswerte Freude viele Objekte des taeglichen Lebens darzustellen: z. B. den detailreich ausgestalteten Vogelkaefig fol.
166v, den Blasebalg fol. 170v, die geflochtene Rückentrage fol. 176v.
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